Guanajuato: Wieso mir diese Stadt so gut gefiel

Alte Kolonialstädte gibt es rund um Mexiko-Stadt in Hülle und Fülle. Wenn du nur Zeit für eine einzige hast, dann solltest du Guanajuato auswählen. In diesem Artikel erkläre ich, wieso mir die alte Siberstadt so gut gefiel und was du dort unternehmene kannst. Eine subjektive Beschreibung.

Eigentlich bin ich kein grosser Freund von Kolonialstädten. Ja, sie sind oft wunderschön. Aber oft gleichen sie auch einfach ihren europäischen Vorbildern und erinnern gleichzeitig an ein wenig rühmliches Kapitel der unserer Geschichte. Umso mehr erstaunt mich, dass ausgerechnet Guanajuato der Ort geworden ist,der mir während meiner Mexiko-Reise am besten gefiel.

Meine Begeisterung für das kleine Städtchen führe ich darauf zurück, dass er mich gleich in mehreren Hinsicht ansprach. Mir gefiel die Stimmung, die Umgebung und natürlich auch die Architektur. Vor allem aber fand ich schön, dass Guanajuato in seinem Herzen eine Stadt für Mexikaner geblieben ist. In diesem Artikel versuche ich, die einzelnen Punkte auseinanderzunehmen.

1. Das innovative Verkehrssystem

Du magst mich nun für verrückt halten, aber das, was mich in der Stadt am meisten faszinierte, war das aussergewöhnliche Verkehrssystem. Unter Guanajuato verlaufen nämlich zahlreiche Tunnels mit wilden Kreuzungen, Abzweigungen, Bushaltestellen und Auf- und Abfahrten. Ich fühlte mich gleich in meine Kindheit versetzt, als ich ein grosser Fan der TV-Serie Fraggles war.

Es gibt zwar einige Tunnels, die ausschliesslich für Fussgänger sind, doch die meisten dienen dem motorisierten Strassenverkehr und sorgen dafür, dass die Innenstadt auch ohne Fahrverbote kaum Verkehr hat. Damit nicht genug: Alle Tunnels, die ich sah, hatten Bürgersteige, welche dir erlauben, auch zu Fuss gewaltige Abkürzungen zu nehmen.

Keine Sehenswürdigkeit, trotzdem faszinierend: Vom Verkehrskonzept Guanajuatos könnten viele europäische Städte lernen. Foto: O. Zwahlen
Keine Sehenswürdigkeit, trotzdem faszinierend: Vom Verkehrskonzept Guanajuatos könnten viele europäische Städte lernen. Foto: O. Zwahlen

Angesichts von Geschwindigkeitsbeschränkungen von 20 Stundenkilometern ist es überraschend angenehm, neben den Autos und Bussen zu laufen. Zudem sind insbesonders die älteren Tunnels baulich sehr schön gestaltet. Interessant ist auch, wie die Ein- und Ausfahrten geschickt ins Stadtbild integriert werden konnten.

Etwas traurig ist allerdings, wieso die Tunnels überhaupt gebaut wurden. Der Fluss, der durch die Stadt führt, trat in der Vergangenheit während der Regenzeit immer wieder über die Ufer und richtete teilweise verheerende Verwüstungen an. Um dem entgegen zu wirken, wurden unterirdische Kanäle errichtet, durch die das Wasser abfliessen konnte. Da der Fluss den grössten Teil des Jahres jedoch kein Wasser führt, gab die Stadt die Tunnels für den Verkehr frei.

2. Studenten statt Touristen

Wer meinen Blog und mich kennt, weiss: Ich gehöre nicht zu denen, die einen Ort verdammen, nur weil er Besucher anzieht. Meinen Standpunkt dazu habe ich hier bereits ausführlich kundgetan. Trotzdem gefiel mir an Guanajuato, dass es sich (anders als das nahe gelegene San Miguel Allende) nicht fast ausschliesslich an den Bedürfnissen des internationalen Tourismus orientiert, sondern im Kern eine Stadt für Mexikaner geblieben ist.

Im Herzen eine Studentenstadt: In Juanajuato finden abends zahlreiche kleine Konzerte statt. Foto: O. Zwahlen
Im Herzen eine Studentenstadt: In Juanajuato finden abends zahlreiche kleine Konzerte statt. Foto: O. Zwahlen

Besonders auffällig sind die vielen Mexikaner, die hier studieren. Das hat weitreichende und meiner Meinung nach sehr positive Konsequenzen für die Stadt. Zum einen gibt es jede Menge tolle Möglichkeiten, um günstig und lecker zu essen. Zum anderen beleben die jungen Menschen die historischen Gassen ungemein. Viele von ihnen musizieren, andere führen akrobatische Kunststücke auf. Das macht einen Teil der tollen Stimmung hier aus.

Wer möchte, kommt mit den Studierenden übrigens leicht ins Gespräch – zumal viele auch etwas Englisch sprechen und die Sprache gerne mit einem Ausländer üben.Viele Studenten findest du rund um die Universität, die alleine schon wegen ihrer auffälligen Architektur auf deinem Plan stehen sollte.

3. Grandiose Aussichtspunkte

Guanajuato liegt in einem Tal und ist von teilweise steilen Bergen umgeben. Viele davon lassen sich ohne grösseren Aufwand besteigen. Doch auch innerhalb der Stadt gibt es jede Menge Aussichtspunkte. Der bekannteste ist wohl beim Denkmal für den (historisch umstrittenen) Unabhängigkeitshelden El Pipila, zum dem du mit einer ruckeligen Standseilbahn hochfahren kannst.

