Neuenburger Jura: 5 coole Ausflugsziele für dich

Die Jura-Kette im Westen der Schweiz zählt zweifellos zu den wildesten Regionen des Landes. In diesem Artikel stelle ich dir fünf spannende Ausflugsziele im rauen Gebirge rund um die Stadt Neuenburg vor. Viel Spass bei diesem Streifzug durch diese oft unterschätzte Grenzregion!

Ich verbrachte im vergangenen Sommer vier Tage auf einem Campingtrip in den Bergregionen hinter Neuenburg. Das Städtchen ist – um das gleich vorwegzunehmen – für sich schon einen Besuch wert, bietet aber auch eine ideale Basis, um die Sehenswürdigkeiten dieser abgelegenen französischsprachigen Region in Form von Tagestouren zu erkunden. Genau darum soll es heute gehen.

Der Jura ist deutlich rauer, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Die Gipfel sind zwar nicht besonders hoch, aber die Gegend ist schroff und von wilden Tälern durchzogen. Das erweist sich jedoch insgesamt eher als Vorteil, denn vielerorts kann man hervorragend wandern. Da es im Winter oft bitterkalt wird, empfehle ich einen Besuch eher zwischen Spätfrühling und Herbst – wobei letztere Jahreszeit besonders für Pilzsammler spannend ist.

In diesem Artikel stelle ich einige Orte vor, die sich mit dem öffentlichen Verkehr mehr oder weniger problemlos von Neuenburg als Tagesausflüge erkunden lassen. Genauso schön ist es jedoch, mit einem Camper oder Zelt von Ort zu Ort zu ziehen. Wichtig ist dabei: Wer möchte, kann hier locker mehrere Wochen verbringen. Meine Zusammenstellung soll daher nur als erste Inspiration für schöne Ausflugsziele im Neuenburger Jura dienen.

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Tipp 1: Der Creux du Van

Es gibt Orte, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob sie ein Geheimtipp oder doch weithin bekannte Ausflugsziele sind. Der Creux du Van jedenfalls vereint ein wenig von beidem: Fast jeder kennt ihn, doch bei vielen steht er einfach seit Jahren auf der To-do-Liste. So auch bei mir. Bisher hatte ich es nie geschafft, den „Grand Canyon der Schweiz“ zu besuchen.

Was soll ich sagen? Der hufeisenförmige, bis zu 160 Meter tiefe Felsenkessel ist schlicht atemberaubend. Wer, wie wir, mit dem Auto anreist, sieht die Steilwand wahrscheinlich zuerst von unten – und schon das ist beeindruckend. Doch oben, am schroffen Rand, ist es noch einmal eine ganz andere Erfahrung. Die Aussicht ist spektakulär. Da es keinerlei Sicherungen gibt, könnte man theoretisch bis ganz an den fast senkrechten Abbruch herantreten – aber meine Beine wurden schon ein paar Schritte zuvor weich.

Wer es einrichten kann, sollte früh am Morgen ankommen. Zum einen kann man von der Kante aus einen der schönsten Sonnenaufgänge der Schweiz erleben – entsprechendes Wetter vorausgesetzt. Zum anderen hat man dann das Naturwunder meist für sich allein. Und nicht zu letzt ist am frühen Morgen die Chance am grössten, Gämsen oder Murmeltiere zu entdecken.

Eine schöne Alternative, die ich allerdings selbst nicht ausprobiert habe, ist die bekannte Rundwanderung von Noiraigue im Tal des Val de Travers. Sie führt über den 1750 erbauten Berggasthof Ferme Robert zum Creux du Van und dann über den „Chemin des 14 Contours“ (Weg der 14 Kurven) wieder hinunter ins Val de Travers. Für diese Tour sollte man etwa vier Stunden Gehzeit einplanen.

Blick auf die bis zu 160 Meter hohe Steilwand.
Blümchen am Rand des Creux du Vans.
Blümchen am Rand des Creux du Vans.

 

Tipp 2: Die Schlucht der Areuse

Nur wenige Kilometer entfernt liegt ein weiteres beeindruckendes Naturwunder: die Areuse-Schlucht, auch „Gorges de l’Areuse“ genannt. Hier schlängelt sich ein kleiner, aber reissender Fluss durch die Felsen des Jura hinab zum Neuenburgersee. Ein grosser Teil seines Laufs wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts mit teils kühn angelegten Wanderpfaden erschlossen und gilt nicht ohne Grund als eine der schönsten Schluchtenwanderungen der Schweiz.

Wer genügend Zeit mitbringt, startet in Noiraigue im Tal des Val de Travers (wo auch der Ausgangspunkt zur Wanderung zum oben genannten Creux du Van liegt) und folgt einem angenehmen, bei Regen jedoch etwas rutschigen Weg rund drei Stunden lang bis nach Boudry. Von dort kann man mit der Schmalspurbahn bequem zurück in die Altstadt von Neuchâtel fahren.

