Mit dem Rennrad durch Thailand #1

Einleitung

Mein Rad vor der Abfahrt nach Koh Phangan

Mein Rad vor der Abfahrt nach Koh Phangan

Inspiriert durch meinen Studienkollegen Andreas, der mit seiner Frau während meinem letzten Thailand Trip zeitgleich etwa 1000 Kilometer dem Mekong entlang radelte, kaufte ich mir prompt nach meiner Rückkehr ein altes Rennrad und wurde süchtig. Ich entdeckte das Radfahren auf eine ganz neue Art und investierte kurze Zeit darauf eine Stange Geld in einen moderneren Renner, der das Fahrgefühl in noch höhere Sphären katapultierte. Die Winter – Semesterferien standen vor der Tür und schnell kam bei mir der Wunsch nach einer Radreise durch Thailand auf. Was aber noch fehlte waren Reisepartner, denn ich weiss nicht, ob ich das ganze Projekt alleine durchgezogen hätte. Mit meinem guten Freund Sam, mit dem ich schon per Auto von Amsterdam nach Barcelona fuhr, führte ich dann ungefähr folgende Chatunterhaltung:

Ich: „Hey Sam, ich will einen Flug nach Bangkok buchen und das Rennrad mitnehmen.“
Sam: „Cool!“
Ich: „Komm mit! :)“
Sam: „Alter, ich will im Sommer vier Wochen in die Philippinen. Brauch die Ferien für dann.“
Ich: „Ok.“
Sam: „Ich will aber dieses Jahr wieder einen Trip mit dir machen.“
Ich: „Ja eben… Thailand mit dem Rad!“
– 10 Minuten Funkstille –
Sam: „Alter, was kostet es?“
Ich: „Ca. 850.00 für den Flug“
– 10 Minuten Funkstille –
Sam: „Gib mir deine Kontodaten“

Spontane Menschen sind meine Lieblingsmenschen und Sam ist genau so einer. Ohne grosses hin und her buchten wir noch am selben Abend den Flug und es fing im Bauch an zu brodeln. Einige Monate später schloss uns Simon an, ein weiterer guter Kumpel von Sam und mir. Wir waren also zu dritt und planten unsere Reise akribisch vor.

In den folgenden Blogposts möchte ich euch auf einen Individualtrip mitnehmen, der mir eine ganz neue Reiseerfahrung offenbarte.

Tag 1 – Anreise, Eindrücke von Bangkok und enorme Party

Pünktlich zum Start der Mittagshitze landeten wir in Bangkok. Die Gefühle waren irgendwo zwischen totaler Müdigkeit und extremer Freude. Erste „Fails“ wie wir es nennen sind total vergessen. Ich habe nämlich meine Winterjacke irgendwo am Zürich Airport liegenlassen – egal. Ausserdem fuhren wir mit dem Zug zuerst nach „Kloten“ und nicht „Kloten Flughafen“, was eigentlich ein totaler Anfängerfehler war, für den ich mich heute noch schäme – egal. Die erste Frage am Flughafen Suvarnabhumi war dann: „Sind unsere Fahrradkartons mit deren Inhalt heil geblieben?“ Nach einiger Zeit fanden wir den Gepäckausgabeschalter für Sperrgut und da stehend unsere heiligen Kartons. Sie sahen noch gut aus. Ich klebte vor der Reise extra noch ein Zückerchen für die Flughafenarbeiter drauf und es schien zu funktionieren.

Irgendwie fanden wir dann einen verrückten Taxifahrer, der unsere drei riesigen Kartons mit beeindruckenden Tetrisfähigkeiten in sein Auto steckte. Wir hatten kaum Platz im Taxi und kamen halb verkrüppelt bei unserem „Lamphu Guesthouse“ an der Soi Rambuttri an. Auf der Fahrt erzählte uns der charismatische Taxifahrer von den vielen Gefahren, die auf den thailändischen Strassen auf uns lauern werden und gab uns „Tipps“ um auf selbigen überleben zu können.

Eigentlich wollten wir uns im schönen Innenhof des Lamphu zuerst einmal ein schön grosses Chang Bier gönnen aber leider ist der Verkauf von Alkohol in Thailand zwischen 12:00 und 17:00 Uhr untersagt. Wieso wissen die Thais selber nicht so recht. So entschieden wir uns zuerst unsere Räder zusammenzuschrauben. Es klappte alles reibungslos nur, dass ich während dem Pumpen unsere teure Carbon Handpumpe schliss.

