Work & Travel: „In Australien sind die meisten Jobs verrückt“

Entspannung pur: Australien bietet einige der weltbesten Strände. Foto: K. Arlt
Traumhafte Strände: Für Buchautorin Melanie Schmidt ein wichtiger Grund, Australien zu lieben. Foto: K. Arlt

Melanie Schmidt (30) reiste und arbeitete ein Jahr lang auf dem Roten Kontinent. Nach der Rückkehr schrieb sie gemeinsam mit einer Freundin ein Buch über Work and Travel in Australien. Im jüngsten Interview des Monats gibt sie Tipps für die Stellensuche und erklärt die Faszination von Down Under.

WRF: Es gibt eine ganze Reihe von Ländern, in denen junge Menschen für ein Jahr Work and Travel erleben können. Was spricht für Australien?

Melanie Schmidt: Die Vielfalt! Wo sonst hat man so einzigartige Tiere, uralten Regenwald und die Wüste an einem Ort? Die Strände sind traumhaft – oft hat man einen kilometerlangen Sandstrand ganz für sich alleine. Hinzu kommt die aufgeschlossene Mentalität der Australier: Sie sind offenherzig, hilfsbereit und ziemlich verrückt . Das muss man einfach erlebt haben. Und dann gibt es da noch die faszinierende Kultur der Aborigines. Australien macht es Backpackern wirklich leicht, hier zu reisen: Die Infrastruktur ist gut, Land und Leute sind sehr offen für Reisende aus aller Welt.

Australien gilt als teuer. Wie viel Geld sollte jemand mindestens auf der hohen Kante haben, wenn er oder sie ein Jahr Work and Travel plant?

Laut Bestimmung muss jeder mindestens 5.000 Australische Dollar (3.500 Euro) mitbringen, um überhaupt einreisen zu dürfen. Und die braucht es auch. Je mehr Geld man dabei hat, desto mehr Sicherheit hat man am Anfang. Zudem kann man die Suche nach Arbeit und Erstanschaffungen wie Auto, Unterkunft und so weit entspannter angehen. Pro Woche sind Ausgaben zwischen 200 und 400 AUD realistisch. Das ist erst einmal viel, aber mit der Zeit wird es günstiger, weil man herausfindet, wie der Hase läuft, wo man einkaufen sollte und wo man sonst so sparen kann.

Vor einiger Zeit sprachen wir mit zwei Deutschen, die in Australien ihr Geld als Maskottchen verdienten. Was sind die aussergewöhnlichsten Jobs, denen du in Australien und bei der Recherche für das Buch begegnet bist?

Die meisten Jobs in Australien sind ziemlich verrückt. Bei der Erntearbeit pflückt man beispielsweise merkwürdige Früchte in einer unwirklichen Naturumgebung und dann hüpfen währenddessen riesige Kängurus über die Plantagen. Das ist schon sehr aussergewöhnlich. Ansonsten gibt es verrückte Jobs wie Perlentaucher und Muschelputzer auf Muschelfarmen, Bimmelbahnfahrer auf riesigen Zuckerrohrplantagen oder die Arbeit als Jackeroo/Jillaroo. Letztere arbeiten auf typisch australischen Outbackfarmen und helfen dabei, die Rinder einzutreiben, Bullen zu beschneiden, Schafe zu Scheren und in der Weite der Wüste, Zäune zu reparieren. Das ist ein richtiges Cowboyleben und nicht für jeden was.

Australien ist für seine Tierwelt bekannt. Im Bild ein Echidnas.
Australien ist für seine Tierwelt bekannt. Im Bild ein Echidnas.

Nicht alle haben das Glück, etwas so Aussergewöhnliches zu finden. Welche Art von Arbeit verrichten die meisten Work und Travel-Reisenden?

Ganz klar Erntearbeit. Überall in Australien gibt es grosse Farmen und Plantagen, In diesem Bereich finden sich die meisten Jobs. Die Arbeit ist körperlich anstrengend, dafür sind keine Vorkenntnisse nötig. In der Regel wird einem anfangs erklärt, wie man zum Beispiel die Bananen und Apfelsinen pflückt, die Apfelbäume beschneidet oder die Wolfsmilchpflanzen erntet und dann geht’s auch schon los. Viele Backpacker kommen auch im Gastronomiebereich als Kellner, Küchenhilfe oder Putzkraft unter. Auch Hostels und Hotels bieten gute Möglichkeiten für Service- und Putzjobs.

Welche Qualifikation sollte jemand mitbringen, um überhaupt eine Chance zu haben? Wie gut muss das Englisch sein, um eine Arbeit zu finden?

