Elektromobilität: Mit dem E-Bike ein Mal rund um Australien

Platten gehören bei Radreisen einfach dazu: Hier im australischen Outback. Foto: ZVG
Platten gehören bei Radreisen einfach dazu: Hier im australischen Outback. Foto: ZVG

Maximilian Semsch wollte wissen, was die neuen E-Bikes wirklich taugen und hat damit Australien umrundet. Im Gespräch mit dem Weltreisemagazin zieht der Abenteurer und Filmmacher Bilanz.

WRM: Auf deiner ersten Langzeitreise bist du mit einem gewöhnlichen Fahrrad von Deutschland nach Singapur geradelt. Diesmal nahmst du ein E-Bike. Bist du faul geworden?

Maximilian Semsch: Das ist ein Vorurteil, mit dem ich oft zu kämpfen habe. Ich würde nicht sagen, dass ich faul geworden bin, sondern viel eher neugierig. Nach meiner letzten Reise mit einem normalen Fahrrad, wollte ich einerseits auf das Rad als Fortbewegungsmittel nicht verzichten, aber dennoch etwas Neues ausprobieren. Das große Thema der Fahrradindustrie war in den letzten Jahren eindeutig die Elektromobilität. Jeder redet darüber, aber noch niemand hat diese Technik ernsthaft getestet. So war die Idee entstanden, die erste und bisher längste Testfahrt zu unternehmen. Ich wollte wissen, ob es überhaupt möglich ist, damit soweit zu fahren, und ob es noch etwas mit Radfahren zu tun hat, oder doch schon die Vorstufe zum Rollator ist, wie viele sagen.

Auch auf dem E-Bike kommt man ins Schwitzen. Foto: ZVG
Auch auf dem E-Bike kommt man ins Schwitzen. Foto: ZVG

Die neue Technik hättest du ja auch mit einem Elektroroller testen können. So musstest du dich ja trotzdem hauptsächlich auf deine Muskelkraft und nicht auf die Batterie verlassen.

Einer der größten Vorteile des Elektro-Rads ist, dass es eben noch immer ein Fahrrad ist. Selbst wenn der Akku leer ist komme ich noch vom Fleck. Anders sieht das bei Elektrorollern oder -autos aus. Und natürlich kommt dazu, dass ich leidenschaftlicher Fahrradfahrer bin und meine Muskelkraft gerne einsetze.

Du warst auch als Produktetester unterwegs und deine Erfahrungen werden voraussichtlich in die Produktion einfließen. Wo gibt es deiner Meinung nach noch Handlungsbedarf?

Ja, ich arbeite eng mit meinen Partnern und Sponsoren zusammen und meine Erfahrungen und Anregungen fließen tatsächlich in die Weiterentwicklung ein. Meiner Meinung nach ist die Technik insgesamt sehr ausgereift, trotzdem kann man natürlich immer etwas verbessern. Einer der größten Kritikpunkte ist vielleicht das Gewicht und die Akkureichweite, aber die Entwicklung geht auch hier rasant weiter. Alles in allem war ich positiv überrascht, wie zuverlässig die Technik heute schon ist.

Was sind die spezifischen Herausforderungen bei einer Reise mit einem E-Bike?

Die Reise ist nicht so viel anders als mit einem „normalen“ Fahrrad. Die größte Schwierigkeit war sicherlich das Laden der Akkus. Aber Steckdosen waren weiter verbreitet als ich mir das im Vorfeld gedacht hatte: auf öffentlichen Toiletten, im Stadtpark oder auch an den Tankstellen.  Wenn wir freundlich gefragt haben, durften wir eigentlich immer unsere Akkus dranhängen. Außerdem hatten wir für die leeren Gebiete Australiens eine große Solarzelle dabei. Je nach Sonneneinstrahlung konnten wir so zwei bis vier Akkus pro Tag nachladen.

Die Akkus wurden aber in einem Begleitfahrzeug geladen. Wäre das Unterfangen alleine überhaupt möglich gewesen?