Wir erkundeten danach die Umgebung unseres Guesthouses. Von den Demonstrationen bekamen wir bis dato nichts mit, doch dies wird sich im Verlauf der Reise ändern. Nach zwei Stunden Schlaf machten wir uns per Taxi auf zur Duck & Noodles Boat Party, über die wir per Facebook Wind bekommen haben. Auf einem riesigen Schiff stieg eine noch riesigere Party. Es war ziemlich speziell im schwankenden Bauch des Schiffes zu energiegeladener Techno und House Musik zu tanzen. Zum Glück konnte man sich bei Bedarf an Pfosten festhalten, wenn das Schiff wieder einmal auf die andere Seite schwankte. Die Nacht war wild, laut und unvergesslich. Bis Sonnenaufgang feierten wir die pulsierenden 4/4 Takte, tanzten die omnipräsente Müdigkeit aus unseren Knochen und machten neue Bekanntschaften mit Thais, sowie Westlern – unvergesslich!

Todmüde und nach einigen Belästigungen von Ladyboys fielen wir mit rabenschwarzen Füssen in unsere Betten.

Tag 2 – Chatuchak Market, Pumpe kaufen und Demonstrationen

Einigermassen ausgeruht machten wir uns auf den Weg in die Innenstadt (Siam), um uns in einem Cyclingshop mit einer neuen Handpumpe einzudecken. Gezwungenermassen mussten wir in die Innenstadt und konnten uns somit ein Bild der Demonstrationen in Bangkok machen. „Shutdown Bangkok, Restart Thailand“ tönte es aus allen Ecken und Enden der sehr belebten Strassen. Die Atmosphäre brannte und es lief mir mehrmals kalt den Rücken runter, als ich die Szenarien auf den Strassen beobachtete. Die Stimmung war aber stets friedlich und von Gewalt war nichts zu spüren. So mischten wir uns unter die Leute und flanierten den gesperrten Strassen entlang, auf denen sonst ein unheimlich intensiver Verkehr herrscht. Ganze Strassenabschnitte wurden von den Demonstranten lahmgelegt, die aus allen Schichten und Altersklassen der thailändischen Bevölkerung bestand. Überall wurden Zelte aufgeschlagen, die Leute schliefen auf der Strasse und hörten den Vorträgen der Regierungsgegner zu. Bangkok in dieser angespannten Zeit zu erleben war ein sehr spezielles Erlebnis für mich, welches sich tief in mein Gedächtnis brannte.

Später besuchten wir den Chatuchak Market, der mit seinen 10’000 verschiedenen Ständen und einer Grösse von unglaublichen 1.13 Quadratkilometern der weltweit grösste seiner Art ist. Stundenlang liefen wir durch den Markt mit seinen Absurditäten und amüsierten uns ab all dem zum Verkauf stehenden Krimskrams.

Den Rest des Tages trafen wir einige Vorbereitungen für die bevorstehende Tour in den Süden. Wir haben uns vorher zwar Gedanken über mögliche Routen gemacht, entschieden uns aber dann dazu es spontan anzugehen. Früh gingen wir schlafen, um am nächsten Morgen ausgeruht zu sein.

Tag 3 – Bangkok nach Amphawa
Strava Link: http://www.strava.com/activities/109326921

Mit dem frühen Aufstehen klappte es nicht so ganz, weshalb wir uns später als geplant auf die Sättel schwangen. Dank dem Garmin Navigationsgerät und der darauf geladenen .gpx – Datei bahnten wir uns mehr oder weniger zielsicher durch die irren Strassen Bangkoks. An den Linksverkehr mussten wir uns zuerst gewöhnen, doch nach einigen sehr vorsichtigen Kilometern gewannen wir Sicherheit und konnten das Tempo etwas anziehen. Mit höchster Konzentration schlängelten wir uns durch die belebten Strassen der thailändischen Hauptstadt – die GoPro Helmkamera natürlich eingeschaltet. Mit der Zeit lichtete sich der Verkehr und wir konnten Gas geben. Die ersten Landstrassen gaben uns schliesslich einen kleinen Vorgeschmack auf alles was noch auf uns zukommen wird.

Ich wusste, dass etwa 20 Kilometer vor Amphawa eine unbefestigte Strasse auf uns wartet und prompt schlängelten wir unsere Räder einige Minuten später durch rote Erde und messerscharfe Steine. Wie Murphys Law es dann so wollte zischte die Luft meines Hinterrades 200 Meter vor Wiederbeginn der befestigten Strasse in die 30 Grad heisse Umgebung. Frustration machte sich bei mir breit, denn gerade ich war mit den robustesten Pneus unterwegs. Simon und Sam holten mich innert kürzester Zeit wieder runter und ich begann mit dem Schlauchwechsel, während Sam den kaputten Schlauch mit Flickzeug bearbeitete. Kurze Zeit nach der Panne kam ein junger Thai namens Ping mit seinem Roller angebraust. Er hielt und gab uns immer wieder von seinem eiskalten Bier ab. Er konnte kein Wort Englisch, blieb aber die ganze Reparaturzeit neben uns stehen und beobachtete das Geschehen. Erst als wir wieder losfuhren machte er sich auf den Weg in die gegensätzliche Richtung.

