Wie wird man eigentlich zum Reisebuchautor?

(Nabelschau)

Wie wird man Reisebuchautor? Wie funktioniert die Recherche? Kann man mit Reiseführern Geld verdienen? Ist es, kurz gefragt, wirklich der Traumberuf, für den ihn viele halten? Mit dem Erscheinen meines dritten Buchs möchte ich alle Fragen beantworten, die mir in den letzten Jahren gestellt wurden.

Wer meinen Blog schon etwas länger verfolgt, kennt das Ritual zum Jahreswechsel: In der Rubrik „Nabelschau“ biete ich normalerweise im ersten Artikel des neuen Jahres einen Blick hinter die Kulissen meines Blogs. Ich erzähle dann vom vergangenen Jahr und schildere, was ich für die nächste Zukunft so alles geplant habe.

Weil ich 2023 vor allem an meinem neusten Buch arbeitete – dazu weiter unten mehr – und deswegen wenig Zeit für den Blog hatte, möchte ich für einmal die „Nabelschau“ etwas anders gestalten. Konkret werde ich diesmal alle Fragen beantworten, die mir Freunde und Bekannte in den letzten drei Jahren immer mal wieder zu meiner Arbeit als Reisebuchautor gestellt haben.

Und natürlich möchte ich mich auch deinen Fragen stellen. Willst du also etwas rund ums Schreiben vom Reiseführern und Reisebüchern von mir wissen, dann hau einfach in die Tasten und hinterlass einen Kommentar. Ich werde mich bemühen, alles so gut wie möglich zu beantworten. Lass uns also beginnen!

Nicht immer ist die Recherche so malerisch wie in Südfinnland….

Wie wird man eigentlich zum Reisebuchautor?

Wie das generell läuft, kann ich nicht sagen. Bei mir war es jedenfalls so, dass ein Verlag nach jemandem suchte, der den Chinaband für seine Reihe schreibt. Über meinen Chinablog „Sinograph“ ist ein von ihm beauftragter Literaturagent auf mich aufmerksam geworden und hat mich gefragt, ob ich an so einem Projekt Interesse hätte. Danach musste ich ein Probekapitel und einen Teil des Inhaltsverzeichnisses schreiben. Dies bildete die Grundlage, aufgrund welcher der Verlag sich entschied, ob ich zu ihm passe oder nicht. Auch bei den beiden folgenden Büchern lief das ähnlich ab.

Interessant ist übrigens, dass ich mich schon vor etwa 15 Jahren, als ich für die Sprachschule nach Peking zog, bei einem Verlag als Reiseführer-Autor beworben hatte. Auch damals schrieb ich ein Probekapitel, erhielt am Ende allerdings eine Absage. Die Begründung konnte ich nie nachvollziehen. Wahrscheinlich spielte aber eine Rolle, dass ich zu jener Zeit noch zu wenig Publikationen vorzuweisen hatte, um ernstgenommen zu werden und dass auch China beim Verlag nicht weit oben stand.

Ein bisschen anders lief es bei meiner Blogger-Kollegin Sabine von ferngeweht. Auch sie hat in einem lesenswerten Artikel ihre Erfahrungen mit dem Schreiben von Reiseführern geschildert. Schaut mal rein, falls euch das Thema interessiert!

Wie findest du beim Schreiben all die coolen Orte/Themen?

Auch dazu gibt es leider kein Patentrezept und war tatsächlich bei jedem meiner bisherigen Projekte sehr unterschiedlich. Gemeinsam ist ihnen aber, dass ich den Anspruch habe, Orte und Themen vorzustellen, die man so eher nicht in anderen Büchern oder im Internet findet. Zumindest nicht auf Anhieb. Das geht natürlich nicht immer und in jedem Fall. Über China kann man ja letztlich nicht mit gutem Gewissen schreiben, ohne die Grosse Mauer mindestens einmal am Rand erwähnt zu haben. Da versuche ich dann, ungewöhnliche Aspekte in den Vordergrund zu stellen.

