Zwingend nötig sind sie nicht, aber Sprachkenntnisse ermöglichen einen ungleich tieferen Zugang zum Reiseziel. Bereits wenige Grundkenntnisse öffnen Tore und helfen, eine Kultur besser zu verstehen. In diesem Artikel gebe ich Tipps, wie du dich sprachlich fit machen kannst.
Lass dir nichts vormachen: Sprachkenntnisse sind für eine Reise nicht nötig. Zumindest nicht zwingend. Vor einigen Jahren habe ich in Mexiko einen Japaner getroffen, der kein einziges Wort Spanisch sprach und sich auch auf Englisch nur rudimentär verständigen konnte. Trotzdem war er zu einer einjährigen Weltreise aufgebrochen und hatte unterwegs keine nennenwerten Probleme.
Im Alltag funktioniert die nonverbale Kommunikation hervorragend. Mit ein paar Handzeichen oder einer kleiner Zeichnung kannst du dich überall einigermassen verständigen. Die wichtigsten Tipps dazu habe ich hier zusammengefasst. Fehlende Sprachkenntnisse sollten also kein Grund sein, zu hause zu bleiben. Klar ist aber auch: Wenn du nicht mit den Menschen kommunizieren kannst, wirst du nur an der Oberfläche kratzen.
Mit Englisch kommst du fast überall durch. Aber dir sollte klar sein, dass du auf diese Weise eine soziale Selektion deiner Kontakte vornimmt. Denn meistens sind es gut ausgebildete oder international ausgerichtete Menschen, die gut Englisch sprechen. Zum „gewöhnlichen Arbeiter“ hast du so oft keinen Kontakt.
Hinzukommt, dass Sprache eben nicht nur ein Kommunikationsmittel ist, sondern auch ein Kulturträger. Wenn du weisst, dass der Computer auf Chinesisch wörtlich „elektrisches Gehirn“ heisst, kannst du nicht nur nach dem Computer fragen, sondern du wirfst gleichzeitig auch einen Blick in die chinesische Volksseele.
Natürlich ist es nicht möglich,vor jeder Reise jahrelang zu büffeln. Aber vermutlich wirst du ein paar Regionen haben, in denen du dich besonders wohlfühlst und die du immer wieder besuchen möchtest. Dieses Gefühl hatte ich vor allem bei Japan und China. Für beide Sprachen habe ich mir schon vor meinen Reisen einige Grundkenntnisse angeeignet und diese immer weiter erweitert. Ich war erstaunt, wie schnell man selbst in so exotischen Sprachen einfache Gespräche führen kann. Kurz: Der Aufwand lohnt sich.
Heute möchte ich dir ein paar Ideen geben, wie du dir mit vernünftigem Aufwand in jeder Sprache die Grundkenntnisse aneignen kannst. Dabei scheint mir das Wichtigste herauszufinden, welcher Lerntyp du bist.
Typ 1: Der den Druck braucht
Wir Menschen sind von Natur aus faul – auch dann, wenn wir eigentlich motiviert sind. Ich habe das Problem immer wieder, wenn ich mir vornehme, neue Vokabeln einzustudieren. Facebook oder die neusten Folgen einer Fernsehserie sind in direkter Konkurrenz manchmal eben doch verlockender. Aus diesem Grund habe vor meiner ersten Reise nach China in der Schweiz ein Semester lang eine Sprachschule (Migros Clubschule) besucht.
Unser Kurs war recht langsam und gelernt habe ich letztlich nicht so viel. Aber dass jeden Mittwoch jemand kontrollierte, ob ich die Hausaufgaben auch gemacht habe, hat mir stark bei der Displin geholfen. Dass ich vor meinen Mitschülern auch nicht als Klassenschlechtester dastehen wollte, hat mich zusätzlich motiviert.
Als ich etwas später Japanisch lernen wollte, habe ich eine japanische Studentin engagiert, die mit mir ein Lehrbuch durchgegangen ist. Auch hier baute ich Druck auf mich selber auf, da ich das Geld für die Einzelstunden natürlich nicht verschwenden wollte. Da die Lehrerin sehr gut war, hatte ich sehr schnell Lernerfolge.
Ein Klassiker – vor allem für Langzeitreisende – ist es, am Anfang einer Weltreise irgendwo eine Sprachschule zu besuchen. Meistens in Australien oder Lateinamerika. Auch hier hilft der Druck vermutlich, schneller voranzukommen. Wenn dich das interessiert, solltest du dir auch mal das Sprachstipendium hier ansehen.
Typ 2: Der die Technik braucht
Wie wir Sprachen lernen, hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Grund dafür ist die ganze Technik, die uns heute zur Verfügung steht und die viele neue Möglichkeiten der Interaktion bietet. Es gibt jede Menge hervorragende Onlinesprachkurse und Apps.
Eine gute Möglichkeit bieten Podcasts und Youtube-Tutorials. Ich habe eine Weile einen Podcast für Chinesisch abonniert und diesen jeweils am Morgen auf dem Weg zur Arbeit in der U-Bahn gehört. Das ist ganz praktisch, um eine Sprache etwas ins Ohr zu bekommen. Da ich selber aber eher der visuelle Typ bin, blieb allerdings relativ wenig hängen.
