Denkst du auch zuerst an felsige Strände und jede Menge Sonnenschein, wenn du von der Algarve hörst? Das ist nicht falsch. Die portugiesische Sonnenstube hat aber auch jede Menge Gaumenfreuden zu bieten, die dank spezieller Foodtouren leicht zu entdecken sind. Ein Schlemmerbericht.
Antonio schüttelt kurz die Hand und nimmt dann den Weichkäse in Empfang. Es ist nicht die erste Hand, die unserer Führer an diesem Vormittag im Markt von Faro schüttelt. Man kennt den Gründer von Eating Algarve Food Tours: Der sympathische Jungunternehmer hat es sich zur Aufgabe gemacht, Besuchern die portugiesische Essenskultur näher zu bringen – wo ginge das besser als auf dem lokalen Markt?
Der Frischkäse liegt in feinen Scheiben vor uns auf der Theke. „Er ist genau ein Tag alt“, erklärt Antonio – und genau so lange wird der Queijo frecso de cabra verkauft. Was am Abend noch da ist, geht in die Käserei zurück und wird dort ein paar Wochen gelagert, bis es sich in einen beliebten Hartkäse verwandelt hat und erneut in den Verkauf kommt. „Auf diese Weise gibt es keine Reste.“
Die kulinarischen Rundgänge, die Antonio seit kurzem anbietet, dauern rund vier Stunden. Wir haben uns für die „Fisherman Tour“ entschieden. Sie folgt den Spuren der hiesigen Fischer und – was fast noch wichtiger ist – beinhaltet jede Menge Seefood und andere Leckereien. Insgesamt halten wir an fast einem Dutzend Orten an. Dabei erzählt uns Antonio nicht nur gekonnt von den römischen, maurischen und mittelalterlichen Übrigbleibseln in der Stadt, sondern auch vom alltäglichen Leben der Menschen.
Kulinarische Geheimtipps
Da sind zum Beispiel Judite und Custodio. Das ältere Ehepaar betreibt in einer Ecke des Markts einen Familienbetrieb, in dem sich die Arbeiter seit bald 60 Jahren mit einer einfachen, aber leckeren Suppe aus Brotresten, Ei und Fisch stärken. Der Betrieb sei früher grösser gewesen, erzählt uns Custodio, man habe die Kunden über zwei Etagen verköstigt. Doch als der Markt vor elf Jahren renoviert wurde, sei ihr Restaurant etwas kleiner geworden. Am Tatendrang der beiden kann es nicht liegen.
Ein paar Stopps später landen wir im Restaurant Chalavar. Kaum haben wir uns an die Tische mit den karierten Tischtüchern gesetzt, landet eine Schale mit überbackenen Austern vor uns auf dem Tisch. Ich steche mit der Gabel ins Fleisch, doch Antonio unterbricht mich: „Richtig Austern essen, das geht nur mit Schlürfen“, erklärt er.
Doch so richtig gelingen will mir das nicht. Ich mogle mit den Fingern, die anschliessend nach Muscheln und Knoblauch riechen. Das macht nichts, lacht Antonio und erklärt, wie man sich in Faro die Hände richtig wäscht. Vor der Toilette steht ein Krug mit Wein. Dieser, so die Logik, entfernt den Fischgeruch besser als Wasser. Dass meine Finger nun nach Wein riechen und ich mir wie ein heimlicher Alkoholiker vorkomme, ist ein anderes Thema.
Die vergessene Insel vor der Küste
Auch der nächste Tag steht ganz im Zeichen der Gastronomie. Diesmal geht es auf Culatra. Das ist eine der fünf Inseln vor Faro und Olhão. Obwohl es nur gerade drei Kilometer bis zum Festland sind, trennt die Lagune der Ria Formosa hier zwei Welten: Auf den vergessenen Inseln gibt es nichts als kleine Fischersiedlungen mit ein paar wenigen Seafood-Restaurants. „Die Menschen wollen nicht von Touristen überschwemmt werden“, erklärt Diana, die mit ihrem Unternehmen Portugal4U Foodtouren auf der Insel durchführt. Das ist ihnen gelungen. Hotels und Pensionen sucht man auf der Insel vergebens
Wir schlendern gemütlich durch das Hauptdorf mit seinen knapp tausend Einwohnern. Vorbei an blumengeschmückten Bungalows und einem überraschend lebhaften Restaurant. Weiter geht es über einen langen Holzweg, der uns durch eine leere Dünenlandschaft führt und an einem kilometerlangen Strand mit feinstem Sand endet. In der Ferne sehe ich einen Mann mit einer Fischerroute in der Hand. Ansonsten ist der Traumstrand menschenleer. „Auch in der Hauptsaison wird es hier nicht viel voller“, meint unsere Führerin.
