Harmonie auf Langzeitreisen: 5 Bloggerpaare verraten ihre Tipps

Reisen bedeutet nicht immer nur Friede, Freude und Eierkuchen. Gerade Paare können sich unterwegs leicht in die Haare geraten. Wir haben fünf bloggende Paare nach ihren Geheimtipps gefragt, wie sie auf Langzeitreisen Harmonie halten können.

Sabine und Burkhard von pistenkuh.de

Sabine und Burkhard zum Urgestein der Langzeitreisenden. Seit 30 Jahren ist das Paar unterwegs, davon die letzten 9,5 Jahre mit einem umgebauten Lastwagen. Ihr Rezept auf Reisen: Keine Streitigkeiten auf den nächsten Tag übertragen.

Der große Unterschied zu Reisezweckgemeinschaften ist sicherlich der, dass wir uns lieben. Streit, selbst Missstimmungen kommen so gut wie nie vor. Ich weiß nicht, woran es liegt, vielleicht an unserer beiderseitigen Harmoniebedürftigkeit oder an Vermeidungsstrategien, die inzwischen so verinnerlicht sind, dass wir sie gar nicht mehr wahrnehmen und im Unbewusstsein ablaufen. Es gibt ein paar Grundsätze:

  1. Keine Schuldzuweisung. Wenn etwas schief läuft, gibt es grundsätzlich keine Schuldzuweisung. „Du hättest aber…“ kommt bei uns nicht vor. Warum auch, es ist Geschichte, jetzt geht es darum, gemeinsam eine Lösung zu finden, die die Auswirkungen der vorherigen Fehleinschätzung oder Fehlentscheidung (des Partners) minimiert.
  2. Ich mache mir immer klar, um welchen materiellen Wert soll gestritten werden. Unter 5.000 Euro streite ich nicht. Der kaputtgefahrene Kotflügel – egal wer ihn auf dem Gewissen hat – ist den Streit nicht wert und ein verbrannter Toast, eine umgekippte Flasche Wein schon mal gar nicht.
  3. Zeit gewinnen. Bahnt sich ein Streit an, wird dieser durch eine Aktion unterbrochen, die mindestens drei Minuten Luft schafft. Zum Beispiel erst mal in Ruhe einen Kaffee kochen, dazu ein Stück Schokolade aus dem Notvorrat, ein Mini-Spaziergang oder so was. Die drei Minuten reichen, um die Sache abzukühlen, sich Argumente zu überlegen, sachlich zu bleiben und sich vor allem daran zu erinnern, dass es nicht um Schuld geht, sondern um eine Lösung.
  4. Wünsche des Partners werden umgesetzt, danach wird für die Zukunft entschieden. Ablehnungen, ohne es ausprobiert zu haben, gibt es nicht. Will Sabine beispielseweise mit dem Schlittenhund durch Grönland reisen, werden wir das tun, auch wenn ich da überhaupt nichts Schönes dran finden kann. Mit der einmaligen Erfahrung wird dann für die Zukunft entschieden, ob wir öfters Schlittenhundetouren machen oder ob es bei der einmaligen Aktion bleibt. Ein immer wieder kehrender Streit, um Wünsche zu realisieren, ist nicht nötig. Jede Idee ist mit dem Partner umsetzbar, ganz ohne Streit.
  5. Keine Meinungsverschiedenheit wid auf den nächsten Tag übertragen. Jeder Tag endet mit einem Kuss und jeder neue Tag startet als weißes Blatt ebenso mit einem Kuss.

Manu und Nadine von farawayfromhome.net*

Manu und Nadine aus der Schweiz sind seit sechs Monaten auf einer Backpackertour, die sie bisher hauptsächlich durch Ostasien gebracht hat. Die beiden versuchen alles mit Humor zu nehmen.

Vor der Abreise haben wir keine „Strategie“ entwickelt, wie wir stressige Situationen entschärfen könnten. Rückblickend war es richtig, keine Zeit in einen „Stresssituationen-Notfallplan“ zu investieren, da man beim Reisen mit jedem Schritt Neuland betritt und eine „vorgefertigte“ Strategie kaum anwendbar gewesen wäre. Die Reaktion auf eine Situation entsteht immer erst im Moment und fordert uns als Paar konstant heraus.

