Smolensk: Russlands Tor zum Westen

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Das Wahrzeichen von Smolensk: Die Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale. Fotos: Carl H. Pierk

Ein historisches Zentrum mit zahlreichen Kirchen und intakten Stadtmauern: So präsentiert sich Smolenk dem Besucher. Die Provinzhauptstadt auf halbem Weg zwischen Minsk und Moskau wird gerne auch als Tor zum Westen bezeichnet. Ein Portrait einer wenig bekannten russischen Perle.

Die Landschaft ist leicht hügelig. Die meisten weitläufigen Felder liegen brach und wechseln sich ab mit einer Waldtundra aus Birken, Lärchen und Kiefern. Winzige Dörfer sind nur hin und wieder in der Ferne zu sehen. Moskau, die moderne, quirlige Hauptstadt, ist fern. Am Rand der schnurgeraden russischen Fernstraße M 1 (Europastraße 30), die von Moskau nach Minsk (Hauptstadt von Weißrussland / Belarus) führt, ist „Rossija matuschka“, das Mütterchen Russland, zuhause. Die alte Frau schaut neugierig aus ihrem windschiefen Holzhäuschen und schlurft dann durch hohes Gras zu einer Pumpe, um einen Eimer Wasser zu holen. Die meisten alten Menschen haben in ihren Holzhäuschen weder fließend Wasser noch Anschluss an die Kanalisation. Die Jugend hat es in die Großstädte gezogen. Zehntausende solcher Dörfer gibt es in Russland.

Das Tor zum Westen

Minsk ist nicht unser Ziel. Wir machen halt in Smolensk, Moskau ist etwa 400 Kilometer entfernt. Smolensk bezeichnet sich gern als Russlands Tor zum Westen, denn westlich beginnt schon recht bald Weißrussland. Eingebettet in das Tal der oberen Dnjepr lohnt die Provinzstadt mit ihren 320. 000 Einwohnern zweifellos einen Besuch. Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten zählen die Festungsmauern (1596–1602), welche die schöne Altstadt umgeben (und fälschlich als Kremlmauern bezeichnet werden). Einen guten Überblick über die Mauer verschafft ein Spaziergang im Stadtpark, der an der Ewigen Flamme vorbei zum Museum des Zweiten Weltkriegs führt, das über die Ereignisse in der Gegend um Smolensk informiert.

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Geschichte pur: Die Peter-und-Paul-Kirche zählt zu den ältesten Gotteshäusern der Stadt.

Zu den Attraktionen zählt ferner die grün-weiße Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale. Auf einem Hügel über dem Dnjepr gelegen gilt sie als Wahrzeichen der Stadt. Fünf Goldkuppeln ragen in den Himmel. Das 1679 fertig gestellte Gotteshaus erhielt noch barocke Bauelemente und eine mächtige Ikonostase ( die mit Ikonen verzierte Bilderwand trennt und verbindet den Gemeinderaum mit dem Altarraum). Auf dem Kathedralenhügel befinden sich noch ein Glockenturm, ein Konsistorium sowie die Epiphanias-Kathedrale, von deren Galerie man einen schönen Ausblick hat. Zu den ältesten Kirchen der Stadt gehört die Peter-und-Paul-Kirche von 1146 im byzantinischen Stil nahe des Busbahnhofs.

Mittelpunkt des „Blonje“, wie die Smolensker ihr Zentrum nach dem russischen Wort für eine Vorstadtsiedlung nennen, ist der Glinka-Park, benannt nach dem 1804 nahe bei Smolensk geborenen Komponisten Michail Glinka. An dessen Nordende erstreckt sich der Ploschtschad Lenina, ein weitläufiger Platz, mit dem 1780 errichteten Dramentheater, einem der ältesten im Land. Das Konenkow-Skulpturenmuseum an seiner Ostseite zeigt Holzfiguren von Sergej Konenkow, aber auch Stahl- und Bronzestatuen sowie Matrjoschka-Puppen. Die Kunstgalerie jenseits der Festungsmauer stellt Werke russischer Künstler aus. Allerdings hängen die Bilder in manchen Sälen viel zu dicht, so dass die Wirkung manch avantgardistischer Perle schlichtweg verloren geht.

Reste vom spröden Charme der Sowjetzeit

Mehr als 17 Hotels gibt es in Smolensk, dazu Unterkünfte, die jedem Budget gerecht werden. Wir waren untergebracht im „Smolensk Hotel“, Lenina Street 2/1 (Standard Zweibettzimmer: 93 Euro; Standard Doppelzimmer: 104 Euro). Nahezu zentral gelegen, kann man von hier aus die Stadt erobern. Vor allem lockt der nahe Glinka-Park. Im Gegensatz zu Moskau, wo in der City aus dem Westen bekannte Hotelketten angenehmen Komfort versprechen, scheint im „Smolensk Hotel“ allerdings die Zeit stehen geblieben zu sein.

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Blick auf die Festungsmauern.

Der spröde Charme der Sowjetzeit ist noch nicht ganz verloren. Und die einst so gefürchtete Etagenfrau gibt es auch noch. Aber dann das Frühstück! Der Gast muss sich abends zuvor an der Rezeption einen Bon abholen und sich dann am nächsten Morgen ins benachbarte Cafe begeben. Dort beginnt dann der Kampf um jede Scheibe Brot oder Käse, die man von der mürrischen Bedienung zu verlangen wagt. Uns fällt da spontan eine bei Wikipedia gefundene Definition ein: „Während das Frühstück als erste, morgendliche Mahlzeit ein kulturübergreifendes Phänomen ist, unterscheiden sich Gestaltung, Rituale, Zeitpunkt, Dauer, vor allem aber Umfang und Nahrungsbestandteile des Frühstücks zwischen und in den verschiedenen Kulturkreisen oft erheblich“.

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Ein Kommentar

  1. Spannend! Russland würde mich auch noch mal reizen. Aber ohne Russischkenntnisse ist man wahrscheinlich ziemlich aufgeschmissen, oder? Wenn eine Großstadt wie Smolensk schon so an alt-sowjetische Verhältnisse erinnert… Wobei mir bei der Beschreibung des Frühstücks eher Italien in den Sinn kam. Da haben wir mal ähnliche Erfahrungen gemacht. :)

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