Fliegende Feuerlöscher in Xi’an

Die Reise vom öden Guangzhou nach Hangzhou war gemütlich. Die Chinesin vom Ticketbüro gab uns eine Reisezeit von exakt 30 Stunden an und wir stellten uns dementsprechend darauf ein. Das Soft-Sleeper-Abteil war zwar teuer aber für eine solch lange Reisezeit war es uns das Geld mehr als wert. Im Bistrowagen schafften wir es dann sogar etwas Essbares zu bestellen und gaben uns den verdutzten Blicken der Chinesen hin. Am nächsten Morgen wurden wir von der schreienden Schaffnerin grob aus dem Schlaf gerissen, die 30 Stunden stimmten natürlich nicht und wir waren schon am Ziel angelangt. Wie die Irren packten wir unsere sieben Sachen zusammen und liessen uns aus dem Zug scheuchen. Total kaputt standen wir wie die letzten Penner ausschauend auf dem Perron und das Geglotze der Chinesen ging in eine neue Runde. Der liebe Taxifahrer fuhr dann einen schönen Umweg und anstatt der 12 Yuan mussten wir deren 100 berappen. Das Hostel war ziemlich schön gestaltet und lag direkt am Westlake, der zur Hauptattraktion von Yangzhou gehört. Zugegebenermassen ist der See ziemlich schön gestaltet, die chinesischen Touristenströme und billige, überteuerte „Sehenswürdigkeiten“ waren aber die Kehrseite der Medaille. Wir beliessen es bei einer kurzen Wanderung um den See und lungerten den Rest der Zeit im Hostel oder in der unsympathischen Innenstadt rum. Am letzten Tag goss es dann auch noch aus Kübeln und wir machten es uns im Pavillon mit ein paar Tsing Tao Bier gemütlich. Nach Guangzhou stellte sich auch Hangzhou als uninteressant heraus, weswegen in ein kleines „Reise-Tief“ fielen und uns die interessanten Zeiten zurückwünschten.

Um 2:30 Uhr klingelte dann der Wecker und ich machte mich schlaftrunken ins benachbarte Pub auf, um die Spiele Holland – Portugal, sowie Deutschland – Dänemark zu schauen. Das Pub war bevölkert von betrunkenen Holländern und dem lustigen noch betrunkener deutschen Geschäftsmann Gerd. Ich bestellte mir ein Tiger Bier und fünf Minuten später quatschte er mich auch schon an. Er wollte mir unbedingt das gute, deutsche Bier nahe bringen, worauf ich natürlich einging. Einige Minuten später stand ein ganzes Fass neben uns und der Abend endete wieder einmal sehr billig und mehr als amüsant für mich. 😀

Wir entscheiden uns für eine Weiterreise in die ehemalige Hauptstadt Xi’an, die wir wieder sehr bequem innert 20 Stunden erreicht hatten. Das Shuyuan Hostel lag in einem unfunktionierten Wohnhof neben dem Südtor der gewaltigen Stadtmauer. Das begrünte und liebevoll gestaltete Hostel war das wohl schönste bis jetzt. In Xi’an selber hebte sich unsere Stimmung wieder, da erstens die Stadt lebendig und ansehnlich war und es zweitens viel zu sehen und unternehmen gab. Die berühmte Terrakotta-Armee war sehr interessant und eindrücklich. Auf die Stadtmauer machten wir einen kurzen Abstecher und im muslimischen Viertel verloren wir uns in den belebten Gassen zwischen Snackständen, Souvenierläden und komisch ausschauenden Fleischstücken. Der Pandaausflug war dann aber eine kleine Katastrophe. Man versprach uns einen Besuch in das Forschungs- und Aufzuchtzenter bedrohter Tierarten, bekommen haben wir dann aber einen verwahrlosten, hässlichen und traurig ausschauenden „Zoo“, der uns ordentlich die Stimmung versaute. Die Chinesen haben wohl eine etwas andere Ansicht, wie man Tier artgerecht hält und eine Reise nach Chengdu in die Panda-Zuchtstation wäre wohl doch besser gewesen. Immerhin konnte ich andere Travellers davon überzeugen sich diesen jämmerlichen Ort nicht anzusehen.