Wir sind nun schon über sechs Monate unterwegs und haben einige Erfahrungen mit Stresssituationen sammeln „müssen“ und wie wir darauf reagieren! Mittlerweile wissen wir, dass sich die Streitereien im Grunde genommen stets auf eine Situation beziehen und nicht auf uns als Paar.

Die wohl beste „Strategie“, die wir entwickelt haben und weiter empfehlen, ist das Ganze im Nachhinein mit Humor zu nehmen und darüber zu lachen. Stresssituationen darf man nicht als Blockade oder Gegner ansehen, sondern mehr als Herausforderung und Spiel. Wie schaffen wir es zum Beispiel beim nächsten Wasserkauf schneller den angemessenen Preis zu erhalten, ohne dass wir dabei vorangegangene „missratene“ Situationen aufleben lassen? Wir versuchen mit Witz und Schalk zu reagieren, Selbstironisch zu sein.

Uns ist bewusst, dass dies nicht immer gelingt und es funktioniert auch nicht immer so, wie wir uns das vorstellen. Aber wir arbeiten daran.

(Blog existiert nicht mehr)

Eva und Flo von backpackingXL.com*

Eva und Florian sind seit acht Monaten auf einer grossen Backpackertour um die Welt. Die letzten Monate verbrachten sie hauptsächlich in Südostasien. Bei den beiden darf hin und wieder gemotzt werden. Es braucht einfach eine Entschuldigung danach.

Streitereien kommen in jedem guten Haushalt vor und auf Reisen leider sogar häufiger als in den eigenen vier Wänden. In 99 Prozent aller Streitfälle hat das bei uns jedoch nichts mit dem anderen zu tun, sondern nur mit der augenblicklichen Situation. Man hat Hunger, schwitzt oder ist einfach nur angenervt von einem langen Reisetag. Flo will zum Beispiel auf schnellstem Wege ins nächste Restaurant, ich hingegen bleibe bei einem Shop hängen und prüfe kritisch das Preisleistungsverhältnis der Klamotten. Das kann Mann nicht verstehen, nörgelt, wird pampig und schon hängt der Haussegen schief. Doch zum Glück nicht lange!

Bei uns darf gemeckert werden, um sich Luft zu verschaffen, der andere hört zu und wir lassen uns erst mal gegenseitig in Ruhe. Nach kürzester Zeit folgt allerdings der wichtigste Part: die Entschuldigung. Jeder ist mal schlecht drauf und fährt den anderen an, das ist normal bei einer 24/7-Beziehung, doch muss man auch dazu stehen, dass man gerade etwas zu ruppig oder Ich-bezogen war.

Wir geben uns immer zu verstehen, dass es an der Situation lag und nicht am Gegenüber und schon gar nicht stellen wir unsere Liebe in Frage. Ganz im Gegenteil: Trotz vermehrter Streitereien auf der Reise sind wir als Paar noch viel enger zusammengewachsen.

(Blog existiert nicht mehr)

Rebecca und Michael von Strandtaenzer

strandtänzer

Das Paar ist seit etwas mehr als sechs Monaten unterwegs und wird noch fünf weitere Monate auf Achse sein. Sie empfehlen, sich frühzeitig klar zu werden, was man von einer Langzeitreise erwartet.

Um es gleich vorweg zu nehmen: ein Patentrezept zur Entschärfung von Konfliktsituationen können wir nicht bieten. Allerdings gibt es doch einige wichtige Punkte, die uns bereits bei der Reiseplanung wichtig erschienen, um potentiell schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten während der Reise möglichst einzuschränken. Wer einfach ohne den geringsten Plan mit seinem Partner ins Unbekannte loszieht, ist zwar super spontan. Er läuft aber Gefahr, irgendwelche Grundsatzdiskussionen auf der Reise führen zu müssen.

Zwei Punkte waren für uns besonders wichtig:  Eine klare Budgetregelung. Das heisst, wie viel können beziehungsweise wollen wir pro Tag ausgeben.  Eine Absprache der Art der Reise. Wenn der eine für extreme Abenteuerreisen packt und der andere sich seelisch nur auf Thai-Massagen freut, ist der Streit vorprogrammiert.

