Möchtest du Thailand besser kennenlernen oder auf deiner Reise etwas Nützliches lernen? Dann empfehle ich dir, einen Massagekurs zu belegen. Ich habe das eine Woche lang in Chiang Mai getan und verbrachte dort die beste Zeit meines ganzen Trips.
„Bei der Massage geht es nicht bloss ums Massieren“, sagt Om. Die resolute Thailänderin mit dem frechen Kurzhaarschnitt ist unsere Lehrerin für die kommenden Tage. Thai-Massage sei eine Geisteshaltung, eine uralte Philosophie, die aus dem Buddhismus stammt, erklärt sie. Und so beginnt mein einwöchiger Kurs nicht etwa mit irgendwelchen Handgriffen, sondern einer Verbeugung von den alten Meistern.
Om sucht mich als erstes Übungsobjekt aus. Ich muss mich auf die Bodenmatte legen. „Vor der Behandlung schauen wir, ob wir unseren Patienten überhaupt massieren können“, erklärt die Lehrerin und führt aus, worauf wir Rücksicht nehmen müssen. Bluthochdruck? Keine gute Voraussetzung für eine Thai-Massage. Ein betrunkener Patient? Ein absolutes No-Go. Ich bestehe alle Fragen.
Om kniet sich neben mir hin und drückt zehn Sekunden lang auf mein Bein. Ein wohltuender Schmerz breitet sich im Muskel aus. Thai-Massage ist kein wütendes Kneten und auch nicht die wilde Akrobatik, als die ich sie mir vorgestellt habe. Sie ist eher eine Mischung aus Akupressur und passivem Yoga. Thai-Massage sei das „Yoga der Faulen“, habe ich mal gelesen. Während ich gemütlich auf meiner Matte liege und daran denke, muss ich lächeln.
Die kleine Klasse
Meine Klasse ist klein, sehr klein. Ausser mir ist da noch eine junge Filmemacherin aus Italien und zwei Thailänderinnen, die sich weiterbilden wollen. „Ich habe vier Jahre auf Koh Samui in einem Massage-Parlour gearbeitet“, erklärt mir eine der beiden. Nun will sie eine fundiertere Ausbildung erhalten, um in einem Krankenhaus zu arbeiten. Drei Monate bleibt sie in der Schule. Danach erhält sie ein Zertifikat, das ihr physiotherapeutische Behandlungen erlaubt.
Auch die Filmemacherin hatte Pläne. Nach dem Kurs will sie in Milano im Freundeskreis professionelle Massagen anbieten, sich ein zweites Standbein aufbauen. Im unsicheren Business der Kulturschaffenden sei das eine gute Sache, meint sie.
Immer einer von uns liegt auf der Matte. Abwechselnd üben wir die Handgriffe aneinander. Was mir lange nicht klar war: Thai-Massage ist keine kreative Tätigkeit, kein Ich-muss-dich-fühlen. Eine Behandlung folgt einem klaren und genau definierten Ablauf, der aus bis zu 80 einzelnen Behandlungstechniken besteht, die ganz genau sitzen müssen. „Ihr könnt aber auch etwas auslassen, wenn es zu anstrengend wird“, sagt Om. Eine komplette Behandlung dauert locker 90 Minuten.
Kulturelle Einblicke
Was mir gefällt: Der Unterricht ist nicht einfach ein Massage-Kurs, sondern auch ein Periskop, das den Blick in eine andere Kultur erlaubt. Das zeigt sich etwa in der Didaktik: Der Unterricht funktioniert so, dass wir die Bewegungen unserer Lehrerin genau nachahmen müssen. Die Abläufe üben wir so lange, bis wir sie auch ohne Lehrbuch reproduzieren können. Es ist ein Auswendiglernen von Dingen, die wir zunächst nicht verstehen.
Die Theorie kommt erst am dritten Tag. Om hat eine Schautafel aufgehängt, auf der die Muskeln eines Menschen zu sehen sind. Nach der ayurvedischen Lehre durchziehen zehn Energielinien den Körper. Unsere Lehrerin spricht ihre Namen vor, wir müssen sie nachsprechen. Danach diktiert sie, welche Linie wir für welches Behandlungsziel bearbeiten müssen.
Einmal, bei der Behandlung meiner italienischen Mitschülerin, muss ich die Seite wechseln. Ich stehe auf und mache einen grossen Schritt über sie hinweg. Om schüttelt energisch den Kopf. So etwas zu tun, das sei in Thailand respektlos, sagt sie. Das leuchtet mir ein. Ein echter Fauxpas eben, denke ich mir und lächle innerlich über das Wortspiel.
Am fünften Tag muss ich die Prüfung ablegen. Die Besitzerin der Lanna Massage Schule, eine etwas ältere Frau, kommt höchstpersönlich, um sie abzunehmen. Es ist das erste Mal, dass ich überhaupt eine vollständige Massage gebe. Ich vergesse immer wieder, was der nächste Handgriff ist und muss gelegentlich in meinen Notizen nachschauen. Am Ende habe ich wohl doch alles richtig gemacht, denn eine Stunde später halte ich mein kleines Diplom in den Händen.