Zurück in Xian brannte uns die Sonne auf den Schädel und wir flüchteten in ein ulkiges Restaurant, in dem ich ein Gericht bestehen aus einer einzigen 3.8 Meter langen Nudel bestellte. Dieses Ding zu essen war ziemlich gewöhnungsbedürftig und die aggressive chinesische Grossmutter vom Nebentisch (jaja wir habens irgendwie mit alten, bösartigen Frauen) verdarb mir den Appetit. Am Abend stand ich wieder auf und zog mir das Deutschland – Griechenland Spiel im Aufenthaltsraum rein und amüsierte mich ab den andauernd einnickenden Deutschen und den Chinesinnen, die irgendwie jede Szene als Anlass zum wild kichern nahmen. Vor dem Hostel kriegten sich betrunkene, chinesische Prolls mit zwei Amerikanern (hmm…) in die Haare und sie fanden, dass sie den Streit neben uns in der Lobby fortsetzen wollten. Resultat waren fliegende Stühle, Glasflaschen, Backsteine und Feuerlöscher (was lauft eigentlich???). Wir gingen in Deckung und die Deutschen waren endgültig wach. Der eine Chinese entschuldigte sich dann mehrmals für das Fehlverhalten seiner Landsmänner. Egal, vielen Dank an die Spasties, die uns die Stimmung versauten.

Irgendwie ist immer was los und die nächste Zeit wird wohl nicht anders. Heute Abend stürmen wir Peking und haben mal vorsorglich sechs Nächte in der Hauptstadt gebucht. Bald stehen wir endlich auf der Mauer – es wird Hammer!

Hong Kong, we like!

Die letzten Tage in Yangshuo verbrachten wir rotzend und hustend, weswegen wir keine Lust bzw. Kraft für irgendwelche Velotouren hatten. Zum Glück gabs elektrische Motorräder, mit denen man lautlos und sehr grün durch die Gegend fahren kann. Wir organisierten einen Guide und machten uns auf den Weg Richtung Pampa. Die Landschaft bestehend aus Kalksteinfelsen und giftgrünen Reisfeldern war schlicht atemberaubend schön und wir wollten mehr davon sehen! Leider wollte uns „Kevin“ (die Chinesen geben sich gerne selbst englische Namen) zu zahlreichen, langweiligen 0815-Touristenattraktionen führen, was wir aber jedes mal dankend ablehnten. Frustriert kehrten wir in die Stadt zurück und verbrachten den Rest des Tages auf dem Dach unseres Hostels. Am Abend wurden wir von einigen chinesischen Schulmädchen zu einer „Party“ eingeladen, die von einer Sprachschule veranstaltet wurde. Spontan gingen wir vorbei und wurden überrannt von jungen Chinesinnen, die mit uns reden und Fotos machen wollten. Wir posierten für gefühlte 1000 Fotos und probierten ihnen zu erklären, wo die Schweiz ist bzw. Schweden wo anders liegt. Das Englisch der Chinesen ist wirklich sehr begrenzt aber immerhin bemühten sie sich, was zu amüsanten Situationen führte. Als ich nach Bier fragte, drückte mir eine gleich vier Grosse in die Hand und fragte, ob ich noch mehr wolle, toller Abend wie man sich denken kann. 🙂

Am nächsten Abend gings dann endlich ab nach Hong Kong! Wir nahmen in viel zu kleinen Schlafkojen eines Nachtbuses Platz und liessen uns zur Grenze in Shenzhen fahren. Dort mussten wir aus China ausreisen und die Grenze nach Hong Kong passieren. Die Fahrt mit dem Shuttle Bus Richtung Kowloon bot die perfekte Einstimmung auf die bevorstehenden Tage. Über den wachsenden Wolkenkratzern ging die Sonne auf, grosse Frachter wurden mit Containern beladen und als wir eine riesige Brücke passierten, lief uns der Sabber nur noch runter. Da die Stadt lächerlich teuer ist, suchten wir uns eine der billigsten Unterkünfte aus und zahlten etwa 24 Franken (!) pro Nacht. Als Gegenleistung bekamen wir die wohl kleinste und schäbigste Unterkunft, die wir auf dieser Reise je hatten. Ganze 7 Quadratmeter (einer davon war das Bad) waren für die nächsten vier Tage unser „Reich“, was mit der Zeit sehr aufs Gemüt schlug. Zum Glück waren wir den ganzen Tag in der Stadt unterwegs und verbrachten so wenig Zeit wie möglich in diesem Drecksloch…