Falls du weniger Zeit hast, bietet sich Champ-du-Moulin als Ausgangspunkt an. Hier befindet sich das Hôtel de la Truite, in dem man unbedingt die selbst gezüchteten Forellen probieren sollte. Besonders lecker fand ich die Variante mit Mandelkruste. Das Restaurant verfügt zwar über einen grossen, auf Karten verzeichneten Parkplatz, der Besitzer ärgert sich jedoch offenbar über Gäste, die ihr Auto dort einfach abstellen. Wer im Restaurant einkehrt und freundlich nachfragt, darf sein Fahrzeug in der Regel aber dort stehen lassen.

Vom Restaurant aus folgt zunächst ein breiter Weg dem Verlauf der Areuse in Richtung „Saut de Brot“. Nach gut einer halben Stunde beginnt hinter einem Wasserkraftwerk der eigentliche Wanderweg. Schon nach wenigen Minuten befindet man sich in einer engen Schlucht und wandert über in den Fels gehauene Pfade. Bald erreicht man eine malerische Steinbrücke – wohl der idyllischste Ort der Schlucht. Von hier aus kannst du entweder zum Auto zurückkehren oder den Anblick der imposanten Natur noch etwas länger geniessen.

Im Hôtel de la Truit sollte man unbedingt die selbst gezüchteten Forellen probieren.
Im Hôtel de la Truit sollte man unbedingt die selbst gezüchteten Forellen probieren.
Die Steinbrücke beim Saut-de-Brot ist wahrscheinlich der schönste Abschnitt der Areuse-Schlucht.
Die Steinbrücke beim Saut-de-Brot ist wahrscheinlich der schönste Abschnitt der Areuse-Schlucht.

 

Tipp 3: Der Saut du Doubs

Etwa 30 Autominuten in Richtung Frankreich erwartet dich eine weitere beeindruckende Naturschönheit, die du nicht verpassen solltest, wenn du in der Region bist: der Saut du Doubs. Dabei handelt es sich um einen 27 Meter hohen Wasserfall des Doubs, der an dieser Stelle die Grenze zwischen Frankreich und der Schweiz bildet.

Der Wasserfall entstand vermutlich vor rund 14.000 Jahren, als eine der steilen Felswände abrutschte und das Wasser des Flusses aufstaute. Dadurch entstand der idyllische Lac des Brenets, ein natürlicher Stausee, der sich über etwa vier Kilometer erstreckt. Mit seinen bis zu 80 Meter hohen Kalkfelsen und den dichten Nadelwäldern an beiden Ufern erinnert die Landschaft fast ein wenig an die abgelegenen Fjorde Norwegens.

Den Wasserfall erreicht man von Les Brenets (wo sich auch der Bahnhof befindet) über eine entspannte, etwa einstündige Wanderung entlang des Sees. Schneller – und vermutlich auch eindrucksvoller – ist jedoch die Fahrt mit dem Linienboot, das dich in rund 20 Minuten direkt zum Restaurant Saut du Doubs bringt.

Von dort aus führt ein etwa 15-minütiger Spaziergang wahlweise auf der schweizerischen oder der französischen Seite zum Wasserfall. Wir sind auf der Schweizer Seite geblieben, wo man eine Plattform direkt über dem Wasserfall erreicht. Von der gegenüberliegenden, französischen Seite bietet sich jedoch offenbar ein besserer Gesamtblick auf das Naturschauspiel. Welche Perspektive dir besser gefällt, musst du selbst entscheiden – oder du erkundest beide Seiten, denn beim erwähnten Restaurant gibt es eine Brücke, die den Fluss überquert.

Die Bootsanlegestelle am Lac des Brenets.
Von der Plattform direkt über dem Wasserfall hat meine eine grandiose Sicht auf den Saute du Doubs.

 


Spartipp dank Übernachtung

Wer im Kanton Neuenburg übernachtet, erhält an vielen Orten kostenlos die „Neuenburg Tourist Card“, die neben freier Fahrt mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln des Kantons (einschliesslich Schifffahrten) auch den kostenlosen Eintritt in viele Sehenswürdigkeiten erlaubt. Bei der Wahl deiner Unterkunft solltest du deswegen unbedingt abklären, ob sie dir diese Karte auch wirklich gibt. Wir waren auf dem Camping vom „Lac de Brenets“.


Tipp 4: Die beiden Uhrenstädte

Auf dem Weg zum Saut du Doubs wirst du mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Le Locle fahren. Auf den ersten Blick mag das Städtchen unscheinbar wirken, doch es gehört – zusammen mit der Nachbarstadt La Chaux-de-Fonds – seit 2009 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Entsprechend gibt es hier jede Menge spannende Ausflugsziele zu entdecken.

Als Zentrum der Schweizer Uhrenindustrie verfügen beide Städte über jeweils ein grosses Uhrenmuseum. Während das Museum in Le Locle vor allem kunstvolle historische Uhren zeigt (darunter einige besonders faszinierende Stücke wie eine uralte arabische Wasseruhr), konzentriert sich das in einem modernen Betonbau untergebrachte Museum in La Chaux-de-Fonds eher auf die Entwicklung und Geschichte der hiesigen Uhrenindustrie. Beide Museen sind einen Besuch wert, auch wenn man nicht unbedingt beide gesehen haben muss.