Das Problem bei dieser Herangehensweise ist: Meistens weiss ich nicht, was ich genau suche. Das heisst, ich lese dann einfach querfeldein zum Thema, oft auch die Lokal- oder Fachpresse, klicke wahllos auf Google Maps rum und rede natürlich auch mit Einheimischen – wobei sich hier immer wieder herausstellt, dass sich viele Leute am anderen Ende der Welt besser auskennen als vor der eigenen Haustür. Viele Ideen kommen auch zufällig, wenn ich was zu einem ganz anderen Thema recherchiere.

Auch interessant: Hier kannst du meine drei bisherigen Bücher bestellen!

Mein neuestes Buch: Dark and Lost Places in den Schweizer Alpen

Lohnt sich das Schreiben eines Reiseführers?

Da kommt es wahrscheinlich drauf an, was man unter „sich lohnen“ versteht. Finanziell ist das Schreiben von Reiseführern nicht besonders lukrativ. In der Regel bekommt man einen Vorschuss und einen prozentualen Anteil an jedem verkauften Buch, der irgendwo im oberen einstelligen Bereich ist. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Denn wie viel man an einem Buch verdient, hängt letztlich davon ab, wie gut es sich verkauft und natürlich auch, wie lange es überhaupt im Handel bleibt. Beides Dinge, die man nicht selber beeinflussen kann. Mein erstes Buch, also die 111 Gründe, China zu lieben, war beispielsweise im zweiten Corona-Jahr erschienen und verkaufte sich zumindest zu Beginn eher schlecht als recht. Mittlerweile scheint es ein bisschen besser zu laufen.

Es gibt aber noch einen anderen Aspekt: Wer bei vernünftigen Verlagen publiziert, wird automatisch als „Experte“ wahrgenommen. Seit ich mehrere Bücher vorweisen kann, fällt es mir sehr viel leichter, an andere Aufträge zu kommen. Zum Beispiel an Vorträge als Reise-Experte oder auch an Publikationen in Magazinen oder Corporate-Blogs.

Hast du keine Angst, dass Künstliche Intelligenz dir die Arbeit als Reisebuch-Autor wegnimmt?

Vorerst glaube ich eher das Gegenteil, dass nämlich mit der generativen KI die Bedeutung menschlicher Autoren zunimmt. Für mein letztes Buch habe ich probehalber ChatGPT gebeten, mir fünf düstere Sagen aus den Schweizer Alpen zu nennen. Auf den ersten Blick sahen die Resultate überzeugend aus. Die Geschichten waren zwar teilweise etwas wirr, aber durchaus düster und vor allem kannte ich keine einzige. Also eigentlich perfekt! Doch als ich nachzurecherchieren begann, dämmerte mir, wieso ich keine einzige Legende kannte: GPT hatte sie (einschliesslich der geforderten Quellenangaben mit Link) schlicht erfunden.

Das ist kein Zufall, sondern hängt mit der Funktionsweise der Sprachmodelle zusammen. Vereinfacht gesagt berechnen sie auf der Basis einer gewaltigen Datenmenge, welches Wort mit der statistisch grössten Wahrscheinlichkeit als nächstes folgt. Also ein bisschen so wie die Wortvorschläge beim Handy, einfach besser. Solange man Standard-Inhalte generieren möchte, die man ohnehin auf hundert Websites findet, funktioniert das erstaunlich gut. Wer aber etwas Aussergewöhnlicheres sucht, stösst mit künstlicher Intelligenz sehr schnell an seine Grenzen.

Und das wird wohl auch in ein paar Jahren noch so sein. Michael Müller, einer der wichtigsten deutschsprachigen Verleger von Reiseführer, sagte kürzlich in einem Interview bei Hierdadort, dass er an einer KI-Lösung arbeite, um die Schwächen der klasischen Reiseführer zu beseitigen. Doch auch dafür sei das Wissen der Autoren notwenig. Sorgen bereitet mir in diesem Zusammenhang eher die Entwicklung fürs Blogs.

Immer mal wieder den Blick auf ungewöhnliche Details lenken…

Inwiefern?

Für Blogger gilt im Prinzip das Gleiche wie für die Buchautoren. Eine KI kann keine authentischen Erfahrungen machen, nichts selber vor Ort recherchieren, keine neuen und einzigartigen Gedanken formulieren. Das heisst, KI kann einen guten Blog noch lange nicht und möglicherweise sogar nie ersetzen. Daran ändern auch nichts, dass Agenturen versuchen, digitale Influencer zu kreieren.