Was mir der Kurs brachte
Was hat mir der einwöchige Kurs letztlich gebracht? Da ich von Beginn an nicht vorhatte, einen eigenen Massage-Salon zu gründen, war mir das Papier nicht wichtig. Für das Entwickeln fundierter Massagekünste war eine Woche ohnehin zu kurz: Ich hatte nur Zeit, mir die absoluten Grundlagen anzueignen. All die gefährlich aussehenden Dehnübungen kamen erst in der zweiten Woche dazu.
Trotzdem war der Kurs für mich ein voller Erfolg und das unbestrittene Highlight meiner Thailandreise. Das lag zum einen sicherlich daran, dass ich tolle Mitschülerinnen hatte, mit denen ich mich blendend verstand. Wichtiger war aber, dass der Kurs mein Thailandbild radikal veränderte.
Ich war lange Zeit kein grosser Fan des Landes. Der Grund dafür war, dass ich in dem Land, das jedes Jahr von Millionen von Menschen besucht wird, nie den Zugang zu den Menschen gefunden habe. Dadurch, dass in der Schule auch viele Einheimische lernten, entstanden ein reger Austausch und auch die eine oder andere Freundschaft.
Zum andern aber hatte der Kurs einen positiven Nebeneffekt auf meine Gesundheit. Seit vergangenem Herbst entwickelte ich bei bestimmten Bewegungen einen diffusen Schmerz in der Schulter. Da die etwas fortgeschritteneren Masseure ständig nach Personen für ihre Fallstudien suchten, erhielt meine Schulter jeden Tag eine therapeutische Massage. Nach fünf Tagen war der Schmerz verflogen – und bis heute nicht zurückgekommen.
Der Preis und das Angebot
Zum Schluss noch ein paar Worte zum Angebot von der Lanna Thai Massage School. Der fünftägige Kurs, den ich besuchte, kostete 5500 Baht und umfasst 30 Lektionen. Das sind umgerechnet etwa 140 Euro. Der doppelt so lange Kurs, den ich eher empfehle, liegt bei rund 200 Euro. Angesichts der Fülle von Wissen, die ich vermittelt bekam, und der wirklich sehr kleinen Klassen, halte ich das für einen ausgesprochen fairen Preis.
Darüber hinaus kannst du auch spezielle Kurse belegen. Interessant schien mir insbesondere die Ölmassage, die ich ebenfalls einmal kurz ausprobieren durfte. Die Schule bietet zum gleichen Preis jeweils einen fünf- beziehungsweise zehntägigen Kurs an in Fussreflexmassage. Bei meinem Aufenthalt gab es jedoch nicht genügend Interessenten, um diesen Kurs durchzuführen.
Inbegriffen sind der Unterricht und die etwas spärlichen Unterrichtsmaterialien. Für Essen und Übernachtung musst du selber aufkommen. In der näheren Umgebung gibt es zahlreiche günstige Pensionen mit Zimmern ab 300 Baht (ohne AC). Wenn es etwas besser sein soll, ist das nahegelegene Hotel Amora Tapae eine gute Wahl. Versuche eine der oberen Etagen zu ergattern, die Aussicht ist sehr gut.
Disclaimer: Der Aufenthalt in der Massageschule erfolgte durch eine Einladung von Thailand Tourismus Schweiz. Meine Meinung ist davon jedoch unbeeinflusst.
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Vielen Dank für diesen Artikel! So eine Thai-Massage hatte ich noch nie. Soll die nicht besonders schmerzhaft sein?
Viele Grüße aus Tokio,
Tessa
Hi Tessa,
eine Massage sollte generell eher nicht schmwrzhaft sein, sonst macht jemand was falsch. Schliesslich geht es ja darum, sich wohlzufühlen. Aber bei Massagen ist es wohl ein bisshen so wie beim scharfen Essen, wo immer wieder Leute beweisen wollen, wie stark sie im Nehmen sind. Eine gute Thai-Massage kann ich auf alle Fälle empfehlen.
Gruss,
Oli
Hallo Oli,
naja, eine Massage kann und darf schon auch mal weh tun. Das kann dann anzeigen, dass irgendetwas nicht stimmt im Körper. Anders als eine Wohlfühlmassage (die definitiv keine Schmerzen bereiten sollte) ist nämlich die Thai-Massage eine Heilmassage.
Viele Grüße aus Mae Sai, der nördlichsten Stadt Thailands
Stefan
Hi Stefan,
du hast natürlich recht: Eine Heilmassage ist nicht das gleiche wie eine Wohlfühlmassage. Aber die Massagen, die in den typischen Salons angeboten werden, sind eigentlich immer Wohlfühlmassagen. Denn zumindest auf dem Papier braucht es nämlich für Heilmassagen ein Diplom.
