Afrika mit dem Fahrrad: „Unser Bild vom Kontintent ist verzerrt“

Interview des Monats

Mehr als ein Jahr brauchte Anselm Pahnke (29) um Afrika  mit dem Fahrrad von Süd nach Nord zu durchqueren. Unterwegs besuchte der Hamburger 15 Länder und legte 15.000 Kilometer im Sattel zurück. Im Interview erzählt er von den Herausforderungen in Afrika und seinem geplanten Filmprojekt.

Weltreiseforum: Du hast ganz alleine Afrika mit dem Fahrrad durchquert. Haben Leute an deinem Verstand gezweifelt?

Anselm Pahnke: Unterwegs konnte tatsächlich kaum jemand nachvollziehen, wieso ich freiwillig jeden Tag auf dem Fahrrad strample. Auch zu Hause gab es viele Fragen – meistens nicht direkt an mich, sondern an meine Freunde und Familie. Die kannten mich schon gut genug, um mich zu verstehen. Ich erhielt aber auch viel positives Feedback von Menschen, die diese Sehnsucht nach der Ferne mit mir teilten oder ebenfalls gerne in der Natur sind. Bei der Planung habe ich nur wenigen von meiner Idee erzählt. Das machte die Umsetzung einfacher, denn sonst hätte ich die Ängste der anderen mit auf die Reise genommen.

Du bist auf deiner Route auch durch Regionen gefahren, die als unsicher gelten. Was war denn dein gefährlichster Moment?

Bei den Gefahren denken die meisten an Krieg, Überfälle oder Löwen. Aber die grösste Gefahr war, hunderte von Kilometer auf einer einspurigen Strasse neben riesigen Lastwagen zu fahren. Ein Moment im Nationalpark war auch ziemlich heftig: Kaum jemand weiss, dass Nilpferde die gefährlichsten Landsäugetiere der Welt sind und ich kam zwischen ein männliches Hippo und seine Herde. Da hat mir der Atem gestockt. Und ganz am Ende der Reise landete ich in Ägypten in einem Gefängnis – das war nicht leicht.

Woher kam die Motivation, das Projekt trotz aller Widerwärtigkeiten durchzuziehen?

Die Idee, Afrika ganz zu durchqueren, entstand erst im Verlaufe der Reise. Daher hat mich das auch nicht unter Druck gesetzt. Ich genoss es, in kleinen Schritten zu denken und jeden Tag aufs Neue zu sehen, wohin mich mein Weg führt. Mein Ziel war immer die nächste Wasserquelle oder der Schlafplatz am Abend. Ich genoss es, diese kleinen, aber dringenden Herausforderungen anzunehmen und wollte meine eigenen Grenzen finden.

Afrika mit dem Fahrrad: Zwischenstopp in Tansania zum einjährigen Reisejubiläum. Fotos: Anselm Pahnke.

Hand aufs Herz: Hast du wirklich jeden Kilometer im Sattel zurückgelegt und nicht irgendwo ein bisschen gemogelt?

Für mich war immer klar: Solange ich kann, geht es auf dem Fahrrad weiter. Ich habe selbst beim Gegenwind in der Sahara nicht vergessen, dass ich nicht zu einem bestimmten Ziel fahre, sondern reise, um den Weg zu erfahren. Ab und zu habe ich mich allerdings bei einem steilen Stück bergauf an einen alten, beladenen Lastwagen gehängt. Aber ganz ehrlich: Auf den schlechten Strassen, ist auch das ziemlich anstrengend.

Wieso eigentlich mit dem Fahrrad? Was macht den Reiz dieses Verkehrsmittels aus?

Auf dem Fahrrad ist man völlig frei und der Umgebung mit allen Sinnen nahe. Man riecht, hört und fühlt viel mehr als hinter einer Windschutzscheibe. Benzin brauchte ich nur für meinen Kocher und ich konnte mit dem Fahrrad überall hin, auch  abseits der Strasse. Und man reist in einem viel langsameren Tempo, hat Zeit die Landschaft aufzunehmen, findet seinen eigenen Rhythmus und kann Tritt für Tritt näher zu sich selbst kommen.

