Reisen mit Kind: “Kinder lernen unterwegs Verantwortung zu übernehmen“

Interview des Monats

Mama-Bloggerin Gabriela Urban (mami-bloggt.de) hat mit ihrem vierjährigen Sohn 28 Länder besucht. Vor kurzem veröffentlichte sie nun ein Buch über die gemeinsamen Abenteuer. Im Interview des Monats spricht sie über das Reisen mit Kind und erzählt, wieso sie die meisten Länder der Welt besuchen würde.

Weltreiseforum: Du hast mit deinem Sohn Ziele wie El Salvador besucht, das man in der Regel mit Bandenkriegen und hohen Mordraten in Verbindung bringt. Bist du eine Rabenmutter?

Gabriela Urban: Nein. Vor meinen Reisen beschäftige ich mich selbstverständlich intensiv mit den jeweiligen Destinationen. Das habe ich auch bei El Salvador getan und rausgefunden, dass die Kriminalität und brutalen Machenschaften der Banden vor allem in den Vororten von San Salvador und anderen Grossstädten stattfinden – also Orte, die aus touristischer Sicht eh nicht interessant sind und wohin man sich auch nicht zufällig verirrt. Auch die Tatsache, dass das Auswärtige Amt keine Reisewarnung ausspricht, hat mich in meinem Reisevorhaben bestätigt. Zum Glück! Denn El Salvador gehört für mich zu den schönsten Ländern der Welt – und vor allem die Menschen dort sind sehr, sehr freundlich und hilfsbereit.

Trotzdem glauben viele Leute, dass Backpacking mit einem kleinen Kind gefährlich ist.

Wieso genau soll denn Backpacking mit einem kleinen Kind gefährlich sein? Im Grunde, bedeutet ja Backpacking nur, dass man mit einem Rucksack eine (individuelle) Rundreise macht. Wohin die Reise geht, wie sie aussieht und wie man sich fortbewegt, kann ja jeder selber bestimmen und auch seiner eigenen Wohlfühl-Komfortzone anpassen. Für mich persönlich sind Krisen- und Kriegsgebiete tabu, sowie Regionen, in denen ein hohes Malariarisiko besteht. Ansonsten bin ich fest überzeugt, dass man fast überallhin mit seinem Kind hin kann. Neben einer gutausgestatteten Reiseapotheke ist vor allem das Bauchgefühl sehr wichtig: Wenn man auf dieses hört, zum Beispiel bei der Auswahl eines Strassenrestaurants oder Menschen, denen man vertraut, kann man meiner Meinung nach Gefahren und Risiken gut minimieren.

Welche Ziele sind aus deiner Sicht besonders kinderfreundlich?

Ich finde, dass fast alle Länder gut fürs Reisen mit Kindern geeignet sind. Am kinderfreundlichsten habe ich bis jetzt Myanmar und El Salvador empfunden – dicht gefolgt von Indonesien, Thailand, Malaysia, Laos, Kolumbien, Georgien und Nicaragua.

Gabriela Urban reist mit ihrem Sohn um die Welt.

 

 

Viele Reisen hast du ohne den Vater unternommen. Ist das organisatorisch nicht eine gewaltige Herausforderung?

Nein, denn ich habe mich ans Alleinreisen mit Kind gewöhnt und habe mittlerweile ein gut funktionierendes System. Beispielsweise mit so wenig Gepäck wie möglich reisen, alles in Packing Cubes verstauen, wenn wir einen Ort verlassen, immer den letzten finalen Check durchführen, um sicherzugehen, dass wir auch ja nichts vergessen haben, in brenzligen Situationen die Ruhe bewahren und nach Hilfe fragen, wenn ich Hilfe benötige. Eigentlich ist alleinreisen mit Kind gleichzusetzen mit alleinerziehend auf bestimmte Zeit. Nicht mehr und nicht weniger.

Und wie geht der Vater mit eurer häufigen Abwesenheit um? Belastet das nicht die Beziehung?

Mein Mann steht voll und ganz hinter mir und stärkt mir bezüglich unserer Reisen den Rücken. Wenn er könnte, würde er auch so viel reisen. Aber er ist selbstständig und lässt seine Firma nur ungerne alleine. Ich achte darauf, dass wir nie länger als einen Monat voneinander getrennt sind – und manchmal kommt er uns auf unseren Reisen zwischendurch auch besuchen. Ausserdem machen wir jeden Tag Videotelefonie und schicken ihm ganz viele Fotos. Das ist fast so, als ob er mitreisen würde, zumindest virtuell.

Und die Beziehung zwischen dem Vater und dem Kind?

