Vom Traum zum eigenen Hotel in Guatemala

Thomas Stutzer mit seiner Frau Flor de María und Hund Osso im Restaurant seines Hotels Café del Sol. Bild: ZVG.

Vor zehn Jahren ist der Schweizer Thomas Stutzer nach Guatemala ausgewandert und hat dort ein eigenes Hotel auf die Beine gestellt. Im Weltreisemagazin zieht er die Bilanz: „Ich würde das nochmals tun.“

WRM: Die meisten Reisenden haben früher oder später die Idee, an einem schönen Ort ein Stück Land zu kaufen und dort ein Guesthouse zu betreiben. Du hast dem Schritt in Guatemala gewagt. Würdest du das aus heutiger Sicht nochmals tun?

Thomas Stutzer:Guatemala hat mir Lebensmöglichkeiten eröffnet, die mir die Schweiz so nicht geboten hätte. Für ein Hotel in der Schweiz, hätte ich nicht die Mittel gehabt. Ausserdem ist das Wetter einfach genial hier. So gesehen, fällt es mir nicht schwer, ja zu sagen.

Dein Hotel liegt zwar etwas abgelegen, aber trotzdem an bester Lage, direkt am Strand. War es schwer ein passendes Grundstück zu finden? Musste es ausgerechnet in Monte Rico sein?

Das Hotel liegt ausserordentlich günstig. In knapp zwei Autostunden ist es von der Haupstadt über gute Strassen und meist ohne Verkehr erreichbar. Vor zehn Jahren waren die Grundstücke noch sehr günstig und Monte Rico hat mir gefallen, weil es noch am Anfang seiner touristischen Entwicklung stand. Ausserdem: Wer kann schon Sonnenauf- und -untergang vom selben Strand aus vor seiner Haustür geniessen. Hier ist es von November bis Februar möglich, jeden Tag.

Welchen Tipp würdest du jemandem geben, der heute das gleiche machen will?

Sich mit jemandem zusammentun, dem man vertrauen kann und der das Land und die Leute kennt. In meinem Fall ist das meine guatemaltekische Frau. Sonst kann man viele Ueberraschungen erleben, die manchmal nicht leicht verdaulich sind.

Du hast das Hotel selbst aufgebaut? Muss man für so einen Traum reich sein? Wie lange dauerte es, bis du erste Gewinne verzeichnen konntest?

Nein, man kann mit wenig anfangen und sich dann Jahr für Jahr weiterentwickeln. Für uns war der Break-Even schon im ersten Jahr erreicht. Wenn man allerdings etwas Erspartes hat, kann man grösser einsteigen und dann geht alles viel schneller und einfacher. Wir hatten anfänglich die Idee eines B&Bs mit 5 Zimmern. Haben dann mit 8 angefangen und relativ schnell gemerkt, dass wir damit unser Restaurant nicht füllen können. Unterdessen haben wir 13 Zimmer und würden gerne noch ein paar dazubauen. Die Zimmer sind auf Zeit sehr rentabel, aber ohne Restaurant laufen sie nicht. Das Restaurant hingegen kann sehr anstrengend sein. Man muss mit gutem Personal arbeiten, sonst brennt man mit der Zeit aus.

Thomas Stutzer führt in Guatemala eine kleine Pension mit 13 Zimmern.

Du kommst nicht aus dem Hotelgewerbe. War das ein Nachteil?

Nein, hier nicht, weil die wenigsten, die hier Hotels betreiben, eine entsprechende Ausbildung haben. Wenn jemand aber gelernter Hotelier ist oder Wirt aus der Schweiz, dann hat er von Anfang an einen beträchtlichen Wettbewerbsvorteil. Es hat mir geholfen, dass ich Projektmanager bin.Man muss Disziplin haben und lernen mit den Leuten umzugehen. Sein Ziel kennen und einen langen Atem haben, hilft auch. Wer ein Hotel will, um Partys zu feiern, sollte sich das besser zweimal überlegen.

Mit welchen Schwierigkeiten hast und hattest du zu kämpfen?

Hauptsächlich mit der Mentalität der Leute hier. Sie sagen ja und meinen nein. Sie sagen um fünf und kommen um sieben. Wenn sie sagen, du sollst dir keine Sorgen machen, dann musst du aufpassen. Ausserdem gibt es viele, die versuchen, auf krummen Wegen zu Geld zu kommen. Die Kriminalität ist hoch. Nicht für die Touristen, sondern für die Einheimischen.

Du wurdest auch einmal erpresst?

Ja vor zwei Jahren, fast einen Monat lang. Zum Glück wurden wir gut beraten. Die Erpressung ist ein Mittel, das von Banden fast flächendeckend eingesetzt und oft aus den Gefängnissen heraus koordiniert wird. In vielen Fällen testen sie einfach, ob einer zahlt. Aber manchmal machen sie auch Ernst.

Einmal eine kritische Frage: Wie empfindest du es, als Ausländer in Guatemala ein Geschäft zu betreiben? Nimmst du den Einheimischen die Arbeit weg oder bietest du ihnen eher Möglichkeiten?

Zusammen mit meiner Frau sind wir ja nur 50% Ausländer. Tatsächlich haben wir als Inversionisten Geld und Know-How hierher gebracht, insofern glaube ich, war das eher eine Bereicherung für Guatemala.

Du organisierst ja noch zahlreiche andere Sachen und engagierst dich für die Berufsausbildung von Einheimischen. Kannst du dazu etwas sagen?

Wir arbeiten seit zehn Jahren in der lokalen Entwicklung und haben sogar eine Stiftung aufgebaut, die wir mit dem Einkommen vom Hotel mitfinanzieren. Sie heisst Eternaprimavera. Wir haben eben zusammen mit Swisscontact eine Arbeitsmarktstudie vorgelegt, die aufzeigt, wo und wie Einheimische sich ausbilden können, um eigene Geschäfte aufzubauen oder besser bezahlte Stellen zu bekommen. Es gibt hier mehr Arbeit als Arbeitswillige. Allerdings nicht mehr in den traditionellen Bereichen wie Landwirtschaft und Fischfang. Deshalb ist es wichtig, hier integrale Berufsbildungsprojekte anzubieten.

Du hast dich in Guatemala niedergelassen. Wieso wusstest du, dass das der richtige Ort für dich ist?

Da ich in der Schweiz in einem Integrationsprojekt, das ich im Kanton Basel-Stadt leitete, meine Frau, eine Guatemaltekin kennenlernte, war es naheliegend, es hier zu versuchen. Mir gefällt die Freundlichkeit und Lebenslust der lateinamerikanischen Länder. Auch eine gewisse Toleranz in Sachen Lebensstil. Es ist weniger genormt hier. Und es bietet mehr Möglichkeiten der Selbstverwirklichung. Und schliesslich das Wetter? Wir sehen 350 Tage im Jahr die Sonne.

Denkst du, dass du nach so vielen Jahren im Ausland eines Tages wieder in deiner Schweizer Heimat wirst leben können?

Ich habe gerne Abwechslung und die Schweiz hat auch sehr schöne Seiten. So würde es mir gefallen, ein paar Monate im Jahr in der Schweiz und den Rest vor allem das Winterhalbjahr in Guatemala zu verbringen. Ich bin daran, mir diese Formel zu erfinden.

Der Schweizer Thomas Stutzer betreibt im guatemaltekischen Monte Rico das Hotel „Café del Sol“. Weitere Infos unter: http://www.cafe-del-sol.com

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