Und auch das mit dem Schmerz ist so eine Sache. Verspannte Stellen schmerzen natürlich etwas bei der Behandlung und das ist auch in Ordnung. Allerdings ist es für die Behandlung nicht notwendig, dass der Schmerz unerträglich ist. Die erfolgreiche Behandlung meiner Schulter fügte mir beispielsweise kaum Schmerzen tun. Zudem ist auch zu unterscheiden, woher der Schmerz kommt. Stammt er nämlich von einer Entzündung, ist eine Massage eher schädlich.
Das aus meiner Sicht grösste Problem ist, dass in Thailand viele Massage Salons Mädchen angestellt haben, die keine solide Ausbildung haben. Das haben mir meine Mitschüler bestätigt, die selber teilweise Jahrelang ohne Ausbildung massiert haben. Bei ein bisschen berühren spielt das keine Rolle, aber bei manchen Dehnübungen können falsche Handgriffs schon zu Schäden führen.
Gruss,
Oli
Interessanter Artikel. Mich reizt es ja schon länger mal, eine richtige Thai-Massage zu erlernen. Nach Chiang Mai werde ich zwar in nächster Zeit eher nicht kommen, aber ich habe auch schon ähnliche Klassen bei uns in Udonthani gesehen.
Ach, und wenn ich mir die Preise anschaue, kann ich nur jedem, der mit dem Gedanken spielt, so einen Kurs in Deutschland zu besuchen, empfehlen, den Rucksack zu packen, für zwei Wochen nach Thailand zu kommen und dabei in der einen Woche Massieren und in der anderen thailändisch Kochen zu lernen — am Ende kommt man billiger weg :D
Danke für den Bericht, lieber Oliver, auch wenn ich erst zwei Jahre nach der Veröffentlichung darauf gestoßen bin – zur richtigen Zeit, denn ich plane ebenfalls, in Chiang Mai eine Massageausbildung zu machen. Leider kann ich den Namen der Schule nirgends entdecken, ebenso wie den Link zum Kursangebot. Wie heißt denn die Schule?
Hi Andriya,
vielen Dank für den Hinweis. Die Website der Schule war eine längere Zeit offline, dabei hab eich irgendwann versehtlich den Link gelöscht. Das habe ich jetzt wieder repariert.
Also, die Schule heisst „Lanna Thai Massage Schule“ und hier findest du die Website mit allen wichtigen Infos.
Falls du dich für die Schule entscheidest, sag doch bitte der Chefin (die ältere Dame im Foto) einen Gruss und lass mich wissen, wie es dir gefallen hat.
Gruss,
Oli
Hallo Oliver,
vielen Dank für deinen Bericht. Auch wen die Veröffentlichung schon etwas zurückliegt hätte ich eine Frage.
Ich plane diesen November meine erste Thailandreise (3 Wochen). Da mich das ganze Thema Rund um Thaimassage interessiert, spiele ich mit dem Gedanken einen 5 Tages Kurs zu buchen.
Leider finde ich keine Angaben zur Kurssprache sowie vorausgesetzte Kenntnisse bei den verschiedenen Kursen.
Hast du hier eventuell Infos von deinem Besuch für mich?
Vielen Dank und Grüße
Richi
Hi Richi,
ich weiss leider nicht, ob es die Schule noch gibt, in der ich damals war, weil offenbar die Website derzeit nicht mehr funktioniert. Aber bei mir in der Klasse waren zwei Thai und neben mir noch eine Italienierin. Die Unterrichtssprache war eigentlich Englisch (allerdings sehr simples Englisch) und zeitweise ein paar Sätze Thai. Vorkenntnisse wurden nicht vorausgesetzt.
Falls du meine Schule (oder auch eine andere) besuchst, würde ich mich über einen kurzen Kommentar freuen, ob es sie noch gibt und wie allfällige Alternativen aussehen.
Gruss,
Oli
Vielen Dank für den tollen Erfahrungsbericht! Mein Bruder ist ein Spezialist für Heilmassage in Wien und ich möchte ein Massagekurs für ihn als Geschenk buchen. Diese Massageschule scheint vielversprechend. Denkst Du, dass diese Schule meinem Bruder passen wird?
Ich denke, dass du das eher deinen Bruder als mich fragen solltest. Ich kenne ihn ja nicht.
Im Sommer werde ich mit meiner Cousine nach Chiang Mai reisen. Danke für den Tipp, eine Massageschule zu besuchen. Da ich eine Ausbildung zur Physiotherapeutin mache, wäre es nicht schlecht andere Praktiken wie Heilmassagen kennenzulernen.
ich bin grad auf Warteposotion während meine Frau Thaimassage lernt .die Schule ist bei Bangkok in Nonthaburi, hier wird Englisch gesprochen,wohnen ist im Homestay möglich und direkt am Kanaldas Frühstück kommt per Boot,man kann selbst kochen da kann man relaxen.wwwchirapat.com Grüsse Lutz