Aber für findige Unternehmer gibt es einen Anreiz, das Netz mit tausenden generischen Artikeln zu fluten und so mit Hilfe von KI die guten Positionen bei Google zu verstopfen. Für echte Blogger wird es dann immer schwieriger, überhaupt noch gefunden zu werden. Mein Blogger-Kollege Selim von Der Eskapist hat dies einmal am Beispiel der Wander-App Komoot durchexerziert und dabei gruselige Methoden entdeckt, wie diese Webseite das Internet mit künstlich generierten Inhalten überschwemmt.

Das Resultat ist absehbar: Die einbrechenden Einnahmen führen dazu, dass es im Netz immer weniger gute und vor allem echte Informationen geben wird. Wenn man im Netz irgendwann nur noch KI-Schrott findet, könnte in der Folge die Bereitschaft wieder steigen, für gut recherchierte Inhalte zu bezahlen. Davon könnten vor allem klassische Verlags-Journalisten und Buchautoren profitieren. Blogs, die vor allem werbebasiert funktionieren, dürften es hingegen schwerer haben.

Willst du weitere Reisebücher schreiben?

Die Antwort variiert, je nach dem, wann ich das gefragt werde. Kurz vor der Abgabe bin ich jeweils am Verzweifeln. Ich finde dann, dass alles nicht so recht zusammenpasst, dass meine Texte grottenschlecht sind und dass die Auswahl der Themen furchtbar öde ist. In solchen Augenblicken würde ich am liebsten alles löschen und nie wieder an ein Buch denken. Aber dann, wenn ich meinen Text das erste Mal eingebettet zwischen den ganzen Bilden im Layout lese, ändert sich alles. Alles fühlt sich plötzlich gut und professionell an. Und wenn ich dann ein paar Wochen später das Buch das erste Mal in den Händen halte, ist das ein unbeschreibliches Gefühl. Spätestens dann beginne ich das Schreiben zu vermissen. Und so kommt es, dass ich tatsächlich bereits im Gespräch über ein weiteren Reiseführer bin, der mich wieder ein bisschen weiter in die Ferne bringen würde. Solange das noch nicht im Trockenen ist, will ich da aber vorerst unkonkret bleiben.

Und nun bist du dran: Hast du Fragen zum Schreiben von Reiseführern und Reisebüchern? Dann hau in die Tasten und hinterlass mir einen Kommentar!

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8 Kommentare

  1. Hallo Oli,
    ein interessantes Thema, das du da aufgreifst, und ein weites Feld dazu. Wir wursteln uns nun tatsächlich schon seit über 20 Jahren als hauptberufliche Reisebuchautoren durchs Leben und irgendwie funktioniert das immer noch, wenn auch die Zeiten für Printprodukte aus Gründen, die ich hier jetzt nicht nennen brauche, deutlich schwieriger geworden sind. Wir sind damals von der Uni aus direkt in die Reiseführerschiene reingerutscht, da kamen mehrere Zufälle und ein Turkologiestudium zusammen. Dass wir nach Jahrzehnten immer noch das Gleiche machen, hätten wir damals auch nicht gedacht.
    Sicher, reich wird man damit nicht, aber wir konnten immer von den Reiseführern und ihren Nebenprodukten leben. Das hängt zum einen mit wirklich vielen Büchern zusammen, die wir im Laufe der Jahrzehnte geschrieben haben, mit Ausschlachtungen für anderen Medien, mit den Destinationen (mit der Türkei konnte man eine Zeitlang ganz gut verdienen) und mit regelmäßigen Aktualisierungen, denn alte Reiseführer verkaufen sich nun mal kaum mehr. Der vermeintliche Traumjob hat neben vielen Höhen (Reisen, Freiheit und Unabhängigkeit) auch Downsides. Dazu gehören neben finanzielle Unsicherheiten (die politische Situation in der Türkei seit 2016 hat uns mehr graue Haare wachsen lassen als die Pandemie…) auch eine Routine, die ziemlich öde sein kann. Reisen in die immer gleichen Regionen in regelmäßigen Abständen sind nicht immer spannend und teilweise sehr anstrengend. Teilweise waren wir drei Monate am Stück zur Recherche in der Türkei unterwegs, mit nur wenigen Pausentagen – das würden wir heute nicht mehr schaffen und möchten es auch nicht mehr, man wird ja nicht jünger. Und auch das eigene Buch zum x-ten Mal zu überarbeiten, ist nach vielen Malen auch nicht mehr so spannend. Aber es gibt Schlimmeres ;-)
    Wir glauben auf jeden Fall an die Zukunft guter, mit journalistischer Sorgfalt aufbereiteter Reiseinfos, auch in Zeiten von KI. Es wird immer Leute geben, die die Spreu vom Weizen zu trennen wissen. Ob in gedruckter Form, bleibt abzuwarten.
    Lieben Dank für den Link, Gratulation zum neuen Buch und viel Freude bei kommenden Projekten! Herzliche Grüße, Gabi und Michael