Erschöpft kamen wir in Amphawa an und Hungerrast machte sich breit. Wir begaben uns sofort auf die Suche nach Kohlenhydraten, bevor uns ein freundlicher Thai ein Hotel zeigte. Von aussen wirkte es total heruntergekommen, die Zimmer waren aber tadellos und der Preis stimmte auch. Wir wuschen unsere dreckigen Körper und assen an einem Strassenstand zu Abend. Vor dem SevenEleven, einem 24 – Stundenshop, der überall in Thailand vorhanden ist, verliessen Sam wohl die Kräfte, denn er liess seine 6 Deziliter Bierflasche vor der Eingangstür des Shops zerschellen. Die jungen Thais im Shop kriegten sich nicht mehr ein vor Lachen und wischten mit uns zusammen die Sauerei weg. Wir scherzten noch den ganzen Abend mit den Angestellten und hatten eine gute Zeit in der schwülen thailändischen Nachtluft.

Tag 4 – Amphawa nach Cha Am
Strava Link: http://www.strava.com/activities/109524112

Wieder klappte es mit dem Aufstehen nicht so ganz. Wir knallten uns vor dem SevenEleven mit Nudelsuppen voll, um den Kohlenhydrate – Speicher zu füllen. Munter und voller Elan fuhren wir los, Google Maps immer griffbereit und doch schafften wir es uns 15 Kilometer zu verfahren. Wir fuhren gen Norden anstatt den angepeilten Süden… Wie wir das zustande brachten – keine Ahnung. Die Sonne stand schon ziemlich hoch und brennte auf unsere Helme – „Cha Am können wir vergessen“ sagten wir uns nach weiteren Irrfahrten und entschieden uns einfach mal zu fahren und bei Gelegenheit ein Hotel zu suchen bevor es dunkel werde. Mitten in der brennenden Hitze fuhren wir ein ansehnliches Tempo und durchquerten auf gemütlichen Landstrassen zahlreiche kleine Dörfer. Aus allen Ecken winkten uns Thais mit einem strahlenden Lächeln zu. Wir grüssten zurück und versuchten dabei nicht aufs Maul zu fallen. Die an uns vorbeiziehenden Autos hupten, um ebenfalls zu grüssen. Dies war zu Beginn gewöhnungsbedürftig aber schlussendlich freuten wir uns jedes Mal darüber.

Nach ca. 30 Kilometern erreichten wir zum ersten Mal das Meer. Auf einer Brücke machten wir Rast und bestaunten den grossartigen Horizont. Während der Mittagshitze fuhren wir durch und machten immer wieder kleinere Stopps, denn es war einfach zu heiss um längere Zeit auf dem Sattel zu sitzen. Mit der Zeit wurde das Ziel Cha Am doch wieder realistisch. Nach einem letzten Rast und nachdem Sam zwei Magnums verdrückte, entschieden wir uns Gas zu geben. Es fing schon leicht an zu dämmern und hunderte kleine Mücken gaben uns einen zusätzlichen Proteinschub. Wortlos düsten wir mit mehr als 30Km/h die von Palmen gesäumte Strasse hinunter. Rechts verschwand die brandrote Sonne am Horizont und wir puschten uns gegenseitig ans Limit. Immer wieder wechselten wir wortlos die Fahrtreihenfolge und spendeten uns Windschatten. Die Stimmung war wie von Strom geladen! Total zerstört kamen wir dann in Cha Am an und checkten im ersten Hotel ein, welches nicht von dicken, alten Westlern belagert wurde. Zu unserem Erstaunen waren wir Exoten unter all den jungen, thailändischen Studenten, die vor dem Hotel ein Fest mit lauter Karaoke feierten.

Nach einer Dusche mischten wir uns unter die Thais und stopften riesige Portionen Essen in uns rein. Natürlich nahmen die Thais von uns Notiz und forderten zum tanzen auf. Nach ein paar Bier mischten wir uns unter die Feiermeute und waren ab dann endgültig die Attraktion des Abends. Mädchen zerrten sich gegenseitig weg, um sich mit uns ablichten zu lassen und fliegende Küsse wurden in unsere Richtung geworfen. Der Abend war famos und wir konnten unser Glück gar nicht so recht fassen, denn genau solche Begegnungen haben wir uns gewünscht.

Weiter gehts im zweiten Blogpost, vielen Dank fürs Lesen.

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