Von Saigon sind wir per Nachtbus nach Dalat gefahren. Leider waren die Schlafboxen im Bus für kleine Vietnamesen konstruiert und der 1.92 grosse Westler wurde bei der Planung leider ignoriert. Trotzdem waren die sieben Stunden Busfahrt mehr oder weniger angenehm. Wir kamen um ca. 5.30 Uhr im noch schlafenden Städtchen Dalat an und die 1500 Höhenmeter liessen unsere Schweissporen jubilieren – es war kalt und das war auch gut so! An der Busstation warteten die beiden Easy Rider My und Thien, die uns mit ihren Motorrädern in ein günstiges Guesthouse chauffierten. Dort angekommen gab es erstmal reichlich Kaffee und Tee, während wir mit ihnen eine 3-Tagestour nach Nha Trang vereinbarten. Dazu aber später mehr.
Den Rest des Tages verbrachten wir mit Schlafen, das kalte Wetter geniessen und Nichtstun, zu geschlaucht waren unsere Körper. Am nächsten Tag mieteten wir uns eine Vespa, mit der wir durch die Stadt und die nahe gelegene, grüne Umgebung düsten. Am Nachmittag brachten uns My und Thien im Rahmen einer 3-Stundentour zu Wasserfällen, Seen und schlussendlich zum „Crazy House“. Eine vietnamesische Architektin/Künstlerin begann vor 20 Jahren mit dem Bau dieses skurrilen Gebäudes, dessen Architektur uns total die Sprache verschlug. Man muss es gesehen haben – einfach mal „Crazy House Dalat“ googeln. 😉
Danach lungerten wir in der Lobby des Guesthouses rum und spielten anschliessend auf der Strasse Da Cau. Gleichzeitig klemmte der verpeilte Typ von der Rezeption die Fussmatte in der Eingangstür ein und versuchte diese wieder zu lösen. Immer mehr Leute standen in der Lobby bzw. beim Eingang rum, um ihm zu helfen. Ein kleiner Vietnamese nahm unbemerkt Platz neben unseren Sachen auf dem Sofa. Ich ging kurz ins Zimmer und als ich zurückkam, teilte mir Andrea mit, dass der eine Typ wohl unser Netbook gestohlen hat. Im Adrenalinrausch stürzten wir auf die Strasse hinaus und verfolgten wild fluchend den Dieb. Er hat dann wohl gemerkt, dass ich um einiges schneller bin als er und kurz bevor ich ihn eingeholt hätte, liess er das Ding fallen. Die ganze Nachbarschaft stand auf der Strasse und fragte sich, wieso dieser grosse, langhaarige Westler so rumflucht. Schlussendlich ging alles noch einmal glimpflich über die Bühne.
Am nächsten Tag ging es dann endlich los! My und Thien schnallten unser Gepäck auf ihre Maschinen und nach einem feinen Kaffee bretterten wir bei herrlichstem Wetter los. In den vergangenen drei Tagen zeigten uns diese beiden sympathischen Vietnamesen das wahre und wirkliche Vietnam. Wir fuhren ca. 600 Kilometer durch das zentrale Hochland über Pässe durch eine malerische Landschaft. Kilometerlange, giftgrüne Reisfelder wechselten sich mit tropischen Wäldern und kurvigen Landstrassen ab. In zahlreichen Stopps zeigten uns die beiden das Leben der Bergbevölkerung. Wir sahen Blumen- und Kaffeplantagen, Seiden-, Backstein- und Reisweinproduktionen. Wir assen zahlreiche uns unbekannte Früchte bzw. Gerichte und relaxten bei Einheimischen in Hängematten. Wir sahen ethnische Minderheiten, die in den Bergen leben, machten einen Spontanbesuch im Kindergarten und badeten in paradisischer Umgebung. Wir waren praktisch überall die einzigen Westler und sahen Dinge, die wir sonst nie zu Gesicht bekommen hätten. Egal wo wir waren, überall schaute man uns verwundert an, begleitet von einem warmen Lächeln. Diese Blicke von Menschen, die noch nie einen Westler gesehen haben, waren unbezahlbar. Abends gingen wir mit unseren beiden Fahrern in lokalen Schuppen essen und wir konnten ziemlich viel Neues probieren. Eine Köstlichkeit reihte sich an die andere. Man mästete uns bis wir weisse Fahne schwenkten. Am ersten Abend luden uns einige jüngere, betrunkene Vietnamesen zum Reisweintrinken ein und wir verbrachten dort zwischen Brüdern, Vater und Oma sitzend einige Stunden. Ohne auch nur ein Wort zu verstehen, probierten wir uns wild gestikulierend mit ihnen zu verständigen.
Es ist unmöglich hier alles Erlebte der letzten drei Tage aufzuzählen, wir sahen und erlebten einfach zu viel. Wir hatten das Privileg tief in die Seele des Landes zu sehen und für uns ist genau das die Definition von „Reisen“. Zwischen My und Thien entstand eine Freundschaft und wir hatten gestern Mühe sie gehen zu lassen. Wir überlegen uns im Norden Vietnams noch einmal einige Tage mit ihnen durch die Gegend fahren. Es war zu fantastisch und bis jetzt das absolute Highlight unserer Reise.
Nun sind wir in Nha Trang, DER Strandstadt in Vietnam. Es ist zwar schön hier aber wir wollen hier schnell wieder weg. Es hat hier einfach zu viele dicke Westler mit hässlichen Badehosen und diese Strand-Pauschaltourismus-Atmosphäre geht uns jetzt schon auf die Eier. Morgen fährt uns der Nachtzug nach Hoi An, wo es uns hoffentlich besser gefällt.
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Andrea
Andreas