Internet-Sicherheit: 6 Gründe, einen VPN zu verwenden

Hast du schon einmal überlegt, einen VPN auf Reisen anzuwenden? Mit diesen kleinen Programmen stellst du eine sicherere Internetverbindung bei Computern und Handys her. Die meisten Reisenden nutzen VPNs zwar lediglich, um Zensur zu umgehen, aber es gibt weitere gute Gründe.

Stell dir vor, du versucht auf deinem Laptop Facebook zu starten und alles, was auf dem Bildschirm erscheint, ist eine Fehlermeldung. Voller Zuversicht willst du über Google nach einer Lösung deines Problems suchen – und musst feststellen, dass auch Google nicht funktioniert. Nun gut, vielleicht kannst du deinen Bekannten fragen, der irgendwas mit IT macht… Aber nein, auch Gmail lässt sich trotz funktionierender Internetverbindung nicht starten.

Das Beispiel ist keine Erfindung, sondern traurige Realität in China, wo all die genannten Dienste gesperrt sind. Nicht immer bist du ein Opfer von politisch motivierter Zensur, wenn du nicht auf die Internetinhalte zugreifen kannst, die du gerade benötigst. In diesem Beitrag will ich dir sechs ganz alltägliche Situationen schildern, in denen ein VPN auf Reisen unglaublich praktisch ist – auch dann, wenn du keine illegalen Dinge vorhast.

Was ist ein VPN?

Die Abkürzung VPN steht für „Virtual Private Network“. Die Funktionsweise stellst du dir am besten wie einen Tunnel vor: Alle Daten, die du empfängst oder verschickst, werden verschlüsselt auf die Datenautobahn geschickt und erst bei der Ausfahrt entschlüsselt. Das macht deine Daten weitgehend abhörsicher.

Fast wichtiger ist jedoch, dass die meisten VPN-Provider auf der ganzen Welt ihre Server verteilt haben. Wenn du also einen Tunnel von China in die Schweiz einrichtest, dann kannst du auf alles zugreifen, das andere Leute in der Schweiz auch sehen können. Und plötzlich funktioniert Facebook auch in China.

Situation 1: Politische Zensur

Da ich viel in China unterwegs bin, ist die politische Zensur für mich der wichtigste Grund, auf einen VPN zurückzugreifen. Doch auch wenn man China ohne Zögern als einen der grössten Sünder bezeichnen darf, ist das Reich der Mitte bei weitem nicht das einzige Land, das nichtgenehme Inhalte und Dienstleistungen sperrt.

Reporter ohne Grenzen schockierte von fünf Jahren mit einem Bericht, wonach weltweit jedem dritten Internetnutzer der freie Netzzugang verwehrt bleibt. Tendenz vermutlich steigend. Und unter den „Feinden des Internets“ sind wider Erwarten nicht nur abstruse Diktaturen zu finden, die ohnehin niemand besucht.

Auf der Liste tauchten Länder wie die USA, Australien, Thailand oder Südkorea auf. Vor etwa einem Jahr sperrte mit der Türkei eines der beliebtesten Reiseziele den Kurznachrichtendienst Twitter aus (funktioniert inzwischen allerdings wieder). In Äthiopien musste ich feststellen, dass nicht immer die schlechte Verbindung der Grund dafür war, dass ich bestimmte Seiten nicht öffnen konnte. Auch in der Schweiz wurden in der Vergangenheit Webseiten gesperrt.

Das Schlimme an der Zensur: In den meisten Fällen weisst du im Voraus nicht, welche Dienste funktionieren und welche irgendjemandem missfallen. Die Gründe für die Sperrungen sind häufig nur schwer nachvollziehbar. Im Iran ist zum Beispiel die chinesische Chat-App Wechat gesperrt, weil sie den Kontakt zwischen den Geschlechtern erleichtert. In China musste ich bei meinem letzten Besuch feststellen, dass die Wetter-App meines Handy nicht funktionierte.

Karte zum Zustand des Interets. Rosa: durchgängig zensiert, hellrosa: erheblich zensiert; weiss: teilweise zensiert; gelb: überwacht, grün: freier Zugang; grau: keine Daten // Quelle Wikimedia
Karte zum Zustand des Internets. Rosa: durchgängig zensiert, hellrosa: erheblich zensiert; weiss: teilweise zensiert; gelb: überwacht, grün: freier Zugang; grau: keine Daten // Quelle Wikimedia

Situation 2: Abhörsichere offene Hotspots

Datenroaming ist teuer (hier ein paar Tipps, um die Kosten zu senken). Deswegen verwende ich nach Möglichkeit die Wifi-Verbindungen, die in Hotels, Restaurants oder sonstwo angeboten werden. Das Problem: Bei schlecht oder gar nicht verschlüsselten Hotspots ist es möglich, deinen Datenverkehr einschliesslich Passwörter abzufangen.

