Im Lastwagen durch die Welt

Simone und Olaf Patt haben ihr ganzes Hab und Gut verkauft und sind mit einem umgebauten Lastwagen auf Weltreise gegangen. Simone zieht nach 2,5 Jahren auf Achse fürs Weltreisemagazin eine Zwischenbilanz.

WRM: Simone, auf früheren Reisen hattet ihr einen VW-Bus. Heute seid ihr mit einem Lastwagen unterwegs. Was hat euch bewogen, die Klasse zu wechseln?

Simone: Der Bus steht noch in Deutschland und wartet auf den nächsten Einsatz.  Für einen vollständigen Ausstieg und so eine lange Reise wäre er zu klein gewesen. Deshalb haben wir uns für einen Magirus Deutz (4×4) mit einem LAK II-Aufbau vom ehemaligen DDR-Militär entschieden. In diesem Koffer haben wir all unsere Ideen und Vorstellungen verwirklicht und haben nun genug Stauraum für unsere Frühling-, Sommer-, Herbst- und Winter-Kollektion. Auch die Campingausrüstung, die wir für längere Wanderungen brauchen, ein Motorrad und vieles mehr findet Platz. Dazu kommt, dass der 32 Jahre Wagen robust ist und einiges aushalten kann. Seit Ende 2009 haben wir mit ihm 85.000 Kilometer auf Sand- oder Steinpisten und auf schlechten Straßen zurückgelegt und wurden bisher nie enttäuscht. Erwähnenswert ist auch die höhere Sicherheit, wenn wir an nicht so belebten Plätzen nächtigen, da der LKW auf Grund der Höhe kaum einnehmbar ist.

Außerdem könnt ihr euch vermutlich besser selbst versorgen.

Das war auch eine wichtige Überlegung. Wir wollten für sehr lange Zeit autark sein und die großen Diesel- und Wassertanks haben nun mal nur in einem LKW Platz. Unsere Tanks fassen 555 Liter Wasser und 730 Liter Diesel. Wir verfügen außerdem über Solarstrom, mit dem wir uns für zirka einen Monat selbst versorgen können und einen Kühl- und Gefrierschrank sowie einen Backofen für leckeres deutsches Brot betrieben können.

Seid ihr mit dem Ausbau nach 2,5 Jahren noch zufrieden? Was würdet ihr heute anders machen?

Diese Frage stellen wir uns auch immer wieder. Bis heute haben wir nur den 220 Volt Warmwasserboiler gegen einen 12 Volt betriebenen Boiler gewechselt und den großen Wassertank mit 300 Litern hätten wir aus Kunststoff anstatt aus Edelstahl mit zu dünnem Blech wählen sollen. Ansonsten sind wir mit all unserer Ausstattung vollkommen zufrieden.

Mit der Fahrzeuggrösse musstet ihr euch aber wohl Parkprobleme und Schwierigkeiten im Stadtverkehr erkaufen.

In Kanada und in den USA gab es überwiegend Parkplätze in Überlänge. Und hier in Zentralamerika wie auch zuvor in Marokko war es nie ein Problem, wenn wir einmal zwei Parkplätze belegen. Olaf ist beim Verkehr in den Städten sehr schmerzfrei und hat auch keine Angst, in enge Gassen zu fahren. Das geht also auch recht gut. Nur mit der Höhe gab es hin und wieder Probleme: Wir haben schon zwei Mal eine tiefliegende Stromleitung mitgerissen. Einen gewissen Nachteil bringen die höheren Kosten mit sich, zum Beispiel bei den Verschiffungen, aber auch durch den stärkeren Dieselverbrauch. Er liegt bei rund 26 Litern pro 100 Kilometern, was für ein elf Tonnen schweres Gefährt noch ganz im Rahmen liegt und bei den tiefen Spritpreisen außerhalb Europas auch nicht so stark zu Buch schlägt.

Wenn wir schon beim Thema Geld sind: Was habt ihr in euren Magirus investiert?

Wir haben vor allem viel Zeit investiert, weil es einfach zu teuer gewesen wäre, alles machen zu lassen. Für die Planung und die Umsetzung benötigten wir sicher rund 6000 Arbeitsstunden, die wir über einen Zeitraum von 2,5 Jahren leisteten. Das letzte Jahr vor der Abreise waren wir nur noch mit dem Umbau beschäftigt und es erschien uns wie eine „Never Ending Story“. Aber wir wollten unbedingt vermeiden, dass wir unterwegs noch schrauben müssen.

Und was braucht ihr für den Unterhalt?

