Auswandern in die USA: „Es wird einem nichts hinterhergeworfen“

Ausblick auf den Grand Canon: Sina ist vor vier Jahren in die USA ausgewandert.
Ausblick auf den Bryce Canyon: Sina ist vor vier Jahren in die USA ausgewandert.

Vor ein paar Wochen berichtete eine Emmigrantin in unserer Serie „Auswandern nach…“ von ihrem Leben in Neuseeland. Im heutigen Interview erinnert sich Sina (25) daran, wie sie in den USA Fuß gefasst hat. Zudem gibt sie Auswanderungswilligen wertvolle Tipps.

WRM: Sina, Du lebst seit vier Jahren in den USA, derzeit in Las Vegas. Was hat dich in die Staaten geführt? Was machst du dort?

Sina: Vor ungefähr fünf Jahren fasste ich den Entschluss, nach meiner Ausbildung etwas komplett anderes zu erleben – und so landete ich mit dem Au Pair Programm in Amerika. Ein Jahr lang passte ich in Denver (Colorado) auf zwei wundervolle Mädchen auf und zog dann im Juli 2010 nach Las Vegas, um dort ein weiteres Au Pair Jahr zu verbringen. Dort lebte ich in einer Familie mit vier kleinen Kindern und habe in ihnen meine amerikanische Familie gefunden – wir haben heute noch viel Kontakt und ich zähle als „fünftes Kind“. Im August 2011 begann ich mein Hotel Management Studium in Las Vegas und habe im Mai diesen Jahres mein Associates of Arts Degree erhalten. Noch zwei weitere Jahre und ich darf meinen Bachelor entgegennehmen.

Wie ist das Leben in Las Vegas, einer der größten Tourismusmetropolen der USA? Ist dort ein normaler Alltag überhaupt möglich?

Bevor ich nach Las Vegas gezogen bin, hatte ich kaum eine Vorstellung von der Stadt. Hotels und Casinos, mehr konnte ich mir darunter nicht vorstellen. Aber abseits vom Strip ist Las Vegas eine Stadt wie jede andere auch. Menschen gehen ihrem alltäglichen Leben nach und kommen meist nicht mal in die Nähe der Tourismusgebiete, es sei denn, es ist für die Arbeit. Ich persönlich empfinde das Leben in Las Vegas aber als sehr oberflächlich. Ohne Kontakte und richtige Freunde, ist es hier sehr schwer Fuß zu fassen. Als Vergleich habe ich meine Zeit in Denver: dort schienen die Menschen viel netter, offener, lockerer und hilfsbereiter zu sein.

Du schreibst auf deinem Blog, dass du gerade eine Arbeitserlaubnis bekommen hast. Das ist wohl ein großer Schritt für Dich.

Es ist auf jeden Fall alles sehr aufregend! Die letzten Jahre durfte ich nur begrenzt in den USA arbeiten, was mir persönlich sehr schwer gefallen ist. Ab sofort darf ich mich überall bewerben und kann – wenn ich das möchte – auch fünf Jobs gleichzeitig haben. Das ist definitiv eine Erleichterung. Bekommen habe ich sie durch die Hochzeit mit meinem Mann. Nachdem wir geheiratet hatten, beantragten wir die Greencard für mich, was ein langer, mit viel Papierkram verbundener Prozess ist. Vor drei Wochen erhielt ich nach drei Monaten Wartezeit die Arbeitserlaubnis. Der nächste Schritt ist nun das Interview für die Greencard, die ich dann hoffentlich auch bald bekommen werde.

Wie erlebst du die Arbeitssuche?

Ich bewerbe mich derzeit um möglichste viele Jobs, vor allem in den Hotels. Allerdings scheint es, wie schon erwähnt, ohne die richtigen Kontakte schwierig zu sein. Aufgeben kommt aber für mich nicht in Frage. Ab Ende August bin ich jedoch ohnehin wieder Vollzeitstudent und das Arbeiten muss hinten anstehen. Ich finde es bei der Stellensuche übrigens witzig, wie jeder mit dem man spricht, eine Verbindung zu Deutschland zu haben scheint. Gerade letzte Woche gab ich eine Bewerbung in einem Laden ab und der Manager hat um fünf Ecken Verwandte in München. Ob das immer stimmt? Wer weiß das schon..

Viele Leute träumen davon, in die USA aufzuwandern. Für wen ist das Land geeignet, für wen weniger?

Ich denke, man muss sich auf jeden Fall im Klaren darüber sein, was einen erwartet. Mit gewonnener Greencard, aber ohne Sprach- und Landeskenntnisse auszuwandern? Vielleicht nicht die beste Idee. Ich persönlich kannte Amerika nur aus dem Fernsehen. Aber als ich herkam, hatte ich den Schutz des Au Pair Programmes und musste mir deswegen um keinerlei Dinge großartig Sorgen machen. Ich hatte Arbeit, ein Dach über dem Kopf und kaum Verantwortungen. Kommt man aber auf eigene Faust in die USA, sieht das ganz anders aus. Man muss sich ein komplettes Leben aufbauen und eines habe ich gelernt: es ist nicht einfach und es wird einem nichts hinterhergeworfen!