Tolle Aussicht: Blick von der Terrasse der Casa Bertha. Foto: O. Zwahlen
Tolle Aussicht: Blick von der Terrasse der Casa Bertha. Foto: O. Zwahlen

Doch auch viele Hostels und Hostels verfügen über Dachterrassen, von denen du auf die Stadt runterschauen kannst. Ich verbrachte einen Tag länger in der Stadt als geplant, um auf der Terrasse meines Hotels sitzend einen Text für den Blog zu schreiben.

4. Wunderschönes Stadtbild und Café-Kultur

Meine Heimatstadt Basel nennt sich selber „Weltstadt im Taschenformat“. Ich mag den Slogan nicht besonders und  finde sogar, dass er für Guanajuato treffender ist. Die Stadt war in ihrer Blütezeit eine der grössten Siedlungen Lateinamerikas und konnte dank der ergiebigen Silberminen grossen Reichtum anhäufen.

Das Resultat sind nicht nur die zahlreichen Kolonialgebäude in der ganzen Stadt, sondern auch ein reichhaltiges kulturelles Leben. Obwohl heute nur noch etwa 70.000 Menschen in Guanajuato leben, leistet sich der Ort zwei grössere Theater, die noch immer regelmässig Aufführungen bieten.  Eines davon ist das Teatro Benito Juarez, das du im obersten Foto sehen kannst.

Wunderschöne Parks bereichern die Innenstadt von Guanajuato. Foto: O. Zwahlen
Wunderschöne Parks bereichern die Innenstadt von Guanajuato. Foto: O. Zwahlen

Viele der historisschen Gebäude beherbegen heute hübsche Cafés, in denen du sitzen und das Leben auf den Gassen beobachten kannst. Ebenfalls sehr schön sind die Parks im Stadtzentrum.

5. Aussergewöhnliche Sehenswürdigkeiten

Für Fans von Michael Jacksons Video „Thriller“ ist ein Besuch des Mumienmuseums vermutlich ein absolutes Muss. Denn hier sind jede Menge mumifizierte Leichen ausgestellt, die ziemlich genauso aussehen, wie in dem bekannten Clip. Für mich war das Museum jedoch einer der wenigen Punkte an Guanajuato, der mir nicht so gut gefiel.

Nichts für Leute mit schwachen Nerven: Mumie im Museum in Guanajuato. Foto: Dan Nevill / Flickr
Nichts für Leute mit schwachen Nerven: Mumie im Museum in Guanajuato. Foto: Dan Nevill / Flickr

Zunächst einmal wird hier alles ziemlich reisserisch dargestellt. Die Mumien befinden sich teilweise in extra schlecht ausgeleuchten Kellergewölben, um die Gruselatmosphäre zu verstärken. In einer Ecke waren Totenschädel aufgeschichtet, eine andere Leiche hing im Treppenhaus. Was auf einer Geisterbahn für Stimmung sorgt, fand ich gegenüber echten Verstorbenen doch etwas pietätslos. Kein Wunder, dass Besucher in dieser Atmosphäre geschmacklose Posen von den Exponaten einnehmen.

Das ist schade, denn eigentlich klingt das Museum ganz interessant. Als man auf dem Friedhofe (gerade oberhalb des Museums) Platz schaffen wollte und deswegen alte Leichen ausgrub, entdeckte man, dass sie wegen der einzigartigen Beschaffenheit des Bodens nicht verwest sind. Da dies sehr aussergewöhnlich ist, entschloss man sich in den 1970ern, die Mumien in einem eigenen Museum auszustellen.

Etwas besser hätte mir vermutlich ein Ausflug in eine der Minen gefallen. Dass es sogar möglich sein soll, ins Innere eines historischen Bergwerks zu gelangen, erfuhr ich leider erst, nachdem ich wieder abgereist war.

Praktische Tipps

Anreise: Guanajuato befindet sich in der Nähe von San Miguel Allende und Queretaro. Während ich mich mit San Miguel Allende nicht recht anfreunden konnte und man den Ort meiner Meinung nach auslassen kann, gefiel mir Queretaro sehr gut. Hier ein paar Ausflugstipps für Queretaro und Umgebung. Ebenfalls in relativer Nähe befindet sich die entspannte Grossstadt Guadalajara.

Unterkünfte: In Guanajuato gibt es jede Menge günstige Backpacker-Unterkünfte. Einige davon liegen sehr zentral und bieten Betten in Schlafsälen schon ab 100 Pesos (6,50 Euro) an. Einzelzimmer gibts etwa ab dem doppelten Preis. Ich selber nächtigte im Casa Bertha, das mit wegen seiner tollen Terrasse mit Ausblick auf die Stadt gut gefiel. Bei meinem Besuch im Februar 2015 waren die Hotels kaum belegt. Im Sommer könnte es sich aber lohnen, ein Zimmer zu reservieren. Günstige Unterkünfte findest du beispielsweise auf booking.com.

Wetter: Guanajuato liegt auf rund 2000 Metern und das Klima ist überhaupt nicht so, wie man sich Mexiko vorstellt. Als ich abends auf der Terrasse an meinem Blog arbeitete, musste ich meine Daunenjacke anziehen, um nicht zu frieren. Die Temperaturen können durchaus bis fast auf den Nullpunkt fallen. Was die Situation zusätzlich verschlimmert: Die meisten Unterkünfte haben keine Heizung. Wenn du also im Winter unterwegs bist, solltest du besser einen dicken Pullover zum Schlafen mitbringen. Für weitere Packtipps siehe hier.

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// Hinweis zu den Bildrechten: Mumien-Museum, Vielen Dank, dass ihr die Bilder unter einer CC-Lizenz zur Verfügung gestellt habt. //

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