    1. Hallo Gabi,

      ich musste zum Glück bisher noch keines meiner Bücher überarbeiten. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass das eher eine Fleiss- als eine Spassarbeit ist. Andrerseits kannst du dann doch mit vergleichsweise weniger Aufwand einen Titel noch über eine längere Zeit am Laufen halten.

      Bei euch finde ich übrigens spannend, dass ihr das zusammen macht. Ich wünschte mir beim Schreiben oft auch jemand, mit dem oder der ich Sachen diskutieren und gemeinsam brainstormen könnte. Aber wie macht ihr das praktisch: Teilt ihr euch bei den Recherchen auf? Gabi gehts ins Museum a, Michael ins Museum b? Oder besucht ihr tatsächlich viele Orte gemeinsam?

      Ob es Bücher sein werden? Schwer zu sagen, ich denke aber tendenziell schon. Denn anders als Michael Müller im Interview bei euch sagt, finde ich gedruckte Informationen in vielen Hinsicht auf Reisen praktischer. Ich brauche keinen Strom und kein WLAN, ich kann Post-it-Kleber reinpappen und wenn mich das Gewicht stört, kann ich auch einfach ein paar Seiten rausreisen.

      Gruss,
      Oli

  2. Lieber Oliver,
    ich habe meinen ersten Reiseführer 1991 geschrieben, als es noch kein Internet gab. Ich habe dafür dreimal soviel Honorar bekommen wie mehr als 20 Jahre später für den vorerst letzten „richtigen“ Reiseführer. Die Inflation noch gar nicht eingerechnet. Recherchekosten fielen kaum an, da ich als Reiseleiterin sowieso ständig in den Ländern war, über die ich schrieb. In den 1990er-Jahren konnte ich definitiv von den Honoraren und Tantiemen leben. Dann änderte sich die Welt und ich habe ganz andere Sachen gemacht. Als dann doch mal wieder eine Anfrage für einen Reiseführer kam, habe ich (trotz mieser Bezahlung) zugesagt, weil es – wie du ja auch schreibst – ein schönes Gefühl ist, das eigene Buch in Händen zu haben. Und als Akquisetool sind Bücher nach wie vor top. Was ich nicht mehr möchte, ist die Hardcore-Recherche nach Busbahnhöfen und Campingplätzen. Während Corona habe ich, um mich zu beschäftigen, wieder ein paar Bücher geschrieben. Und diese neuen Reiseführerkonzepte – ob nun „Glücksorte“ oder „Dark Places“ – machen Spaß, finde ich. Aber die Bezahlung ist natürlich grottig, deshalb Hobby. Meine Kinder kaufen keine Reiseführer mehr – also eine aussterbende Kunst. Aber sie lesen Blogs … ;-) und zwar solche, die mit Persönlichkeit und Herzblut von echten Menschen geschrieben werden. Nicht von KIs. Das macht doch Hoffnung! Liebe Grüße, Elke

    1. Hallo Elke,

      ich bin mir nicht, ob deine Vermutung, dass Bücher eine aussterbende Kunstform sind, wirklich stimmt. Ich habe mir mal die Buchverkäufe von 2007 bis 2022 in Deutschland angesehen und die sind gar nicht so stark zurück. Bei den Zahlen, die ich gefunden habe, konkret um etwa 15 Prozent.

