Selbstversuch: Eine Odysee durch Festivals und Openairs

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Christine Neder verbrachte fast ein Jahr ununterbrochen auf zahlreichen Festivals. Entstanden ist daraus das Buch: „40 Festivals in 40 Wochen“.

Bloggerin und Buchautorin Christine Neder klapperte 40 Wochen lang fast alle wichtigen Festivals in Europa ab. Aus den Erfahrungen ist ihr neuestes Werk entstanden. Im Gespräch erzählt sie uns, wie sie auf die Idee kam, sich die Nächte in Festivals und Openairs um die Ohren zu schlagen.

WRM: Von einer Diplom-Modedesignerin schlugen Sie den Weg zur Autorin ein. Wie kamen der Sinneswandel und die Idee mit den Selbstversuchen?

Christine: Ich habe schon mit 14 für die Jugendseite der Mainpost geschrieben. Die Leidenschaft für Schreiben war schon immer da, nur haben mich schlechte Noten im Deutschunterricht erst einmal davon abgehalten, diesen Weg einzuschlagen. Im Studium habe ich meinen Blog angefangen und dadurch auch wieder gemerkt, dass mich das Schreiben glücklich macht und vielleicht doch meine Berufung ist. Die Idee mit den Selbstversuchen kam eigentlich durch einen Artikel, den ich gelesen habe. Eine Frau hat ein Buch geschrieben namens „365 Tage“. Dabei hat sie ihrem Mann zum 40. Geburtstag 365 Tage Sex geschenkt und über ihre Erfahrung einen Bericht geschrieben. Ich wollte auch einmal über einen längeren Zeitraum etwas ausprobieren und darüber auf meinem Blog berichten. Da ich ohnehin von München nach Berlin ziehen musste, niemanden kannte, keine Wohnung suchen wollte und eine Woche vorher Couchsurfer kennen gelernt habe, hat sich alles zusammengefügt. Damals fing das als kleines Projekt für mich an und ich wusste natürlich noch gar nicht, was daraus wird.

Für ihren aktuellen Selbstversuch haben während 40 Wochen 40 Festivals besucht. Was hat Sie dazu inspiriert?

Bei einem richtigen Festival kann man schon einmal schmutzig werden.
Bei einem richtigen Festival kann man schon einmal schmutzig werden.

Es war, nach meinem ersten Buch »90 Nächte, 90 Betten«, wieder ein Projekt, das sich aus meinem Leben heraus entwickelt hat. Ich habe 25 Jahre lang kein einziges Festival besucht, weil ich dachte, das ist überhaupt nichts für mich. Zu dreckig, zu laut, zu voll! Doch dann habe ich Karten für das Melt!-Festival gewonnen und wurde eines besseren belehrt. Ich war absolut begeistert und wollte in einem Jahr nachholen, was ich bislang verpasst hatte. Festivals vereinen meine zwei Leidenschaften: das Reisen und die Menschen. Während des Projekts sind so viele Sachen passiert, dass ich eine Festival-Trilogie hätte schreiben können.

Waren Sie komplett allein oder hatten Sie manchmal Begleitung? Wie lernten Sie auf den Veranstaltungen Leute kennen?

Manchmal waren Freunde dabei, aber meistens war ich allein. Es gibt aber auch keinen Ort, an dem man schneller Leute kennen lernt. Als ich irgendwann zehn Festivalbänder am Handgelenk hatte, hat mich sowieso jeder gefragt, wo ich war und wie es war und dann habe ich auch über das Projekt erzählt. Man lernt auch Leute kennen, wenn man sich einfach mit einem Notizbuch an den Rand des Geländes setzt. Das ist so seltsam, dass alle kommen und fragen was man da schreibt.

Durch Ihren Blog haben viele Leute Ihre Erlebnisse verfolgt. Haben Sie auch Anhänger gehabt, die Sie begleiten wollten oder sie gar auf den Festivals erkannten?

Ich glaube es gab einige, die ich sofort auf die 40 Festivals hätte mitnehmen können. Es gab eine wirklich lustige Begegnung. Ich stand auf dem Gelände von Rock am Ring, war alleine unter 70 000 Leuten und plötzlich hörte ich: „Christine?“. Da hat mich einer meiner Facebook-Freunde erkannt und wir haben den Abend zusammen verbracht. Das war so ein genialer Zufall. Wir kannten uns vorher gar nicht und treffen uns genau da unter tausenden von Menschen.

„90 Tage, 90 Betten“ war bereits ein gewagter Versuch, der in Ihrem Umkreis vermutlich nicht nur Zuspruch fand. Mit „40 Festivals in 40 Wochen“ legten Sie noch einmal nach. Gab es Momente, in denen Sie an Ihrem Vorhaben zweifelten?

Das Kofferpacken war immer eine heikle Situation. Bei Festivals muss man auf wirklich jede Wetterlage vorbereitet sein. Aber ich habe es immer gemeistert, auch wenn ich IMMER irgendetwas vergessen habe. Wirklich am Projekt gezweifelt habe ich nur einmal, als ich meine dritte Bronchitis hatte. Da habe ich wirklich überlegt, ob es das immer wieder Wert ist. So ein Zeltleben ist schon oft nass und kalt. Aber was soll ich sagen? Ja, es ist es immer wieder Wert.

Auf den unterschiedlichen Festivals haben Sie einiges erlebt. Der Moment schlechthin ist dabei wohl schwierig zu benennen. Wie würden Sie diese Zeit zusammenfassend beschreiben?

Ich tue mich ganz schwer mit den schlimmsten, verrücktesten, anstrengendsten und auch besten Erfahrungen. Es wäre traurig, wenn ich bei 40 Festivals nur die eine beste Erfahrung gehabt hätte. Es gab so viele, manchmal auch einfach nur kleine, wunderbare Momente, wenn man im Kornfeld stand und den krassesten Regenbogen seines Lebens gesehen hat. So ein Moment kann für einen wunderschön sein oder wenn man eine Gänsehaut vor der Bühne bekommt, weil der Song so grandios ist. Eine wunderbare Erfahrung, die ich bei fast jedem Festival gemacht habe: Beim Feiern ist es egal, welcher Nationalität oder welcher sozialen Schicht man angehört.

Ihre Bücher haben in den Medien Aufsehen erregt. Wie war es für Sie, plötzlich im öffentlichen Interesse zu stehen?

Es hat sich nicht viel im Alltag geändert. Ich habe mehr Leser auf meinem Blog bekommen, das hat mich natürlich gefreut und auch, dass die Projekte andere interessieren. Das möchte ich ja eigentlich – Sachen machen, die sich nicht jeder traut, aber gerne als stiller Beobachter dabei sein. Ich nehme die Leute mit auf meinen Blog durch Bilder und Videos und im Buch durch die ganzen Geschichten. Ich möchte auch zeigen, dass es nicht schwer ist, sich Wünsche zu erfüllen, man muss nur aufhören, Angst zu haben.

Welches Projekt können wir als Nächstes erwarten?

Es bleibt erst einmal spannend. Ein paar Ideen fliegen im Kopfstübchen rum, aber sind noch nicht so wirklich greifbar.

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Neder-Buch

Christine Neder hat die beiden Bücher „40 Wochen, 40 Festivals“ und „90 Nächte, 90 Betten“ geschrieben. Beide Kosten im Buchhandel jeweils 14.95 Euro.

Darüberhinaus berichtet sie sowohl auf ihrer Facebook-Seite wie auch auf ihrem Blog regelmässig von ihren Reiseabenteuern.

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