Im Weiteren ist es sicherlich für das tägliche Zusammenleben und das ganze Reiseerlebnis förderlich, wenn wesentliche Interessen in etwa gleich sind. Interessiert sich die Frau für die lokalen kulinarischen Highlights während der Mann lediglich auf die heimische Küche von zu Hause schwört und am liebsten jedem McDonalds und Burger King einen Besuch abstatten würde, ja, dann werden wohl bald die ersten dunklen Wolken über dem reisenden Pärchen heraufziehen (vor allem wenn es dann weit und breit keine Burgerläden gibt). Liebt der Mann, jede Nacht  bis in alle Früh in den Ausgang zu gehen, während sie lieber noch im Bett ein paar Seiten ihres spannenden Buches liest, dann hat man wohl erst spät bemerkt, dass  gravierende Unterschiede vorliegen.

Freiräume sollte man sich unbedingt zu gestehen. Eine gehörige Portion Toleranz für diese intensive Zeit ist sicherlich ebenfalls von Nöten.

Und zu guter Letzt noch dies: Wer als Paar auf eine  längere Reise aufbricht, sollte sich sicherlich bereits Gedanken über eine gemeinsame Zukunft gemacht haben. Trotzdem sind auch wir hin und wieder der einen oder anderen Gehässigkeit ausgesetzt und haben laute und wortreiche Gefechte.

Am besten nichts unter den Teppich kehren, die spätere wahrscheinlich grössere Explosion macht es nicht besser. Unser Rezept: Warten bis die Sicht nach dem Bombenhagel wieder frei ist! Oder einfacher: Cool bleiben!

Lena und Bernd von Globetrotting.eu*

Bernd und Lena

Das Paar war von August 2011 bis Weihnachten 2012 von Vancover zurück nach Berlin einmal rund um die Erde gereist.  Derzeit sind die beiden auf einem einmonatigen „Kurztripp“ in Sri Lanka unterwegs. Ihr Tipp: Eine klare Aufgabenverteilung.

Unser Tipp für alle langzeitreisenden Pärchen ist, dass man niemals seinen Respekt voreinander verlieren darf. Und wenn es mal zu Konflikten kommt, dann kann man so manches mit viel Humor wieder geradebiegen.

Wir haben mit der Zeit feste Rituale eingeführt, so war zum Beispiel Bernd für die Reiseplanung für den nächsten Tag verantwortlich war und Lena für alles rund um die Finanzen. So gibt es eine klare Aufgabentrennung und man kann die Schuld nicht dem anderen zuschieben.

Es ist natürlich wichtig, dass man auch mal Zeit  für sich hat und vielleicht einen halben Tag etwas getrennt macht. wir jedoch haben festgestellt, dass wir weniger „Freiheit“ brauchten als erwartet.

* Dieser Blog besteht leider nicht mehr.

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Oliver Zwahlen

Oliver ist ein passionierter Reiseblogger und Reisebuchautor aus der Region Basel, Schweiz. Er schrieb unter anderem die Bücher 111 Gründe, China zu lieben und Lost Places in den Schweizer Alpen. Seit über 20 Jahren nutzt Oliver jede Gelegenheit, mit dem Rucksack durch die Welt zu ziehen und darüber zu schreiben..

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4 Kommentare

  1. Vielen Dank für die schönen Interviews! Jetzt bin ich auf den nächsten Teil gespannt, in dem reisende Familien ihre Harmonie-Geheimnisse verraten. DAS ist nämlich die eigentliche Herausforderung; harmonische Reisen ohne Kinder sind aus meiner heutigen Sicht ein Klacks ;-)

    Gruß
    Jenny

  2. Pingback: Fundstücke der Woche: Traumhaftes Sumatra, Beziehungstipps, Motorradreisen und mehr › Indonesien, Myanmar, Thailand, Vietnam › Faszination Südostasien
  3. Ich mag das Prinzip „unter 5.000 EUR streite ich nicht.“ grandios!

    Auf Reisen haben wir festgestellt, dass die schönen gemeinsamen Erlebnisse überwiegen. Wenn einer mal nicht so gut gelaunt war, wurde das dann wenig später durch einen tollen Moment (etwas entdecken, ein tolles Essen, usw.) ausgeglichen. Ab und zu hat aber auch mal einer alleine eine kleine Stadttour gemacht (kleine Zimmer, ihr wisst schon…).

    Übrigens: Der Satz „I have to diuscuss with my wife“ mit dem du-verstehst-schon-Unterton hat jeden eifrigen asiatischen Verkäufer in seinen Verkaufsbemühungen stoppen lassen. Das ist immer noch unser Running-Gag.

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