Sprachkenntnisse und Fähigkeiten sind ganz vom Job abhängig. Für die Erntearbeit sind keine besonderen Vorkenntnisse und eigentlich auch kein gutes Englisch erforderlich. Für Bürojobs hingegen benötigt man Business-Englisch und die spezifischen Kenntnisse, die die jeweilige Firma erwartet. Ansonsten ist das Schulenglisch vollkommen ausreichend, um einen Job Down Under zu bekommen. Wer kellnern oder Promotionjobs machen will, sollte kommunikativ sein und sich sympathisch ausdrücken können. Wenn die Vokabeln nicht immer sofort da sind, ist das überhaupt nicht schlimm. Wer sich mit den Australiern viel unterhält, lernt die Sprache sehr schnell. Damit es mit dem Job besser klappt, sollte man auf jeden Fall gepflegt aussehen, freundlich und motiviert sein, das wird bei den Australiern hoch geschätzt.

Welches sind die grössten Fehler, die Work&Traveller begehen können?

Viele denken, dass alles von selbst geht und sie ein Jahr lang entspannt Urlaub verbingen können. Aber Work and Travel ist teilweise sehr anstrengend. Gerade am Anfang muss man sich an alles Neue gewöhnen, man muss sich darauf einlassen. Viele Backpacker machen den Fehler, dass sie ihren Alltag von zu Hause mitnehmen wollen. Sie unterhalten sich nur mit Gleichgesinnten und wollen einen bestimmten Luxus beibehalten. Das funktioniert meistens nicht. Das Leben in Australien ist anders, vor allem, wenn man reist – man schläft beispielsweise im Autokofferraum, kocht auf öffentlichen Grillplatten und spricht jeden Tag mit fremden Menschen. Lasst euch auf das Land, die Leute und deren Alltag ein, denn dann erlebt ihr garantiert viel mehr Abenteuer!

Endlose Weiten: Autorin Melanie Schmitt im australischen Outback-
Endlose Weiten: Autorin Melanie Schmidt im australischen Outback-

Das klingt ziemlich kompliziert. Wie sieht es mit Agenturen aus, die bei der Organisation helfen? Lohnt sich das?  Und was können die überhaupt für mich machen?

Jeder muss selber entscheiden, ob er eine Organisation braucht. Organisationen helfen bei der Vorbereitung und machen den Start im neuen Land etwas einfacher, denn sie beantragen beispielsweise die Bankkarte oder eine Steuernummer. Aber trotzdem hat man noch genügend selbst zu tun. Die Jobsuche, deine Reiseziele, wie du im Land leben und was du erleben willst, das liegt ganz bei dir. Katharina und ich sind mit einer Organisation nach Australien geflogen. Das gab uns die Sicherheit, in der Not einen Ansprechpartner vor Ort zu haben. Am Anfang war das sehr praktisch. Aber alles allein zu organisieren ist auch ohne Probleme möglich.

Wie macht sich so ein Wanderjahr später im Lebenslauf?

Einige Arbeitgeber verlangen Auslandserfahrungen und/oder fliessendes Englisch. Das hat man nach dem Jahr auf jeden Fall in der Tasche. Zudem kann man mit neu erworbenen Fähigkeiten wie Selbstständigkeit, Organisations- und Kommunikationsfähigkeit sehr gut punkten. Man hat kulturell über den Tellerrand geschaut, ist erwachsener und erfahrener. Das klingt doch gut, oder?!

Du hast gemeinsam mit Katharina Arlt den Ratgeber „Work & Travel in Australien“  verfasst. An wen richtet sich das Buch? Was sind die wichtigsten Fragen, die ihr beantwortet?

Das Buch ist für Fernwehgeplagte, die Work and Travel in Australien machen wollen oder überlegen, ob das etwas für sie wäre. Und auch Familienangehörige von Backpackern können sich mit dem Buch ein gutes Bild darüber machen, was Work and Travel eigentlich ist und wie es funktioniert. Mit unserem Buch helfen wir vor allem bei der Vorbereitung (Visumsbeantragung, Versicherung) und beim Start in Down Under. Wir erklären genau, wann man was machen muss und wie man das machen kann. Wichtig war es für uns auch, gute Tipps für das Alltagsleben, die Jobsuche und das Reisen vor Ort zu geben. So beleuchten wir zum Beispiel die Fragen: Wie reise ich? Mit wem reise ich? Wo schlafe ich und wo kaufe ich Lebensmittel ein? Brauche ich ein Auto? Und wenn ja, welches? Wie finde ich einen Job und was benötige ich dafür?

