Hast du schon einmal in der Kanalisation übernachtet? Falls nicht, dann solltest du dir das Tubo Hotel im mexikanischen Tepoztlan genauer anschauen. In dieser aussergewöhnlichen Unterkunft bestehen die Zimmer aus Abwasserröhren. Abenteuerlich und trotzdem geruchsfrei.
Hotels sind für mich Orte zum Schlafen; wenn’s gut kommt, sind sie vielleicht auch ein Ort, wo ich mit anderen Reisenden spannende Gespräche führen kann. Mehr nicht. Dass ich ihretwegen bei einer Reise einen Umweg einlege, kommt selten vor (zuletzt in Portugal, als ich in einem umgebauten historischen Schloss übernachtete).
Vor ein paar Tagen bin ich jedoch wieder auf ein Hotelkonzept gestossen, das mich genügend interessiert hat, um deswegen ein paar zusätzliche Kilometer zu fahren. Das Tubo Hotel befindet sich in Tepoztlan, einem traditionellen Dorf etwa eine Stunde ausserhalb von Mexiko-Stadt im Bundesstaat Morelos.
Das Besondere: Das Hotel besteht aus mehreren, zum Teil aufeinandergestellten Kanalisationsröhren, die einfache Zimmer beherbergen. Toiletten und Duschen sucht man in den kleinen Räumen vergebens – für die persönliche Hygiene gibt es einige Meter entfernt ein eigenes Gebäude. Ebenfalls findet man in den Zimmern weder einen Fernseher noch einen Schrank. Das Gepäck lässt sich am besten unter dem Bett verstauen.
Die soziale Atmosphäre zählt
Luxus sei von Anfang nicht geplant gewesen, verrät mir Robb Anderson. Der Amerikaner lebt seit rund 20 Jahren in Mexiko und betreibt gemeinsam mit seiner Frau Ana die Kochschule La Villa Bonita. Für seinen Schwiegervater entwickelte Anderson den Businessplan für das Röhrenhotel. „Er wollte nach seiner Pensionierung nicht einfach untätig werden.“
Auf die Idee mit den Abwasserröhren sei er eher zufällig gekommen. „Wir mussten für eine andere Liegenschaft ein Toilettenhäuschen bauen und stiessen dabei zufälligerweise auf die grossen Abwasserröhren“, erklärt Anderson. Daraus entstand dann die Idee, in den Röhren gleich ganze Zimmer unterzubringen.
Seit das Hotel im Dezember 2010 aufging, wurde immer wieder in den Medien davon berichtet. Teilweise falsch, wie Anderson betont. „Wir haben zwar grossen Wert darauf gelegt, alles so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten, aber die Röhren selber sind keine Recycling-Ware.“
Die vielen Berichte sorgten dafür, dass jede Menge Gäste erleben wollten, wie es sich in der Kanalisation schlafen lässt – oder die zumindest die Idee spannend fanden. „Tepoztlan hat viele Wanderer und Backpacker. Wir wollten eigentlich für diese Zielgruppe etwas schaffen. Doch kamen hauptsächlich Leute, die sich auch ein sehr viel besseres Hotel hätten leisten können.“
„Das teuerste war der Transport“
Das Hotel ist mit seiner aussergewöhnlichen Ausstattung nicht nur ein Besuchermagnet, sondern auf Grund der sehr geringen Baukosten auch ein gutes Geschäft. „Der Transport der Betonröhren war letztlich teurer, als ihr Kauf“, erzählt Anderson und schmunzelt. Auch die Ausstattung der Zimmer habe einen grossen Teil der Investitionssumme ausgemacht. „Dafür ist der Betrieb sehr günstig: Es gibt kaum etwas zu putzen und die Betonröhren sind fast unzerstörbar.“
Das grösste Problem für den Betrieb: Tepoztlan ist wegen seiner Nähe zu Mexiko-Stadt hauptsächlich ein Wochenendziel. „Am Samstag und am Sonntag sowie während der Urlaubstage sind die Zimmer meistens voll. Aber unter der Woche ist eher wenig los.“
Wenn alles gut läuft, wird es bald weitere Tubo Hotels im Mexiko geben. Anderson spielt mit dem Gedanken, eine Rundweg zu schaffen, auf dem Gäste von einem Hostel zum nächsten Reisen können. Wann das kommt, ist allerdings noch unklar. Denn Anderson will die künftigen Hotels nicht selber führen oder durch seinen Schwiegervater betreuen lassen, sondern über ein Franchising-Verfahren betreiben.
Schnelle Fakten zum Tubo Hotel
- Das Tubo Hotel befindet sich am Ortseingang von Tepoztlan in unmittelbarer Nähe des Busterminals. Zum Ortskern ist es ein etwa 15 minütiger, steiler Spaziergang.
- Tepoztlan erreichst du in 70 Minuten mit einem Bus von Pullman de Morelos ab der Busstation Tasquena in Mexiko–Stadt (gleichnamige U-Bahnstation in der Nähe).
- Das Hotel verfügt über 19 Röhrenzimmer mit einem schmalen Doppelbett. Schlafsäle gibt es keine.
- Das Hotel verfügt über keine richtige Küche. Zum Frühstück gibts lediglich einen Kaffee. Den jedoch kostenlos.
- Reservationen sind nur am Wochenende nötig. Buchen kannst du über die klassischen Buchungsportale wie Booking.
Was du in Tepoztlan unternehmen kannst
Tepoztlan ist das erste Dorf, das mit dem Titel Pueblo Magico ausgezeichnet wurde. Unter diesem Begriff werden kleine Orte zusammengefasst, welche ihren ursprünglichen Charakter besonders gut erhalten haben. Leider ist der Titel auch ein Garant für überbordender Tourismus.
- Lerne mexikanisch Kochen: In der Kochschule La Villa Bonita bietet die mexikanische Starköchin Ana Kochkurse an. Meistens eine Woche und eher hochpreisig, aber gut und unterhaltsam. Mehr dazu hier.
- Besuche das Kloster: Im Zentrum von Tepoztlan befindet sich ein kleines, aber sehr schönes Kloster, das du besuchen kannst.
- Wandere zum Tepozteco hoch: Das ist eine zwischen 1150 und 1350 erbaute Pyramide. Der Anstieg über 450 Höhenmeter ist anstrengend, aber die Aussicht auf das Tal lohnt sich.
- Geniesse die leckeren Tacos auf dem Markt. Ich war drei Tage lang in Tepoztlan und habe praktisch jeden Tag auf dem zentralen Markt gegessen. Günstig und fein.
- Mach dich auf die Suche nach UFOs: In einem Seitental sollen angeblich besonders viele unbekannte Flugobjekte unterwegs sein. Im Internet gibt es zahlreiche Berichte über Sichtungen einschliesslich Videoaufnahmen.
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Die Röhren selber sind keine Recycling-Ware: Das ist irgendwie beruhigend :D
Ich stelle mir auch die Möblierung der Röhren ziemlich kompliziert vor – kein Wunder, dass da keine Schränke drin stehen…
Liebe Grüße!
Anna
Ja, es ist bestimmt nicht so ganz einfach, die Röhren einzurichten. Wobei das wohl auch sehr stark eine Platzfrage ist. Für mehr als das Bett hats halt einfach keinen Platz.