Hotelgründer: „In Playa del Carmen hat sich vieles verbessert“

Horst Rücker: Verfolgt die Entwicklung von Playa del Carmen seit rund 30 Jahren. Fotos: Oliver Zwahlen
Horst Rücker: Verfolgt die Entwicklung von Playa del Carmen seit rund 30 Jahren. Fotos: Oliver Zwahlen

Horst Rücker (55) kennt das mexikanische Playa del Carmen wie kaum ein anderer: Vor bald 30 Jahren gründete er hier mit Freunden das kleine Hotel Casa Tucan. Heute leitet er dessen Küche. Im jüngsten Interview des Monats erzählt der Pfälzer, wie sich der Ort in den Jahren gewandelt hat.

WRF: Horst, du bist zu einer Zeit nach Playa del Carmen gezogen, als noch fast niemand den Ort kannte. Wie kam es dazu?

Horst Rücker: Ich arbeitete damals auf dem Kreuzfahrtschiff MS Europa. Eines Tages als wir von Jamaika kommend früher als erwartet vor Cozumel auftauchten, entschloss sich der Kapitän zu einem zusätzlichen kurzen Landgang. Wir stiegen in die Beiboote und fuhren nach Playa del Carmen. Das gefiel den Passagieren wie auch den Besatzungsmitgliedern so gut, dass wir um eine Verlängerung baten und statt einigen Stunden gleich den ganzen Tag blieben. Das war 1983 und mein erster Kontakt mit dieser Gegend hier.

Wie ging es weiter? Hast du dich gleich in die Gegend verliebt und dein Hotel gekauft?

Nein, das dauerte noch eine Weile. Im Herbst 1987 erzählte mir ein Freund, der in Cancun bei einer grossen Hotelkette arbeitete, dass es neu Direktflüge ab Deutschland nach Cancun gebe. Dabei kam die Idee auf, ein gemeinsames Geschäft aufzubauen. Ein paar Monate später kaufte ich das Grundstück, wo heute die Casa Tucan steht. Zunächst hatten wir nur vier Zimmer, in den Jahren bis heute ist das auf etwa 30 Zimmer gewachsen.

War es für einen Ausländer nicht unglaublich schwer, an die nötigen Bewilligungen zu kommen?

Überhaupt nicht. Inzwischen sind die Regeln zwar viel strenger, aber damals brauchte es für Gebäude unter 50 Quadratmetern keine Baubewilligung. So haben wir in den Jahren nach und nach den Hinterhof ausgebaut. Als vor ein paar Jahren die Behörden in der ganzen Stadt das Inventar aufnahmen, waren sie überrascht, dass sich hinter dem schmalen Eingang ein so grosses Hotel befand. Dass ihnen das nicht besonders gut gefiel, muss ich kaum erwähnen. Aber nach einigem Hin- und Her konnten wir das schliesslich regeln.

Einfach, aber schön: Das Hotel Casa Tucan empfängt Gäste mit wunderbar zusammengefalteten Handtüchern.
Einfach, aber mit Liebe zum Detail: Das Hotel Casa Tucan empfängt Gäste mit wunderbar zusammengefalteten Handtüchern.

Welchen Tipp gibst du jemanden, der in Mexiko selber ein Hotel aufmachen will?

Wer hierher will, sollte das nötige Geld haben oder zumindest jemanden mit den nötigen Beziehungen kennen. Wer keins von beidem hat, kann es gleich vergessen. In all den Jahren kamen jede Menge Leute, die ebenfalls ein Hotel oder Restaurant aufmachen wollten. Viele von ihnen waren nach wenigen Monaten pleite. Ich empfehle Interessierten immer: Kommt erst einmal her und arbeitet eine Weile. Wenn man einmal ein halbes Jahr hier war, versteht man besser, wie alles läuft. Dann ist das Risiko bei einer Investition geringer.

Was sind die grössten Herausforderungen für kleinere Hotelbesitzer?

Die derzeit grösste Schwierigkeit besteht darin, dass kleinere Hotels eine Art Zweifrontenkrieg führen. Auf der einen Seite haben wir die sehr günstigen Hostels für Backpacker und auf der anderen Seite die All-Inclusive-Hostels. Letztere haben gute Deals mit den Fluglinien und sorgen dafür, ihr Pauschalangebot etwas gleichteuer ist, wie bei Individualreisenden nur der Flug. Ich kann verstehen, wenn die Leute aufs Geld achten müssen und solche Angebote wählen. Was mich aber ärgert: Die grossen Hotels können zahlreiche Tricks verwenden, um einen grossen Teil der Steuern zu umgehen. All dies wirkt sich auf die Zusammensetzung der Gäste zusammen. Stammten am Anfang zu etwa 90 Prozent Gäste aus Europa, machen sie heute nur noch einen kleinen Anteil aus. Wir setzen hauptsächlich auf Langzeiturlauber. Also zum Beispiel Leute, die hier überwintern wollen.

Wie erfahren die Gäste überhaupt vom Casa Tucan?

