Flight of the Gibbon: Im Sauseschritt durch Angkors Wipfel

Planst du auf deiner Reise durch Kambodscha auch einen Aufenthalt in Siem Reap ein und hast nach dem Besuch von Angkor Wat noch etwas Zeit? Dann empfehle ich dir den abenteuerlichen Seilrutschen-Parcours von Flight of the Gibbon.

Einer der Höhepunkte meiner Kambodscha-Reise waren die zwei Stunden, die ich auf dem Seilrutschen-Parcours von „Flight of the Gibbon“ verbrachte. Dabei sauste ich an einem Drahtseil angehängt in bis zu 40 Metern Höhe durch den Urwald und balancierte ebenso hoch über wackelige Hängebrücken. Insgesamt bestand der Parcours aus zehn „Ziplines“ und vier schwindelerregenden Brücken.

Bereits wenige Minuten, nachdem ich mich für das Abenteuer angemeldet hatte, begann ich meinen Mut zu bereuen. Ich habe einen gesunden Respekt vor Höhe und auf den Videos, die ich mir anschliessend etwas genauer ansah, wirkte plötzlich alles wahnsinnig gefährlich oder wenigstens unglaublich adrinelinlastig.

Die Sache mit der Höhenangst

Dies vorweg: Ich habe den ganzen Parcours mitgemacht. Auf der ersten Zip-Line fühlte ich mich noch etwas unwohl, aber es dauerte nicht lange, bis es mir total viel Spass machte, durch die Luft zu gleiten. Und ich war nicht der einzige, dem es so erging.

In unserer sechsköpfigen Gruppe befand sich ein etwa zehnjähriges Mädchen, das vor dem ersten „Flug“ in regelrechter Panik war und schrie und weinte. Doch nach dem Parcours wollte das Kind am liebsten nochmals von vorne beginnen. In der Gruppe war zudem ein Amerikaner mit starker Höhenangst, der bereits zum zehnten Mal einen solchen Parcours mitmachte.

„Ich kann meine Ängste nur besiegen, indem ich mich ihnen stelle“, erklärte er mir vor der ersten Seilrutsche seine Philosophie – und seinen weit geöffneten Pupillen war anzusehen, dass seine Knie jedem französischen Weichkäse Konkurenz machen konnten.

Eine der zehn Zip-Lines auf dem Parcour von Flight of the Gibbons.
Eine der zehn Zip-Lines auf dem Parcours von Flight of the Gibbons.

Die Vorbereitungen

Kurz nach acht Uhr früh holte mich ein klimatisierter Mini-Van im Hotel ab. Zusammen mit fünf weiteren Personen fuhren wir mitten in die archäologische Zone von Angkor. Hier hat Flight of the Gibbons ein kleines Büro.

Entgegen älteren Erlebnisberichten im Internet war KEIN Eintrittsticket für die archäologische Zone nötig. Bei der Ticketkontrolle wurde unser Bus einfach durchgewinkt. Allerdings ist es ohne Ticket nicht möglich, anschliessend die Ruinen zu besuchen.  Wenn du also im archäologischen Park bleiben willst, musst du dir im Vorfeld das Ticket besorgen.

Nach der Ankunft musste jeder von uns einen Zettel ausfüllen, in dem wir Flight of the Gibbon bei einem Unfall von jeder Verantwortung entbinden. Das ist bei sportlichen Aktivitäten üblich. Bei meiner Mountainbike-Tour in Chiang Mai ein Monat zuvor waren die Klauseln ziemlich ähnlich.

Jeder bekam ein Dreieckstuch und einen Helm für auf den Kopf. Anschliessend mussten wir uns in einen Klettergurt zwängen. Hier erhielten wir auch schon die wichtigsten Sicherheitshinweise: „Fasst nie den Karabiner an, der euch sichert“, erklärte unser Sky-Guide Tola. „Und rührt auf keinen Fall das Seil an, an dem ihr hängt.“

Weitere Instruktionen gab es an einer rund zehn Meter langen Seilrutsche. Wer unsicher ist, ob er sich den Parcours wirklich antun will oder einfach etwas Vertrauen fassen muss, kann das Gefühl des Schwebens in einer unbedenklichen Höhe von etwa zwei Meter über Boden testen.