Hong Kong selber war der absolute Wahnsinn und unterscheidet sich extrem vom Rest Chinas. Viele Leute sprechen Englisch, die Stadt hat mit dem Hong Kong Dollar eine eigene Währung und die Regierung bzw. Verwaltung ist ebenfalls eigenständig. 80% des Gebietes ist bewaldet und dazwischen erstreckt sich eine der schönsten Skylines der Welt. Wir fuhren mit dem Schiff vom Kowloon District nach Central, nahmen den Bus zum Peak hoch und genossen einen unglaublichen Blick auf die ganze Stadt. Von Central fuhren wir mit der längsten Rolltreppe der Welt 800 Meter (in 20 Minuten) hoch in die Mid-Levels und liefen zeitig zur Happy Hour nach Soho runter. Am Abend lieferte die Skyline jeweils um 20:00 Uhr eine imposante Licht- und Lasershow, bevor ich dann in irgendwelchen Pubs überteuertes Bier trank und dazu Federer bzw. um 24:00 Uhr das EM-Spiel schaute.

Leider mussten wir weiterziehen und nahmen den Zug nach Guangzhou in der wir bist jetzt festsitzen. Am ersten Abend schaute ich mir Maybeshewill im S.D. Livehouse an und amüsierte mich  ab dem etwas eigenartigen Konzertverhalten der chinesischen Post Rock Fans. Nach dem Konzert trank ich mit der Band noch ein paar Bierchen und lies sie von ihrem Gig im KiFF schwärmen. Am nächsten Tag hatten wir die Furzidee eine 40-stündige Zugfahrt nach Chengdu zu buchen, was wir dann noch einmal überdachten und in einer stundenlangen Odysee das Ticket stornieren liessen. Da alle Nachtzüge in jede erdenkliche (Hochsaison sei dank!) Stadt ausgebucht sind, bleiben wir jetzt schon die dritte Nacht in dieser langweiligen Stadt und verbringen die Tage mit Nichtstun. Morgen hauen wir aber endlich ab und nehmen den Zug nach Hangzhou wo es wieder interessanter werden sollte.

Bilder

Andrea

Andreas

 

We are in China Baby!

So es wird wieder mal Zeit für etwas Geblogge. Wir sind nun schon seit einiger Zeit im gigantisch grossen China und ja, es gefällt bis jetzt! Der Grenzübergang per Zug war kein Problem. Etwa um 2:30 Uhr weckte uns der Schaffner und wir mussten bei der vietnamesischen Grenzkontrolle antraben. Nach ca. einer halben Stunde Warten fuhren wir weiter. Bei der chinesischen Grenze wurde unser Gepäck geröntgt, der Einreisezettel beantwortet und Visa kontrolliert – alles easy going! Sich auf chinesischem Boden zu bewegen war bzw. ist schon etwas spezielles, immerhin war es ein Bubentraum von mir. Der Start in Nanning war sprachlich und kulinarisch sehr holprig. Da es wenige bis gar keine Strassenstände gab, waren wir auf der Suche nach einem Restaurant mit englischer Speisekarte, was sich als sehr schwer herausstellte. Mit knurrendem Magen wurden wir dann doch noch fündig und betraten ein grösseres, chinesisches Restaurant. Beim Anblick der Speisekarte ging uns dann der Laden runter: Gerichte mit Schweineblut, Taube, diverse Abartigkeiten aus dem Meer, Ochsenpenis, Würmer und andere sehr merkwürdige Sachen standen auf der Karte. Wir bestellten etwas, das einigermassen normal aussah, probierten ein wenig und verliessen das Restaurant im Eilschritt. Nach weiterem herumirren fanden wir uns mit grossem Schamgefühl in einer Filiale mit dem gelben „M“ wieder und stillten unseren Hunger. Never again, schwuren wir! Den Rest des Abends verbrachten wir mit einem Sixpack Bier in einem Park und liessen uns von verwundert dreinschauenden Chinesen begaffen. Es ist echt erstaunlich wie wir auf den Strassen angeglotzt werden. Kichernde chinesische Schulmädchen staunen über meine Grösse und fragen ob ich ein Künstler sei (lange Haare, Bart etc.). Dem einen Typen habe ich angegeben, ich sei ein Painter, Singer und Racecar-Driver. Ohne zu zögern werden wir heimlich oder nicht so heimlich fotografiert und auf Chinesisch bequatscht. Ausserdem spucken die mehrheitlich älteren Leute in jede Strassenecke und man hört es schon von weitem rotzen. Die jüngere Generation findet dies eklig und lässt es sein. Auf jeden Fall sind die Chinesen bis jetzt ein sehr spassiges Volk.