      Dass die Honorare runtergehen, liegt wohl an anderen Faktoren. Zum einen sind die Preise für Reiseführer generell gesunken. Für meine ersten Reisen vor 25 Jahren habe ich für einen Reiseführer teilweise über 40 Franken bezahlt. Heute bewegt sich das eher im Bereich von 25 Franken. Zum anderen habe ich den Eindruck, dass sich die Verlage kannibalisieren. Für Zürich zum Beispiel, wo ich den Band für die 111-Orte-Reihe geschrieben habe, gibt es mindestens drei andere Bücher in einer sehr ähnlichen Aufmachung. Dazu noch jede Menge klassische Reiseführer. Dass da für jeden weniger übrigbleibt, ist nicht so überraschend. Andererseits kann ich mich vorstellen, dass ein „richtiger“ Reiseführer noch einmnal sehr viel mehr Arbeit ist.

      Und zum Thema Blogs und KI: Mein Argument ist ja nicht, dass die Leute nicht mehr authentische Blogs lesen wollen, sondern dass diese wegen KI-Müll dermassen schwer zu finden sein werden, dass kostenpflichtige Angebote – ob nun in Buchform oder in Form einer von echten Experten trainierten KI – letztlich günstiger sind. Ähnliches ist ja auch mit Musik und Filmen passiert: Dass Spotify und Netflix so viel einfacher und bequemer sind als über Torrent die Sachen zu klauen, hat letztlich dazu beigetragen, dass viele Leute von der mühsamen Piraterie auf Bezahlangebote umgestiegen sind.

      Gruss,
      Oli

  3. Liebe Elke, lieber Oli,

    ich nochmal mit einigen Anmerkungen zu Euren interessanten Kommentaren.

    Überarbeitungen für Neuauflagen können sich unterscheiden. Bei uns sind Überarbeitungen leider nach wie vor keine „Fleißarbeit“, sondern immer noch „Hardcore-Recherchen“, wie Elke es ausdrückte, wo man tatsächlich noch Busbahnhöfe, Waschsalons. Polizeiämter oder Fährhäfen direkt aufsuchen muss, um Infos zu bekommen, weil man sich im Netz nie sicher sein kann, ob die Info, die man sucht, auch wirklich stimmt. Noch spannender wird es, wenn man diesbezüglich mit Stefan-Loose-Autoren spricht, die ja in Teilen wirklich exotische Ziele bedienen.

    Für die Recherche für eine Neuauflage Prag brauchen wir zusammen 2 Wochen (nur Recherche, keine Schreibtischarbeit hinterher!), für die Azoren sechs Wochen, für Istanbul haben wir uns letzten Oktober einen Monat Zeit genommen, weil die letzte Recherche ultralange her war und die Stadt sich komplett verändert hatte. Alles Folgeauflagen, wie gesagt. Auch wenn wir uns selbst jetzt deutlich mehr Zeit geben als früher, wo die „Zeit-ist-Geld“-Devise vorherrschte, ist so eine Recherche immer noch anstrengend. Daher zu deiner Frage, Oli, ob wir uns aufteilen: Ja, natürlich, sonst würden wir das Pensum nie schaffen. Gemeinsam sind wir in Städten nur am Abend unterwegs. In der Regel teilen wir uns nach Vierteln auf, versuchen aber mittags ein Restaurant zusammen zu testen (wenn es denn hinhaut). Oder der eine fotografiert (immer Michael), die andere recherchiert. Termine und Gespräche mit Leuten machen wir wenn möglich zusammen. Bei Recherchen, wo wir den ganzen Tag mit dem Auto unterwegs sind, wie z.B. Türkei oder Azoren, teilen wir uns ebenfalls auf. Einer checkt Wanderungen, der andere macht anderes und holt den/die nach der Wanderung wieder ab.