Das hängt von vielen Faktoren ab und ist deswegen schwer zu sagen. Was kostet das Essen? Müssen wir auf einen Campingplatz oder können wir wild campieren? Woher  bekommen wir das Wasser und was kostet das? Und dann kommen natürlich noch Eintrittspreise für Sehenswürdigkeiten dazu oder solche Extras wie ein Rundflug über den Grand Canyon oder eine Bootsfahrt zu Dörfern wie Livingston in Guatemala. Und ein wichtiger Faktor ist das bereits erwähnte Diesel: Was kostet es im jeweiligen Land und wie sind die Straßen beschaffen? Sandpisten erhöhen natürlich den Verbrauch im Vergleich zu Autobahnen. Am teuersten war es bisher in Alaska, wo wir monatlich Ausgaben zwischen 1500 bis 1800 Euro hatten.

Wie macht ihr das als Langzeitreisende eigentlich unterwegs mit den Einnahmen? Wie könnt ihr auch auf der Reise was verdienen?

Wir haben damals fast alles verkauft, was uns wichtig war. Zum Beispiel das Haus. Unser Finanzberater hat für uns ein maßgeschneidertes Konzept erstellt, so dass wir in der Lage sind, nur von unseren Zinseinnahmen gut leben zu können. Zusätzliche Einnahmen haben wir, indem wir auf unserer Homepage gelegentlich einen Link verkaufen. Außerdem nahm uns ein sehr bekannter Reisebuchverlag einige Fotos ab.

Wie ist der Kontakt zu den Einheimischen, wenn man mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs ist? Man lernt ja niemanden im Bus oder Zug kennen.

Der Kontakt zu Einheimischen ist uns sehr wichtig , da wir bei unserem Ausstieg mehr Zeit für das Kennenlernen der Kulturen und auch mit den dort lebenden Menschen verbringen wollten. Meistens ergeben sich spannende Begegnungen von selbst, sobald wir in unserem Gefährt irgendwo auftauchten. Ansonsten ist unsere Offenheit der Schlüssel zum Kontakt und auch unsere Hunde führen immer wieder zu Gesprächen.

Wie soll’s später einmal weitergehen? Ist ein Ende der Reise in Sicht?

In diesem Jahr wollen wir kurz nach Deutschland zu Familien und Freunden fliegen, da wir sie schon drei Jahre nicht mehr gesehen haben. Danach werden wir nach Südamerika übersetzen, wo wir die nächsten Jahre verbringen wollen. Wie es danach aussieht, steht in den Sternen. Vielleicht eine Verschiffung nach Australien oder Südafrika? Das Leben hat uns gelehrt, dass wir solche lange Zeitphasen nicht planen können – oder dies auch gar nicht mehr wollen – da wir ständig von Neuem überrascht werden. Ein Ende der Reise ist aber zurzeit nicht geplant, da die nächsten Länder ja schon auf uns warten.

Die Abenteuer von Simone und Olaf Patt könnt ihr auf der Website www.two-vagabonds.de mitverfolgen. Dort gibt es auch zahlreiche Fotos.

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Oliver Zwahlen

Oliver ist ein passionierter Reiseblogger und Reisebuchautor aus der Region Basel, Schweiz. Er schrieb unter anderem die Bücher 111 Gründe, China zu lieben und Lost Places in den Schweizer Alpen. Seit über 20 Jahren nutzt Oliver jede Gelegenheit, mit dem Rucksack durch die Welt zu ziehen und darüber zu schreiben..

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5 Kommentare

  1. Ich habe erstmals im August 2009 den ersten Artikel in der Siegener Zeitung von diesem sympathischen Ehepaar gelesen und fand diesen „Lebenstraum“ so beeindruckend und faszinierend, dass ich natürlich auch deren Homepage besucht habe, weil ich mehr erfahren wollte. Seit dieser Zeit schaue ich regelmäßig auf der Homepage vorbei und lese mit Begeisterung die tollen Berichte über fremde Länder und deren Kulturen, welche mit atemberaubend schönen wie interessanten Bildern hinterlegt sind. Ich kann durchaus sagen, dass ich seitdem von diesem „Vagabunden-Virus“ infiziert bin. Gleichwohl würde ich selbst diesen Mut nie aufbringen, alles aufzugeben, was mir lieb und wert ist. Dazu gehören natürlich auch zwei mit den gleichen unbändigen Vorlieben für weite Reisen und fremde Kulturen – daher ziehe ich den Hut vor Simone und Olaf, die ihren Traum „leben“. Ich kann jedem empfehlen, diese Homepage der mittlerweile vier Vagabunden zu besuchen – es ist ein Genuss sondergleichen, deren Lebenstraum von Anfang an mitzuerleben und jedem neuen Bericht (und neuerdings auch Videos) mit Spannung zu erwarten. Auf dieser Homepage kann man unbeschwert die Seele „baumeln“ und sich treiben lassen ….

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