Ich glaube nicht, dass es ihre Beziehung belastet. Mein Mann und Sohn haben eine sehr gute Beziehung zueinander und wenn wir wieder zurück von unserer Reise sind, dann ist die darauffolgenden Tage intensive Papa-Sohn-Zeit angesagt. Ich bin dann erstmal völlig abgeschrieben. Natürlich vermisst mein Sohn seinen Papa auf Reisen, aber ich hatte bis jetzt nie das Gefühl, dass er darunter richtig leidet. Wäre das der Fall, würde ich nicht mehr so lange und viel mit ihm verreisen.

El Salvador: überraschend kinderfreundlich.

 

 

Kinder langenweilen sich schnell in Sehenswürdigkeiten und auf endlosen Busfahrten. Wie gelingt es dir, deinen Sohn zu motivieren?

Komischerweise langweilt er sich zuhause mehr als auf Reisen. Daheim ist er immer hippelig und rennt von einem Spielzeug zum nächsten. Unterwegs hat er dann die Ruhe weg, weil alles so spannend ist und es so viel zu entdecken gibt. Lange Busfahrten sind kein Problem. Meistens schaut er erstmal eine ganze Weile aus dem Fenster, schläft eine Runde, isst etwas, spielt, liest ein Buch, schaut wieder aus dem Fenster … Und zack ist eine achtstündige Busfahrt vorbei. Wenn wir uns Sehenswürdigkeiten anschauen, dann versuche ich ihn miteinzubeziehen und erzähle dann Geschichten von Piraten, Rittern, Königen oder anderen Helden. Das beflügelt seine Fantasie und macht viele Orte für ihn erlebbarer und auch spannender.

Was können kleine Kinder von Reisen fürs spätere Leben mitnehmen?

Sehr viel. Auch wenn sie sich später vielleicht nicht mehr erinnern. Kleine Kinder lernen auf Reisen viel schneller Verantwortung zu übernehmen, helfen mit, sind anpassungsfähiger und haben nicht so grosse Berührungsängste vor dem Fremden wie daheim. Ausserdem lernen sie, wie vielseitig und faszinierend verschiedene Länder, Kulturen, Menschen und auch die Natur sind. Als wir zum Beispiel jetzt im Winter in Myanmar und Laos waren, war mein Sohn völlig fasziniert von Buddha. Mit seinen drei Jahren wollte er immer in alle Tempel rein. Dann hat er dort ganz geduldig die Mönche und Menschen angeschaut, wie sie zu Buddha beten und hat sie imitiert. Ich bin fest davon überzeugt, dass ihn diese ErIebnisse und Erfahrungen ein Leben lang begleiten werden.

Lesetipp: Wie aus einer Kündingung eine Weltreise wurde

Wie frau das Beste daraus macht, wenn ihr nach der Elternzeit gekündigt wird, erzählt Gabriela Urban in „Wie Buddha im Gegenwind“.Das Buch schildert eine doppelte Reise: Zum einen geht es um ein Abenteuer durch die Welt, zum andern aber auch um den  Weg zu sich selbst. Trotz einiger Längen ein interessanter Mutmacher für alle, die in einer ähnlichen Situation stecken.OZ.

Conbook Verlag, März 2019. 320 Seiten, ca. 15 Euro. Hier bei Amazon bestellen*.

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Ein Kommentar

  1. Meine Hochachtung an dich, Gabriela!

    Ich bin selbst kinderlos und habe auch eigentlich nicht vor, ein Kind zu bekommen – deswegen mag man mir vielleicht vorwerfen, dass ich wie eine Blinde von der Farbe rede. Nichtsdestotrotz: Ich finde es großartig, dass du mit deinem Sohn so viele Reisen unternimmst, vor allem auch jenseits ausgetretener Touri-Pfade. Ich bin mir sicher, dass dein Sohn dabei immens viel für sein späteres Leben lernt und zu einem aufgeschlossenen, toleranten, bodenständigen Mann werden wird. Meine Eltern sind zwar nicht annähernd so viel verreist als ich klein war, aber dennoch konnte ich schon in sehr jungen Jahren so manch abenteuerliche Reise miterleben. Bis heute habe ich ein großes Interesse an Sprachen, Kultur und Tier-und Pflanzenwelt anderer Länder und ich denke, dass der Grundstein dafür tatsächlich in meiner frühen Kindheit gelegt wurde. Eine gesteigerte Gefahr beim Reisen mit Kleinkindern sehe ich ebenfalls nicht… wie du selbst sagst, ist das lediglich eine Frage guter Planung und Organisation. Toll, dass dein Mann dich dabei unterstützt! Vielleicht schafft ihr es ja doch mal, ihn auf eines eurer Abenteuer mitzunehmen – als ehemals Selbstständige, weiß ich wie schwierig es sein kann.

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