Beim Unterzeichnen des Zettels, der den Veranstalter bei Unfällen aus der Verantwortung nimmt.
Beim Unterzeichnen des Zettels, der den Veranstalter bei Unfällen aus der Verantwortung nimmt.

In die Höhe

Über verschiedene Holztreppen gelangten wir auf eine erste Plattform, die etwa zehn Meter über dem Boden schwebte. Bereits die Treppen verlangten etwas Überwindung, da die Zwischenräume zwischen den Stufen den Blick in die Tiefe freigaben und es stellenweise nur auf einer Seite ein Geländer gab. Ich war froh, ständig an einem Sicherheitsseil eingehakt zu sein.

Der Parcours führt über insgesamt zehn Seilrutschen, die unterschiedlich konzipiert sind. Die längste überbrückt eine Distanz von 300 Metern. Für Paare gibt es eine doppeltgeführte Zipline, bei der man sich während des Flugs küssen kann. Am meisten Überwindung brauchte ich auf einer schwingenden Leiterbrücke.

In der Mitte des Parcours legten wir eine längere Pause ein. Auf einer Plattform in fast 40 Metern Höhe bekamen wir Wasser und unserer Ski-Guide Tola erzählte uns die Geschichte von Flight of the Gibbon.

Eine der weniger bedrohlichen Schwebebrücken.
Eine der weniger bedrohlichen Schwebebrücken.

Das Auswilderungsprogramm

Geschaffen wurde Flight of the Gibbon vom Neuseeländer David Henry Allendice. „Der Gründer ist inzwischen gestorben“, erklärte Tola und betonte sofort: „Er kam nicht bei einem Sturz ums Leben, sondern erlag seinem Hautkrebs.“

Der Parcours in Siem Reap ging vor drei Jahren auf. Ausserdem betreibt Flight of the Gibbon drei weitere Seilrutschen-Parks in Thailand: in Chiang Mai, in Chonburi und auf der Insel Koh Pha Ngan. Chiang Mai war der erste Park.

„Wisst ihr, woher der Name stammt?“, fragte Tola und schenkte dabei eine zweite Runde Wasser aus. „Mit dem Bau des Parcours haben wir mit einem Programm zur Auswilderung von Gibbons (eine Unterart der Menschenaffen) begonnen.“

Während der Schreckensherrschaft der Roten Khmer seien viele dieser Tiere gejagt und getötet worden. Dagegen wolle man mit der Auswilderung etwas unternehmen. Allerdings scheinen die Erfolge auf sich warten zu lassen: Bisher wurden erst zwei Tiere dem Dschungel übergeben.

„Die Gibbons sind gewöhnlich in der Nähe der Rutschen und bei zwei von drei Touren können sie die Besucher auch sehen“, beteuerte Tola. Wir hatten an dem Tag weniger Glück.

Dank der erstklassigen Sicherheitsausrüstung gab es auf der Anlage noch keinen nennenswerten Unfall.
Dank der erstklassigen Sicherheitsausrüstung gab es auf der Anlage noch keinen nennenswerten Unfall.

Der Gang durch den Wald

Nach der letzten Seilrutsche mussten wir uns in den Wald abseilen lassen. Hier verriet uns Tola, dass es auch unterwegs möglich gewesen wäre, die Tour zu unterbrechen.

„In der Regel versuchen wir den Besuchern zuzureden, das Abenteuer durchzuziehen“, erklärte der Sky-Guide. Trotzdem komme es jeden Monat zwei bis drei Mal vor, dass jemand den Parcours abbricht. „Dann können wir sie oder ihn fast von jeder Plattform abseilen.“

Auf dem Weg zurück zur Station lernten wir einiges über den Urwald. Wir hielten von der Erdhöhle einer Tarantel an, die in Kambodscha übrigens als Delikatesse gilt. Oder wir stoppten vor einem Baum mit Dornen, den Ehebrecher laut der Tradition hochklettern müssen.

Fazit

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, hat mich das Erlebnis begeistert. Nach einem anfänglich flauen Gefühl machte es richtig Spass, an den Drahtseilen durch die Baumwipfel zu schweben. Die Anlage machte einen hervorragenden Eindruck und fühlte sich auch dank der guten Einführung sehr sicher an.