Von Nanning gings dann weiter in die berühmte Stadt Guilin mit ihren zahlreichen Kalksteinfelsen. Wir quartierten uns in einer netten Jugendherberge ein und staunten über ärgerten uns über drei Tage Schmuddelwetter. Viel gemacht haben wir nicht in dieser Zeit. In einem Park schauten wir asiatischen Reisegruppen mit Fähnchen und einheitlich gefärbten Kappen zu und sahen einen Mann Kois mit einer Babyflasche füttern, was ein ziemlich schräger Anblick war. Die Wanderung auf den höchsten Punkt eines Kalksteinfelsen war auch noch drin und abschliessend guckten wir uns die Hügel auch noch per Bambusschiff an. Eigentlich wollten wir per Boot von Guilin nach Yangshuo reisen, waren dann aber Teil einer 30-köpfigen Reisegruppe. Dies war etwa das Letzte, was wir wollten, Rückzug war aber nicht mehr möglich. Der pseudolustige Reiseführer nervte uns während einer 90-minütigen Busfahrt mit seinem Gequatsche und als er sagte man habe an diesem und diesem Punkt fünf Minuten Zeit möglichst viele Bilder zu knipsen, stöpselte ich den iPod ein und liess Led Zeppelin sein Gefasel übertönen.

Endlich in Yangshuo angekommen verschlug uns die Sicht von der Terrasse unseres Youth Hostel die Sprache! Alte Hausdächer werden von einer episch ausschauenden Formation Kalksteinfelsen überragt und in Kombination mit aufkommendem Nebel verschlägt es einem die Sprache! Ich verlängerte unseren Aufenthalt auf vier Nächte, auch wenn man hier wohl Monate verbringen könnte. Andrea wurde krank und somit mussten wir unseren Fahrradtrip aufs Land verschieben. Hoffentlich klappt es morgen, denn die Landschaft rund um Yangshuo muss fantastisch sein! Zum Glück haben sie in den örtlichen Apotheken Listen mit auf Englisch geschriebenen Symptomen, auf die man zeigen und danach zwischen chinesischer oder westlicher Medizin entscheiden kann.

Wir trafen unseren Kollegen aus Amsterdam wieder, mit dem ich gestern Abend durch die Strassen zog. Nach einigen Bars fanden wir uns in einem der zahlreichen Clubs wieder und prosteten den Chinesen. Irgendwie fanden man die beiden Westler (die einzigen im Lokal) so toll, dass uns der halbe Club tonnenweise Getränke zahlte und man von der einen Trinkrunde zur nächsten pilgern konnte. Irgendwann artete es aus und man zog uns auf die Bühne mit der Poledance-Stange, wo der DJ die beiden Trunkenbolde aus dem Westen ankündigte und schliesslich der halbe Schuppen mit uns lächerlich ausschauende Dancemoves austauschte. Sie standen Schlange um mit uns Fotos zu machen und die High-Fives flogen nur so durch die Luft. Nach zwei Stunden wechselten wir den Club, ich ging kurz aufs Klo und als ich zurückkam, stand der Dutchman schon wieder wild tanzend auf der Bühne und das ganze ging von vorne los. Heute ist auf jeden Fall bierfreier Abend angesagt. 🙂

Die nächsten zwei Tage werden auf dem Fahrrad verbracht, bevor wir dann weiter nach Hong Kong und Macau reisen. Mittlerweile wissen wir auch wie unsere ungefähre Reiseroute ausschaut aber das Land ist einfach viel zu gross, um sich wirklich entscheiden zu können, wo man hin will.

Bis bald!

Ps: Bilder folgen dann irgendwann mal.