Zu dem bekanntesten Sprachlernsoftwares gehört Rosetta Stone. Auch das habe ich einmal ausprobiert. Das Konzept ist einfach: Dir werden jeweils vier Bilder gezeigt und du musst den passenden Satz anklicken. Zum Beispiel: „Das Mädchen spielt mit dem Ball“. Ich hatte damit keinen nennenswerten Lernerfolg, da die Software überhaupt keine Grammatik bietet und mir deswegen alles viel zu langsam vorwärts ging. Für andere scheint es aber gut zu funkionieren. Leider ist die Software etwas überteuert.
In den letzten Jahren habe ich immer häufiger von Babbel gehört. Das ist eine Spachlern-App fürs Handy, was dir ermöglicht, die Zeit beim Pendeln oder beim Warten produktiv zu nutzen. Babel habe ich bisher nur sehr kurz testen können, macht mir aber einen so guten Eindruck, dass ich es bei Gelegenheit vertiefter ausprobieren will. Leider kommt auch hier die Grammatik etwas kurz.
Typ 3: Der ein Buch braucht
Bei allem, was ich bisher versucht habe, stellte sich heraus, dass ich am besten mit Büchern lerne. Ich brauche Grammatik, Regeln, Erklärungen, die mir erlauben, innerhalb der Regeln kreativ zu werden.
Wenn es mir ausreicht, nur die Basics zu kennen, dann kauf ich mir normalerweise einen Band der Kauderwelsch-Reihe von Reise-Knowhow-Verlag. Linguisten mögen da die Nase rümpfen, da alles sehr stark vereinfacht ist. Aber man bekommt die wichtigsten Vokabeln und Sätze sowie die grammatikalischen Grundlagen mit. Besonders spannend ist bei dieser Reihe, dass die Sprache kulturell eingebetet wird. Im Kauderwelsch Japanisch heisst es beispielsweise, dass Japaner gerne auf die Nase zeigen, wenn sie „ich“ sagen. Wir Westeuropäer würden das „Ich“ ja eher im Herzen verorten.
Wenn es dir mit dem Spracherwerb etwas ernster ist, gibt es für (fast) alle Sprachen richtige Bücher zum Selberlernen. Oft reichen aber auch die Sprachführer, die sich speziell an Reisende richten. Pons gibt eine Reihe heraus mit dem Titel „PONS Pocket-Sprachführer„. Mir persönlich hat die Reihe nicht so sehr zugesagt, aber vielleicht habe ich sie einfach zu schnell wieder zur Seite gelegt. Bei Langenscheidt gibt es eine recht ähnliche Reihe: Die Langenscheidt Universal Sprachführer.
Schlusswort
All diese Tipps sollen dir helfen, dich für die nächste Reise sprachlich etwas fit zu machen. Lass dich nicht entmutigen: Um wirklich fliessend sprechen zu können, brauchst du in den meisten Sprachen einen Intensivkurs über mehrere Monate. Aber wenn du einfach etwas plaudern können willst und es dir egal ist, wenn deine Grammatik nicht ganz astrein ist, wirst du mit diesen Tipps sehr schnell ein solides Grundniveau erreichen.
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Das Problem mit der Motivation kenne ich. Ich habe immer wieder Phasen in denen ich lieber im Netz surfe als zu lernen.
Mit Babbel habe ich ziemlich gute Erfahrungen gemacht. Nur leider habe ich kein Talent für Fremdsprachen. Ich lerne seit 3 Jahren Spanisch und müsste es eigentlich fließend können. Mich macht die Grammatik jedoch verrückt. Spanisch ist definitiv nicht einfacher als Französisch.
Da mir Japan auch sehr gut gefällt habe ich dieses Jahr angefangen Japanisch zu lernen. Besser ein wenig der Sprache zu verstehen als nix.
Hallo Oliver,
vielen Dank für den Beitrag. Ich versuche auch meine Sprachkenntnisse wieder aufzubessern. Lange zurück ist die Zeit, in der ich Italienisch und Spanisch an der Universität lernte. Leider habe ich diese nach meinem Abschluss zu wenig angewandt. Und ohne Praxis verstauben die Künste.
Ich persönlich habe noch keine Erfahrung mit babbel. Mir halfen die Produkte von digital publishing hier sehr weiter. Aber was soll ich sagen, nichts geht über ein wirkliches Gespräch mit jemand, der diese Sprache beherrscht.
Auf jeden Fall danke ich dir für die Tipps und ich wünsche dir eine schöne Zeit.
lg Timo
Servus Oliver,
eine schöne Übersicht. Ich habe Rosetta Stone nur Ansatzweise getestet, jedoch schon ein paar Mal gehört dass sich der Lernerfolg in Grenzen hält. Wie bei vielen Dingen kommt es hier wohl wieder auf den Typ an.
Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht, in dem ich mir im jeweiligen Reiseland einen Einheimischen geschnappt und mit ihm die wichtigsten Sätze notiert und geübt habe.
Gerade auf Reisen reichen ja oft auch schon wenige Worte aus um die Locals zu begeistern und dadurch tolle Erlebnisse zu bekommen.
Kilian