Besonders gut gefiel mir jedoch die beruhigende und selbstsichere Art unserer beiden Sky-Guides, die geeignet ist, alle Bedenken zu zerstreuen. Sehr schön fand ich auch, dass die Tour nicht einfach mit dem Abseilen zu Ende ging, sondern dass wir auch noch etwas über das Ökosystem Urwald lernten.

Ich kann mir gut vorstellen, auf einer meiner nächsten Reisen auch die Ziplines in Thailand zu testen.

Nach all den Adrinalinschüben hiess es, den Tag mit Töpfern ausklingen zu lassen.
Nach all den Adrenalinschüben hiess es, den Tag mit Töpfern ausklingen zu lassen.

 

Achtung: Angebot gibt es nicht mehr

Bei der letzten Aktualisierung des Artikels musste ich feststellen, dass Flight of the Gibbon die Corona-Pandemie nicht überlebt hat und offensichtlich alle Standorte geschlossen und die Webseite deaktiviert wurden. Es gibt allerdings mit www.angkorzipline.com einen neuen Anbieter, der – wenn ich das an Hand der Bilder richtig erkennen kann – den Park des Vorgängers übernommen hat. Falls jemand den neuen Anbieter getestet hat, würde ich mich über ein kleines Feedback freuen.

Praktische Tipps

  • Du darfst während des Parcours deine Kamera mitnehmen – am besten eine Actionkamera, die du auf dem Helm festmachen kannst, oder  eine Kamera mit einem starken Zoom (die längste Zipline überwinden etwa 300 Meter). Allerdings können die beiden Guides aus Sicherheitsgründen keine Bilder von dir während deiner „Flüge“ schiessen.
  • Auf den Plattformen bist du teilweise stark der Sonne ausgesetzt. Verwende am besten Sonnencreme mit einem starken Schutzfaktor. Wasser gibt es in der Mitte das Parcours auf einer Plattform. Eigene Flaschen durften wir nicht mitnehmen.
  • Auch wenn die Guides nach dem ersten Flug gerne behaupten, dass es keine Möglichkeit gibt, den Parcours abzubrechen: Auf vier Plattformen hast du die Möglichkeit, dich abseilen zu lassen. Ich empfehle jedoch auf alle Fälle, die Tour bis zum Ende durchzuführen.
  • Auf Grund der Plattformen ist die Grösse der Gruppen auf maximal neun Personen beschränkt. Wir waren zu sechst. Es gibt maximal zwei Touren pro Tag, so dass es insbesondere während der Hochsaison zu Engpässen kommen kann. Wenn du also zwischen November und Februar anreist, ist eine Reservation keine schlechte Idee.
  • Der Parcours kostete zum Zeitpunkt der Recherche pro Person 99 US-Dollar. In dem Preis ist allerdings alles inbegriffen einschliesslich eines leckeren Mittagessens. Buchen kannst du entweder über Tripadvisor, bei Getyourguide.com oder direkt über die Website von Flight of the Gibbon.
  • Wenn dir das Abenteuer auf dem Seilrutschen-Parcours nicht ausreicht, kannst du die Tour mit verschiedenen anderen Aktivitäten verbinden. Ich nahm am Nachmittag an einem zweistündigen Töpferkurs teil (20 US-Dollar), was ebenfalls viel Spass machte, aber nach der Gibbon-Tour natürlich etwas erblasste.
  • Wenn du ein etwas grössere Budget für Unterkünfte hast, kannst du dich von diesen drei Vorschlägen inspierien lassen.

Hinweis: Dieser Beitrag entstand mit der freundlichen Unterstützung von Flight of the Gibbon. Meine Meinung ist davon jedoch unbehelligt.

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Oliver Zwahlen

Oliver ist ein passionierter Reiseblogger und Reisebuchautor aus der Region Basel, Schweiz. Er schrieb unter anderem die Bücher 111 Gründe, China zu lieben und Lost Places in den Schweizer Alpen. Seit über 20 Jahren nutzt Oliver jede Gelegenheit, mit dem Rucksack durch die Welt zu ziehen und darüber zu schreiben..

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5 Kommentare

    1. Das Schöne ist ja, dass die ersten beiden Ziplines nicht sehr hoch sind und man sich auf diese Weise „hocharbeiten“ kann. Hätten wir gleich mit einem 300 Meter langen Flug begonnen, hätte ich mich vielleicht nicht überwinden können…

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