Du hast einen Amerikaner geheiratet. Wie hast du die Integration ins Land erlebt?

Durch das Au Pair Programm hatte ich immer viele Menschen um mich, sowohl Gastfamilien als auch andere Au Pairs. Es wurde nie langweilig und gemeinsam konnte man das Land erkunden. Viele amerikanische Freunde habe ich vor allem gewonnen, seitdem ich in den USA studiere und arbeiten gehe, denn durch meinen Job bei Abercrombie & Fitch bin ich immer von Gleichaltrigen umgeben.

Welche kulturellen Unterschiede haben dir am meisten zu schaffen gemacht?

Ehrlich gesagt hatte ich da nie großartig Probleme. Bei mir war es eher das Gegenteil – ich hatte jedes Mal einen Kulturschock, wenn ich zurück nach Deutschland geflogen bin. Anfangs fand ich es ein wenig schwierig, mich an die übertriebene Nettigkeit der Amerikaner zu gewöhnen. Man darf einfach nicht zu viel in ihre Aussagen und Versprechen hinein interpretieren, da vieles wirklich nur aus Höflichkeit gesagt wird. Ansonsten macht mir das Essen immer mehr zu schaffen: Es schmeckt zwar alles recht gut, aber leider steckt nicht viel dahinter und man ist nach einer halben Stunde wieder hungrig. Abgesehen von diesen zwei Punkten komme ich aber mit allem gut klar hier in Amerika!

Wie empfindest du die räumliche Distanz zu deiner Familie? Welche Wege habt ihr gefunden, um die Entfernung zu überbrücken?

Ich vermisse meine Familie sehr. Anfangs war alles noch recht einfach, aber jetzt, nach vier Jahren, merkt man doch schon, wie es immer schwieriger wird. Manchmal mag ich einfach meine Mama drücken oder einen Kaffee mit meiner Schwester trinken. Da dies aber nunmal nicht machbar ist, bin ich umso glücklicher, dass es Skype gibt. Von Anfang an haben wir mehrmals die Woche telefoniert. Es tut gut zu wissen, dass man so jederzeit den Kontakt nach Hause haben kann und meiner Meinung nach wäre es ohne diese Möglichkeit um einiges schwieriger, so weit von einander entfernt zu sein. Ich führe außerdem einen Blog, auf dem ich seit Beginn meiner Amerika-Vorbereitungen jeden Schritt und alle wichtigen Ereignisse festhalte. Der Blog ist der perfekte Weg, um all meine Lieben auf dem Laufenden zu halten über mein Leben hier drüben. Außerdem fliege ich einmal im Jahr heim, meist über die Weihnachtszeit, und meine Familie kam mich auch schon in den USA besuchen.

Sind die USA der Ort, wo du den Rest deines Lebens verbringen willst?

Nein. Ich bin sehr glücklich hier, genieße mein Leben und habe es nie bereut, hergekommen zu sein. Dennoch merkt man mit der Zeit einfach, was man am eigenen Land hatte. Das Leben in den USA ist nicht einfach und vor allem Dinge wie das Sozialsystem, weiß ich sehr an Deutschland zu schätzen. Aber mein absoluter Hauptgrund, warum ich nicht den Rest meines Lebens in Amerika bleiben möchte, ist natürlich meine Familie. Von Jahr zu Jahr merke ich mehr, wie sehr sie mir fehlt. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, auf Dauer so weit von ihnen entfernt zu sein. Mein Mann steht da zum Glück total hinter mir und möchte selbst gerne einmal in Deutschland leben. Wann wir zurück gehen und für welche Dauer es dann sein wird, das steht noch in den Sternen.

Sina berichtet auf ihrem Blog Sina Goes to USA von ihrem Abenteuern im Land der Unbegrenzten Möglichkeiten.

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3 Kommentare

  1. Eins möchte ich umbedingt loswerden.

    Sina ist für viele Mädels, die auch als Au Pair in die Usa gehen wollen ein Vorbild.
    Sie hat es geschafft wovon wirklich super viele Mädels (unteranderem auch ich) träumen.

    Ich hoffe, dass mein Traum im Sommer 2014 auch endlich in Erfüllung geht.

    Ganz Liebe Grüße

    Laura <3

  2. Wir sind nach New York ausgewandert mit Kindern, Kegeln und Katze. Dort haben wir mit Leo DiCaprio, Tyra Banks, Dave Gahan und Will Smith in einem Haus gewohnt… kein Scherz! Trotzdem musste ich das Alles irgendwie verarbeiten in dem ich ein Buch darüber geschrieben habe… es trägt den vielsagenden Titel: „Nie wieder New York!“ ;-)

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