Wir haben viele wiederkehrende Kunden, die oft lange bleiben und teilweise von ihren Freunden besucht werden, die dann natürlich ebenfalls bei uns wohnen. Ein wichtiger Meilenstein war auch, dass wir im Lonely Planet aufgenommen wurden. In letzter Zeit wurden auch Internetplattformen wie Tripadvisor immer wichtiger, auch wenn die Kommentare manchmal haarsträubend sind.

Das musst du nun aber etwas ausführen!

Wir hatten einmal eine Frau, die sehr spät abends eincheckte. Auf dem Flug ging ihr Gepäck verloren und der Nachbarshund bellte die ganze Nacht. Am nächsten Tag verliess sie uns gegen acht Uhr früh mit wehendem Haar und schrieb wie schlimm hier alles sei. Das ist natürlich ärgerlich, da ein solcher Kommentar überhaupt nichts mit unserem Hotel oder der Dienstleistung zu tun hat. Manche Kommentare sind fast wieder lustig. So hiess es einmal in einer Bewertung: Das Hotel ist gut, aber in der Gegend wird überall Spanisch gesprochen.

Der Strand von Playa del Carmen: Feiner, weisser Sand, der zum Baden einlädt.
Der Strand von Playa del Carmen: Feiner, weisser Sand, der zum Baden einlädt.

Du hast seit 30 Jahren die Entwicklung in Playa del Carmen verfolgt. Was hat sich in der Zeit verändert?

Der Ort war damals sehr klein. Man konnte kaum etwas kaufen. Ich erinnere mich, wie wir uns freuten, wenn mal jemand ein Nutella oder eine Salami aus Europa mitbrachte. Wir mussten für alle Einkäufe nach Cancun, das ebenfalls nicht sehr gross war. Am Anfang hatten wir hier im Ort eine tolle Gemeinschaft, auch mit den Mexikanern. Jeder kannte sich. Wenn ich heute durch die Fünfte Strasse laufe, die damals noch ein Sandweg war, werde ich von den Verkäufern angesprochen, wie wenn ich Tourist wäre. Und natürlich sind wir heute viel vernetzter. In den ersten Jahren gab es nur einen einzigen Ort, wo man telefonieren konnte. Die Telefonnummer von den Leuten wurde geheim gehandelt, denn so konnte man sich anrufen lassen. Telefonieren war damals sehr teuer, vielleicht um die 5DM pro Minute.

Früher war Mexiko für seinen legendären Durchfall bekannt. Er hat sogar einen eigenen Namen: Montezumas Rache. Wie hat sich die hygienische Situation verändert?

Die Gesundheitsämter sind sehr streng geworden und kontrollieren recht genau. Dass sich die Lage stark verbessert hat, hängt wohl aber auch damit zusammen, dass früher oft Wasser aus kontaminierten Brunnen benutzt wurde. Heute werden Brunnen kaum noch verwendet. Das Leitungswasser ist fast überall in guter Qualität. Ausserdem sind die Leute sehr viel besser geschult. Sie wissen, wie man mit der Hygiene umgeht. Nicht nur in dieser Region, sondern auch in anderen Teilen des Landes ist viel passiert. Nebenbei bemerkt: Auch die Luftqualität hat sich stark verbessert. Mexiko-City war früher für seinen heftigen Smog bekannt. Heute ist die Luft meistens recht klar. Allgemein finde ich, dass sich hier im Land vieles verbessert hat.

Wie gehts bei dir weiter?

Ich würde gerne etwas kürzer treten. Vielleicht kann ich einen Partner in der Küche finden, damit ich mehr Zeit habe, um mit meinem Sohn in Mexiko zu reisen. Er ist ja Mexikaner. Wenn er in ein paar Jahren volljährig ist, möchte ich auch wieder mehr Zeit in Deutschland verbringen.

DSC03948Casa Tucan in Playa del Carmen (Erfahrungsbericht)

Bei meinem Besuch der Riviera Maya wohnte ich zwei Nächte im Hotel Casa Tucan im Zentrum von Playa del Carmen, etwa 150 Meter vom wunderschönen (aber etwas überlaufenen) Karibikstrand entfernt. Die rund 30 Zimmer verfügen über ein hervorragendes und schnelles Wifi (selbst getestet), einen Swimmingpool und schlichte, aber stilvoll eingerichtete Zimmer. Das Management spricht deutsch. Hier zur Website des Hotels.

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Oliver Zwahlen

Oliver ist ein passionierter Reiseblogger und Reisebuchautor aus der Region Basel, Schweiz. Er schrieb unter anderem die Bücher 111 Gründe, China zu lieben und Lost Places in den Schweizer Alpen. Seit über 20 Jahren nutzt Oliver jede Gelegenheit, mit dem Rucksack durch die Welt zu ziehen und darüber zu schreiben..

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Ein Kommentar

  1. Im Casa Tucan habe ich auch ein paar Nächte verbracht. Angenehme Leute und ein schattiger Pool für die heißen Stunden des Tages sind sehr entspannend. Dass ein Pfälzer die Küche schmeißt, ist mir leider entgangen. Das Essen war aber auch ohne dieses Wissen lecker.

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