Jein. Es war ja keine reine Reise, sondern auch ein Filmprojekt. Alleine die Kameraausrüstung wog fast 40 Kilo. Es wäre niemals möglich gewesen, das alles auf einem Fahrrad zu transportieren. Außerdem hatten meine Frau Marion und der Kameramann Frank, die in Australien dabei waren, schon im Vorfeld gesagt, dass sie keine Lust hätten, bei über 40 Grad Fahrrad zu fahren. Wenn man allerdings die Reise ohne den filmischen Aufwand betreibt, ist es auch möglich mit einem Pedelec ohne Begleitfahrzeug zu reisen. Das haben schon mehreren Leuten gemacht.  Dann würde man sinnvollerweise die Solarzelle auf einem Anhänger anbringen und mitziehen. Möglich ist das auf jeden Fall.

Kommen wir auf Australien zu sprechen. Was hat dich am roten Kontinent gereizt?

Ganz besonders die Natur. 80 Prozent der Tier- und Pflanzenwelt auf dem fünften Kontinent gibt es in keinem anderen Land der Welt. Auch die spektakulären Landschaften haben mich sehr beeindruckt. Und die Australier sind unglaublich nett und sehr aufgeschlossen. Wir wurden immer wieder von Leuten eingeladen.

Maximilian Semsch hat eine fünfstündige Video-Doku zu seiner Reise zusammengestellt. Mehr Infos mit Klick aufs Bild.
Maximilian Semsch hat eine fünfstündige Video-Doku zu seiner Reise zusammengestellt. Mehr Infos mit Klick aufs Bild.

Du hast in anderen Interviews immer wieder den starken Gegenwind beklagt. Hast du falsch geplant?

Im Norden Australiens hatte ich fast 7000 Kilometer Gegenwind, als ich von West nach Ost gefahren bin. Ich bin am Neujahrstag in Sydney gestartet und im Uhrzeigersinn um Australien geradelt. Der Grund dafür: Ich wollte im australischen Sommer nicht im Norden sein, da dann dort Regenzeit ist und das Klima unglaublich schwül-heiß wird. Wenn ich die Reise noch einmal machen würde, würde ich im April/Mai in Sydney starten und in die andere Richtung fahren.

Du hast die Videodokumentation bereits erwähnt. Was war dir beim Filmen besonders wichtig?

Ich mache keine reinen Länderdokus, das finde ich langweilig. Natürlich dreht sich die Doku um Australien, schließlich waren wir ein halbes Jahr dort. Aber mir geht es bei meinen Filmen vor allem um die Reisenden und wie sie ihre Reise erleben. Mit all den Höhen und Tiefen, den Konflikten, der Begeisterung aber auch dem Frust. Wenn der Zuschauer das Gefühl hat, die gesamte Reise auf meinem Gepäckträger mitgefahren zu sein, dann habe ich mein Ziel erreicht. Ursprünglich wollte ich einen 90-Minuten Film über die Reise machen. Wir hatten aber so viel gutes Material und es ist so viel passiert, dass nun eine Serie mit neun Teile à 30 Minuten entstanden ist. Gesamtlaufzeit mit Bonusmaterial ist knapp 5 Stunden. Man kann sich also mehr als nur einen Videoabend damit machen.

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2 Kommentare

  1. Hallo, Oliver,
    fahre seit 13 Jahren mit meiner Frau /Bike und Zelt/ immer 5-6 Wochen durch Europa.
    Dieses Jahr fahren wir ein Halbes Jahr ….Mai-Oktober…. .
    Wir haben E Bikes gekauft und entsprechend angepasst…..Lowerider/grössere Kassette/Bereifung
    Zum Einsatz komt ein GIANT EXPLORE E+ 0.mit Yamaha Motor und 2 Kettenblättern. Habe dieses vergangenes Jahr 2000 km getestet. Das Ergebnis …. 1 Rad Ok….bei dem anderen Akku zeitweise Ausfall und mechanischer Schaden am Motor.
    Beides wurde in Deutschland dann als Garantie ersetzt.
    Für uns jetzt in der Planungsphase aber die Frage realisieren wir unsere 8000km mit dm E- Bike oder fahren wie traditionell mit unseren alten Bikes. Hast Du einen Tip. oder Infos zur Laufzeit von E- Bike Motoren ?
    Einen schönen Tag Wolfgang Fietz

    1. Hi Wolfgang,
      das klingt nach einem tollen Trip und ich wünsch euch viel Spass. Leider habe ich keine grosse eigenen Erfahrungen mit E-Bikes. Aber ist nicht einer der Vorteile der Elektromobilität, dass sie Motoren kaum kaputt gehen?
      Gruss,
      Oli

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