Was hast du über Afrika und über dich gelernt?

Je weiter ich in den Norden kam und in das Herz Afrikas eintauchte, umso mehr wusste ich, dass unser Bild von Afrika völlig verzerrt ist. Ich habe gesehen wie offen, herzlich und lebensfroh Menschen sein können, wie erfüllt man leben kann, wenn man sich auf das Wesentliche konzentriert. Ich habe nie mein Fahrrad abgesperrt und mir wurde nichts gestohlen. Ich habe gelernt, dass man den Menschen vertrauen kann und sich daraus viele schöne und unerwartete Begegnungen ergeben. Ich hatte auf früheren Reisen immer versucht in einer Gemeinschaft zu reisen und durfte auf dieser Reise langsam lernen, mit mir selbst allein zu sein. Anfangs war das schwer und wurde irgendwann wunderschön.

Auf der Suche nach einem Zeltplatz im fruchtbaren Hochland von Burundi.

Wenn jemand nur einen Teil der Route fahren möchte: Wo eignet es sich für Fahrradfahrer am besten?

Um Afrika mit dem Velo zu erkunden, braucht man gewiss ein wenig Reise-Erfahrung. Ich würde Malawi und Uganda empfehlen. Beide Länder weisen eine sehr hohe landschaftliche und kulturelle Abwechslung auf. Schon bei der Ankunft spürt man, dass man willkommen ist. Auch Kenia ist sehr schön. Hier ist es sogar erlaubt, durch die Nationalparks zu radeln – und eine Giraffe vom Fahrrad zu sehen, das vergisst man wirklich nie.

Du hast von deinem Abenteuer brillante Bilder und Videos gemacht. Was für eine Ausrüstung hattest du denn dabei?

Ich hatte eine kleine Kompakt-Kamera von Sony. Dazu hatte ich ein Stativ und einen Selfiestick. Die Aufnahmen sind so entstanden, weil ich viel Zeit hatte, mich auf die Landschaft einzulassen und aus Neugierde und Spass immer wieder neue Perspektiven ausprobiert habe. Eine Funktion war auf den holprigen Strassen besonders wichtig: der Bildstabilisator. Ich habe mir allerdings vor der Reise kaum Gedanken zur Ausrüstung gemacht. Dass ich einen Film drehen kann, wurde mir erst später klar.

Du möchtest deinen Film in die Kinos bringen. Was fehlt noch, um das zu erreichen?

Der Film ist zwar fertig, aber der Schritt in die Kinos ist noch weit und vor allem teuer. Wir müssen einen Verleih engagieren, der den Film in die Säle bringt, die Kinos für Werbemassnahem bezahlen, geschützte Kopien des Films produzieren und Flyer und Poster drucken, damit die Leute auch etwas von der Kinovorstellung mitbekommen. Durch die Startnext Kampagne haben wir sehr viel erreicht und kommen bereits in ein paar Kinos. Je erfolgreicher die Kampagne ist, umso weiter können wir deutschlandweit zu den Kinos reisen.

 

Helfe „Anderswo, Allein in Afrika“ auf dem Weg ins Kino!

Von seinen 414 abenteurlichen Tagen in Afrika mit dem Fahrrad hat Anselm Videoaufnahmen mitgebracht und zu einem Film zusammengeschnitten, den er nun in möglichst vielen Kinos zeigen möchte.

Dafür sammelt er Geld. Wer das Projekt unterstützen möchte, kann dies über seine Startnex-Kampagne tun, die noch bis zum 14. Oktober läuft. Den Trailer zum Film findest du übrigens hier.

 

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3 Kommentare

    1. Hallo Martin,
      danke für das Feedback. Die passende Länge zu treffen ist immer etwa sehr schwieriges. Ich versuche die Interviews eher kurz zu halten, damit sich die Leser nicht langweilen. Was hat dir denn noch gefehlt? Vielleicht kann Anselm ja auch noch das eine oder andere in den Kommentaren beantworten… Ansonsten sieht es nun so aus, als würde die Crowdfunding-Kampagne recht gut laufen. Vielleicht läuft der Film dann ja irgendwo in deiner Nähe…
      Gruss,
      Oli

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