Ein besonderes Highlight in Le Locle sind die unterirdischen Mühlen. Da am Rand des Städtchens das Wasser mit hohem Druck in ein Höhlensystem abfliesst, wurden bereits im 17. Jahrhundert rund 20 Metern unter dem Boden gewaltige Wasserräder errichtet, die eine Mühle antreiben. Teile der alten Mechanik wurden restauriert und funktionieren wieder – eine Sehenswürdigkeit, die es in dieser Form wohl nirgendwo sonst gibt.

Ebenfalls spannend ist ein Spaziergang durch das Zentrum von La Chaux-de-Fonds. Nach einem verheerenden Brand im Jahr 1794 wurde die Stadt im Schachbrettmuster neu aufgebaut. Dieses ungewöhnliche Layout verleiht der sonst eher kleinen Ortschaft einen überraschend urbanen Charakter. Spannend fand ich auch den 1888 errichteten Grossen Brunnen im Zentrum. Sein Wasser kommt durch eigens angelegte Tunnels aus der oben genannten Areuse-Schlucht.

Der 1888 errichtete Grossen Brunnen im Zentrum von La Chaux-de-Fonds.
Die unterirdischen Mühlen von Le Locle sind eine einzigartige Sehenswürdigkeit, die man nicht verpassen sollte.

 

Tipp 5: Das Kloster Romainmôtier (VD)

Zum Schluss noch ein kleiner Ausflugstipp, der zwar streng genommen gar nicht mehr im Neuenburger Jura liegt, sondern bereits ein paar Kilometer jenseits der Kantonsgrenze in der Waadt – aber so schön ist, dass er hier trotzdem nicht fehlen darf: Die Rede ist vom Dorf und Kloster Romainmôtier.

Die kleine mittelalterliche Ortschaft schmiegt sich in eine schattige Talmulde, umgegeben von grünen Hügeln. Romainmôtier ist winzig: Nach spätestens einer Stunde hast du jede Strasse einmal abgelaufen. Neben der ausgesprochen malerischen Hauptstasse sind es vor allem das Kloster und die Stiftskirche, die den Ort prägen.

Die heutige Kirche wurde vor rund 1000 Jahren gebaut. Das Kloster hat aber eine viel längere Geschichte hinter sich und wurde wahrscheinlich bereits um das Jahr 450 gegründet. Das macht Romainmôtier zur frühesten Klostergründung im schweizerischen Raum, was ich ziemlich beeindruckend fand. Es lohnt sich übrigens, einen Blick auf den Veranstaltungskalender (frz.) zu werfen, da im Sommer regelmässig Konzerte stattfinden.

Noch ein kleiner Tipp: Falls du mit dem Auto durch das Val Traverse fährst, kannst du im Sommer an den Wochenenden in St. Sulphis einen Halt im VW Museum machen. Das ist eine Mischung aus einer Bar und einer inoffiziellen Privatsammlung alter Volkswagen, die teilweise ziemlich schräg dekoriert sind. Wir konnten unseren Besuch leider nicht auf die Öffnungszeiten abstimmen, das möchte ich in Zukunft aber gerne einmal nachholen. Ein paar Exponate sind übrigens auch im Freien.

Blick auf das wunderschöne Kloster Romainmôtier.
Das eigenwillige VW Museum in St. Sulphis ist kaum zu übersehen.

 

Fazit

Der Neuenburger Jura ist eine eher abgelegene Region, an der man normalerweise nicht zufällig vorbeikommt. Dies ist auch der Grund, wieso ich die Gegend praktisch überhaupt nicht kannte. Das ist schade, denn rund um Neuenburg gibt es jede Menge tolle Ausflugsziele. Deswegen war dieser Besuch wahrscheinlich auch nicht der letzte in dieser unterschätzten Gegend.

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Oliver Zwahlen

Oliver ist ein passionierter Reiseblogger und Reisebuchautor aus der Region Basel, Schweiz. Er schrieb unter anderem die Bücher 111 Gründe, China zu lieben und Lost Places in den Schweizer Alpen. Seit über 20 Jahren nutzt Oliver jede Gelegenheit, mit dem Rucksack durch die Welt zu ziehen und darüber zu schreiben..

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2 Kommentare

  1. Spannender Beitrag, lieber Oliver! Merke ich mir sofort mal. Die Schweiz hat wirklich einige Regionen zu bieten, die man kaum kennt. Haben wir gerade auch wieder beim Schauen der Netflix Serie „Wilder“ bemerkt ;-)
    Liebe Grüße, Julia

    1. Hi Julia, cool. Ich hatte gar nicht auf dem Schirm, dass man „Wilder“ auch ausserhalb der Schweiz schauen kann. Die zweite Staffel spielt übrigens im Berner Jura. Das sind zwar alles fiktive Schausplätze, aber wahrscheinlich spielt die Handlung nur ein paar Kilometer weiter als die hier beschriebenen Orte. Gruss, Oli

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