Austern essen auf Culatra
Der eigentliche Grund, wieso wir die Insel besuchen, sind jedoch die hiesigen Austern. „Mitunter die besten der Welt“, sagt Diana in einem Tonfall, der keinen Zweifel daran lässt, dass sie das ernst meint. Und die beste Art, die Qualität der hiesigen Austern zu erkennen, sei, sie frisch bei einem der Muschelzüchter zu probieren.
Den finden wir im Hafen. Hier ist auf der Ladefläche eines kleinen Fischerboots eine provisorische Theke aufgebaut. Darauf warten bereits acht Austern. Überrascht stellen wir fest, was Diana mit „frisch“ meinte: Der Austernzüchter wuchtet sie mit einem kurzklingigen Messer auf, beträufelt sie mit Zitrone und drückt mir die Schale mit der rohen Muschel in die Hand.
Auch hier gilt, was ich am Vortag bei Chalavar gelernt habe: Austern muss man schlürfen. Am besten so, dass ihr Fleisch zusammen mit dem Meereswasser in den Mund gelangt. Doch anders als gestern schmecken mir die Austern im rohen Zustand nicht so recht. Mir sind sie zu salzig und ehrlich gesagt auch ein bisschen zu schlabberig. Manchmal, das habe ich auf dieser Reise gelernt, bin ich eben doch zu wenig Gourmet.
Foodtour Algarve: Praktische Tipps
Anreise: Der Regionalflughafen von Faro wird aus dem deutschsprachigen Raum von verschiedenen Low-Cost-Carriern angesteuert. Teilweise allerdings nur saisonal. Alternativ kannst du nach Lissabon fliegen und in rund drei Stunden mit dem Zug nach Faro fahren. Hier findest du die wichtigsten Tipps für die Suche nach günstigen Flügen.
Unterkunft: Wir waren auf unserer Reise in der Casa Modesta in Olhão. Das preisgekrönte Boutique-Hotel begeistert nicht nur mit liebevoll eingerichteten Zimmern und einem grandiosen Design, sondern auch mit einem hervorragenden Frühstück. Achtung: Das kleine Hotel befindet sich etwas ausserhalb des Stadtzentrums und ist besonders in Kombination mit einem Mietwagen sinnvoll. Beachte auch meine 20 Ideen für die Suche nach einer Ferienwohnung.
Foodtouren: Bei den in diesem Artikel beschriebenen Touren handelt es sich um die „Fisherman Tour“ von Eating Algarve Food Tours und der Tour „Taste the Sea“ von Portugal4U. Schau dir aber auf alle Fälle auch noch andere Touren an, wie sie beispielsweise bei den Tourvermittlern getyourguide.de* oder viator.de* angeboten werden.
Selber machen: Wenn dich die Hintergründe und die Geschichten der Menschen nicht interessieren oder wenn du keine Lust auf eine Tour hast, kannst du die beschriebenen Orte auch problemlos auf eigene Faust erkunden. Am Hafen von Olhão findest du je nach Jahreszeit zwischen vier und sieben Fähren, die dich preisgünstig auf die Insel Culatra bringen. Den dortigen Strand und ein Restaurant, das Austern auf dem Menü hat, solltest du problemlos finden. Der Markt von Faro und das Restaurant Calavar sind in jeder guten Karte eingezeichnet.
Reiseführer für die Algarve: Wenn du mehr von der Algarve entdecken willst, empfehle ich dir den Reiseführer von Michael Müller. Der 264-seitige Band bietet ausführliche und vor allem aktuelle (Erscheinungsdatum: Juni 2017) Informationen zur südlichsten Region Portugals.
Weitere Ziele in der Algarve: Falls dir nach dem vielen Essen der Sinn nach einem längeren Verdauungsspaziergang steht, empfehle ich dir auf der Rota Vicentina zu wandern. Die wilde Küstenregion im Südwesten von Portugal gehört für mich zu den landschaftlich attraktivsten Regionen des Landes. Hier findest du mehr Infos zur Rota Vicentina.
Hinweis: Dieser Beitrag entstand mit Unterstützung des Tourismusamts der Algarve. Ausserdem enthält er vereinzelt Affiliate-Links.
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