Warum habt ihr dieses Buch übethaupt geschrieben?

Work and Travel in Australien war das bisher grösste Abenteuer, das wir erlebt haben und eine wertvolle Erfahrung. Wir möchten auch andere für das australische Backpackerleben begeistern, denn das Land und die Menschen sind wunderbar. Auf unserer Reise sind wir immer wieder auf Probleme gestossen, die wir hätten vermeiden können. Da haben wir öfter gesagt: „sowas hätte uns doch ein Reiseführer sagen müssen“ oder „warum hat uns keiner davor gewarnt“. Schon da hatten wir die Idee, ein Buch zu schreiben, das Backpackern hilft, eine tolle Reise zu haben.

workntravelLesetipp: Work & Travel in Australien von Melanie Schmidt und Katharina Arlt

Hast du Lust auf eine längere Backpacker-Reise durch Australien und möchtest dir einen Teil des Reisebudgets mit arbeiten im Land verdienen? Dann solltest du Work and Travel ausprobieren. Dabei erhalten Interessierte unter 31 Jahren ein Visum, mit dem sie ein Jahr lang in Down Under arbeiten dürfen.

Alles, was du über diese Zeit wissen solltest, haben Melanie Schmidt und Katharina Arlt in ihrem frisch erschienen und absolut lesenswerten Buch „Work & Travel in Australien“ zusammengefasst.

Zum ersten Mal hier? Dann lese hier, worum es in diesem Blog geht. Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, dann solltest du dich unbedingt beim monatlichen Newsletter einschreiben, damit du künftig nichts mehr verpasst.

 

Werbeanzeige

Hier weiter lesen

2 Kommentare

  1. Schönes Interview! Das macht richtig Lust das Arbeiten in Australien bei einem Work and Travel Jahr selbst einmal auszuprobieren :) Sowohl die unvergesslichen Erfahrungen, als auch die Verbesserung der Englisch Kenntnisse wären es auf jeden Fall wert. Klassische Sprachreisen haben zwar auch ihren Reiz, aber diese Art von Englisch Aufenthalt hört sich nach einem richtigen Abenteuer an!

  2. Zunächst einmal: Großes Lob für die informative und hervorragend gestaltete Website einschließlich der geschickt ausgewählten und platzierten Fotos, die das Geschriebene perfekt veranschaulichen. Chapeau!

    Ich habe mittlerweile Feuer gefangen und der Gedanke, Australien als Backpacker zu bereisen, lässt mich nicht mehr los. Ich brauche dringend INFO’S …. denn meine Situation ist nicht die eines „durchschnittlichen“ Backpackers, sondern eine völlig andere.
    a) ein working holiday visum kann ich nicht bekommen, da mein Alter oberhalb der zulässigen Altersgenze liegt.
    b) eVisitor Visum (oder subclasses) ist problemlos möglich.
    c) working holiday mit Touristen-Visum ist nur als „‚Freiwilligenarbeit“ ohne Bezahlung, aber gegen Kost & Logis (wwoofing) möglich.
    d) begrenztes, finanzielle Budget vorhanden (lediglich Ersparnisse, da unbezahlter Urlaub ohne Lohnfortzahlung); Kosten im Heimatland in voller Höhe
    e) mini-maximum-Dauer < 3 Monate

    Meine Fragen konkret: Wie kann ich mit einem low-Budget und ohne Aussicht auf Verdienst (Lonhfortzahlung) 2 – 3 Monate in Australien überleben? Wie ist das wwoofing generell einzuschätzen? Gute Sache…. oder eher: die Finger davon lassen? Wie und wo findet man seriöse-wwoofing-Angebote?

    Gesetzt den Fall, es gibt seriöse Angebote:
    Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, auch im "mittleren Alter" eine solche "Arbeitsstelle" zu finden?
    Meine eindeutigen Vorteile gegenüber jüngeren "Bewerbern" sind genrell ein umfangreicheres Welt-, Handlungs- und Erfahrungwissen, einschlägige berufliche Qualifikationen, Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, (immer noch) körperliche & mentale Fitness … und last but not least… ein gesundes Selbstbewusstsein, erstklassige soft skills, hervorragende Englischkenntnisse … Witz, Charme & Esprit… und auch die Bereitschaft in den australischen Outbacks im Zelt zu schlafen und einen mehrtägigen cattle trail track im Stocksattel auf einem Pferd durchzuhalten … oder … oder

    Wer kann mir helfen?
    Ich habe tausend Fragen und hoffe auf mindestens zehntausend Antworten, gern auch per PN… :-)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert