Der kürzlich erschienene Bildband „Baedekers Weltwissen“ ist der Traum für all jene, die nicht besonders gerne lesen: Auf 144 Doppelseiten erklären die Autoren nämlich mittels Infographiken Dinge aus allen möglichen Ländern. Eine perfekte Inspiration für die nächste Reise.
Ich mag unnützes Wissen. Ja, ich liebe es, alle jene Fakten zu kennen, die zwar auf irgendeine Weise interessant sind, aber keinen direkten und offensichtlichen Nutzen nach sich ziehen. Mir gibt dies ein Gefühl von Luxus. Vielleicht war dies der Grund, wieso ich mich dazu entschlossen habe, Geschichte und Philosophie zu studieren und nicht Ingenieur zu werden. Vor kurzem habe ich ein Buch entdeckt, das genau diese Leidenschaft zu stillen versprach: Baedekers Weltwissen.
Wer die Publikationen des Verlags kennt, weiß: Das Tolle an Baedekers Reiseführern sind nicht die vielen nützlichen Angaben für Individualreisende. Die gibt es zwar in jedem Band, doch auch andere Reiseführerverlage bieten reichlich Information. Das Besondere an Baedeker-Führern ist, dass es einerseits vielen Infoboxen zu zahlreichen Themen und andrerseits ein hervorragend umgesetztes Design mit zahlreichen Karten und teilweise auch mit Infographiken gibt. Dieser Ansatz wird in „Baedekers Weltwissen“ auf die Spitze getrieben: Außer Infografiken gibt es nichts.
Sortiert sind diese Infografiken nach zwölf Überthemen wie beispielsweise Geschichte, Architektur oder Geographie. In jedem von ihnen gibt es zwölf großen Doppelseiten zu jeweils einem spezifischen Thema, das mit zahlreichen Fakten geschmückt ist. Handlich ist das Buch dadurch nicht geworden. Aber das spielt keine Rolle. Auf Reisen wird man es eh kaum mitnehmen. Es ist ohnehin eher ein Buch, in dem man einfach ein bisschen blättern kann, wenn man nicht so viel Zeit. Ich habe das Buch nach der Lektüre für meine Gäste auf der Toilette deponiert – und das möchte ich als Kompliment verstanden wissen.
Der Unterschied zwischen Pagoden und Stupas
Ein paar Fakten gefällig? Auf einer meiner Lieblingsinfografiken geht es um Schweizer Schokolade. Da erfahre ich beispielsweise, dass wir Schweizer jedes Jahr im Schnitt 10,5 Kilo Schoggi konsumieren – und auch, dass ich mit meinem Genuss wohl leicht über dem Durchschnitt liege. Unsere Nachbarn in Österreich verspeisen hingegen mit 6,5 Kilo im Jahr gerade einmal die Hälfte. Ich erfahre hier auch, dass Historiker die Erfindung der Milchschokolade inzwischen keinem Schweizer mehr zuschreiben, sondern einer Firma aus Dresden.

In einer anderen Infografik geht es um den Linksverkehr. Hier lerne ich, wieso es nicht unlogisch ist, auf der linken Straßenseite zu fahren. Um dies zu verstehen, müssen wir uns in eine Zeit zurückdenken, als die Menschen noch nicht in Autos durch die Städte fuhren, sondern mit dem Pferd oder einem Fuhrwerk unterwegs waren. Wenn Rechtshänder auf ein Pferd aufsteigen, tun sie dies von der linken Seite des Pferdes. Rechtshänder, die ein Fuhrwerk führen, gehen gerne auf der linken Straßenseite, um sich so vor dem Gegenverkehr zu schützen. Auch interessant ist eine kleine Weltkarte, die nicht nur anzeigt, in welchen Ländern heute links oder rechts gefahren wird, sondern auch zeigt, in welchen Ländern sich dies im Verlaufe der Zeit geändert hat. So gab es früher in den USA, Portugal, Schweden Finnland und einigen weiteren Ländern einst Linksverkehr. In Namibia fuhr man früher rechts, heute links. Das wusste ich nicht.
In einem weiteren Artikel wird knapp erklärt, was der Unterschied ist zwischen Stupas, Pagoden und Chörten. Alles will ich aber nicht verraten.
Eurozentristisches Weltbild
So spannend die präsentierten Fakten auch sind, der Band hält meiner Meinung nach sein Versprechen nicht ganz und als Blogger, der sich dem Thema „Weltreisen“ verschrieben hat, muss ich diesen Punkt einfach kritisieren. Der Untertitel des Buches heißt nämlich: Mit Infographiken um die Welt. Ein Blick auf die Übersichtsseite macht jedoch schnell klar, dass mit „Welt“ vor allem Europa und teilweise die USA gemeint sind.
Zu Asien gibt es gerade einmal vier Infographiken, die sich zufälligerweise gerade mit den zwei wichtigsten Massentourismusdestinationen decken: Thailand und Bali. Man kann sich natürlich immer darüber streiten, welche Themen wie stark gewertet werden sollen. Doch finde ich, dass beispielsweise die Chinesische Mauer durchaus eine genügend große (auch touristische) Bedeutung gehabt hätte, um in diesem Band aufgenommen zu werden. Das gleiche gilt meiner Meinung nach auch für das Taj Mahal, die Pyramiden, Mekka oder die Seidenstraße. Der Amazonas wurde immerhin mit einer Infographik beglückt -doch damit ist bereits abgedeckt, was die Baedeker-Redaktion in ganz Südamerika für wichtig hielt.
Diese eurozentristische Sicht auf die Welt finde ich bei einem Buch, das im Titel von nichts weniger als der ganzen Welt spricht, etwas bedauerlich. Ich würde mir wünschen, dass der Verlag später zwei Bände herausgibt: Einen wie diesen und noch einen zweiten, in dem es wirklich um die Welt geht.
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