    Dass Reiseführer früher teurer waren als heute, glaube ich nicht. Da kann ich aber jetzt gerade nur die eigenen vergleichen (gerade ins Regal geschaut). Unsere Erstauflage des Städteführers Prag (2001) kostete 25 DM/12.90 Euro. Die 2024er-Auflage, die demnächst rauskommt, wird 19,90 Euro kosten.

    Ich stimme zu, dass sich die Verlage kannibalisieren. Es gibt zu viel von allem, vor allem über die Großstädte, da kämpfen wir auch mit unseren verschiedenen Büchern über Berlin und Umland. Aber schau’mer mal.

    Elke, es gibt schon noch jüngere/junge Leute, die Reiseführer kaufen. Kein Vergleich mehr zu früher, aber sie gibt es. Wir sind demnächst mal wieder in Afrika unterwegs, mal schauen, wie es dort sein wird. Herzliche Grüße, Gabi

    1. Hi Gabi,

      danke für die spannenden Ausführungen zu eurem Arbeitsalltag. Bei den Preisen hast du wahrscheinlich recht und meine falsche Wahrnehmung hängt wohl auch stark mit der Wechselkursentwicklung über die Jahre zusammen. Euer Pragbuch hätte mich 2001 rund 16 Franken gekostet, die Neuauflage von 2024 um die 18 Franken. Also aus Schweizer Sicht etwa gleich viel. Bei anderen Titeln habe ich aber schon den Eindruck, dass sie für Schweizer deutlich günstiger geworden sind (wenn man sie über deutsche Buchhandlungen bestellt…)

      Gruss,
      Oli

      PS: Schade, dass ich das mit Istanbul im Oktober nicht mitbekommen habe. War dann auch ein paar Tage in der Stadt.

  4. Hi Oliver. Danke dir für die interessanten Einblicke. Ich selbst hatte auch schon Mal die ein oder andere Anfrage, musste aber immer ablehnen, weil ich einfach keine Zeit hatte. Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, das die Zeit, die ich in die Recherche stecken müsste, um gute Inhalte zu erstellen, sich finanziell rentieren würde.

    Mich würden ein paar operative Details interessieren:

    Wie läuft das mit Bildern und dem Layout/Design des Buches?
    Lieferst du die Bilder auch zum Text mit? Kannst du da komplett frei entscheiden oder kaufen die Verlage auch Bilder-Lizenzen von dir und entscheiden dann selbst?

    Verlangen die Verlage Geld, wenn sie das Buch designen/layouten (bzw. ziehen das vom Honorar ab)? Kann man das auch selbst machen, bzw. mitentscheiden?

    Viele Grüße

    1. Hallo Matthias,

      Bei mir war es so, dass die Verlage es grundsätzlich bevorzugen, wenn der Autor die Bilder gleich mitliefert. Beim China-Buch habe ich das nicht gemacht, weil ich zum Zeitpunkt des Schreibens bereits nicht mehr dort lebte und es für mich deswegen schwierig gewesen wäre, da noch schnell was nachzuliefern. Da haben wir dann Reisestock-Fotos benutzt. Bei Zürich und den Lost Places stammen mit wenigen Ausnahmen die Bilder von mir. Ich schickte jeweils eine Vorauswahl pro Thema und die Layouter suchten aus, was gerade passt. Das fertige Design bekam ich dann zur Kontrolle und konnte – wenn zum Beispiel die Reihenfolge oder die Gewichtung nicht passt – auch Änderungen vorschlagen. Und klar: Wenn ich die Bilder selber liefere, bekomme ich natürlich auch eine bessere Bezahlung.

      Es gibt im Prinzip zwei Geschäftsmodelle unter den Verlagen: Die einen verdienen das Geld mit den Büchern, die anderen mit den Autoren. Letztere zeichnen sich dadurch aus, dass sie Druckzuschüsse und allerhand andere Sachen verlangen. Bei solchen Verlagen kann es sein, dass man den Designer bezahlen muss. Von solchen Unternehmen würde ich aber grundsätzlich raten, die Finger zu lassen. Bei seriösen Verlagen ist das nicht so und man bekommt sogar einen Vorschuss. Das heisst, selbst wenn kein einziges Buch verkauft wird, bekommt man wenigstens ein bisschen was.

      Gruss,
      Oli

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