Sehr wahrscheinlich ist die reale Gefahr nicht besonders hoch. Ein allfälliger Übeltäter müsste sich in direkter Umgebung von dir befinden und sich ebenfalls ins gleiche drahtlose Netz einloggen. Aber die Vorstellung, dass jeder mit minimalem technischen Wissen meine ganze Kommunikation abhören kann, finde ich trotzdem etwas beängstigend.

Mit einem VPN erreichst du, dass sämtliche Daten verschlüsselt übertragen werden. Dich dann noch abzuhören erfordert einen sehr viel höheren Aufwand, als ihn normale Kriminelle leisten können

Situation 3: Medienrestriktionen

Hast du schon einmal versucht, dir Fernsehsendungen im Ausland anzuschauen? Als ich in China war, haben mir Freunde immer wieder Links zu Dokumentarfilmen auf ARTE und ähnlichen Sendern geschickt. Ich konnte sie mir aber nie anschauen.

Das Problem war nicht die chinesische Zensur, sondern die Website des Medienunternehmens selber, welche den Film nicht abspielt, wenn du mit einer ausländischen IP-Adresse darauf zugreifen willst. Das hängt mit den Lizenzen zusammen, unter welchen die Filme, Serien oder Sendungen eingekauft werden.

Das ist besonders bei staatlichen Fernsehsendern ärgerlich, die du ohnehin mit teuren Rundfunkgebühren finanziert hast. Bei einem guten VPN-Anbieter kannst du aus hunderten von Servern auf der ganzen Welt wählen und dich in einem Land ins Internet einloggen, für das der Medieninhalt lizensiert ist.

Situation 4: Preisdiskriminierung bei Flugtickets

Die Preispolitik der Fluglinien ist undurchsichtig. Die wichtigsten Tipps für die Suche nach günstigen Flügen habe ich bereits von einer Weile zusammengefasst. Einen wichtigen Tipp habe ich damals vergessen, da ich ihn selber noch nie ausprobiert habe.

Dabei geht es darum, dass Flüge je nach Ort, wo du sie buchst, unterschiedlich viel kosten. Im Time Magazine wurde vor einem Jahr ein Beispiel genannt, wonach ein Flug von Cartagena nach Bogota beim günstigsten Reisebüro in den USA  116 Dollar kostet, aber nur 62 Dollar, wenn es bei einem kolumbianischen Reisebüro gebucht wird.

Von den Schwierigkeiten abgesehen, diese günstigen Tarife überhaupt zu finden, wirst du sehr wahrscheinlich Probleme haben, diese Tickets überhaupt zu buchen. Denn die meisten Airlines erkennen per IP deinen Standort und bieten dir die entsprechend günstigen Preise gar nicht an. Manchmal reicht es, die Ländereinstellungen vor Hand umzustellen. Doch wenn das nicht geht, hilft nur noch ein VPN, der eine fremde IP vortäuschen kann.

Ärgerliche Fehlermeldung: Ein VPN hilft herauszufinden, ob die Seite wirklich nicht funktioniert.
Ärgerliche Fehlermeldung: Ein VPN hilft herauszufinden, ob die Seite wirklich nicht funktioniert.

Situation 5: Online Banking und sichere Seiten

Als mir vor einem Jahr in Mexiko mein Handy gestohlen wurde, hatte ich grosse Angst davon, dass der Dieb die Bildschirmsperre knacken und über meine Emails die Passwörter für zahlreiche genutzte Dienste erfahren kann. Oder, dass er über Skype oder anderswie an meine Kreditkartendaten gelangt.

Also habe ich versucht, alle Passwörter zu ändern. Das Problem: Zahlreiche Unternehmen haben meine mexikanische IP erkannt und mich von verschiedenen Diensten ausgesperrt. Ganz schlecht gelöst ist es bei Hotmail, wo ich zum Entsperren ein SMS an das gestohlene Handy hätte schicken müssen.

Das gleiche kann dir angeblich auch beim Online Banking geschehen. Zum Beispiel, wenn du dich von einem Land einloggst, dessen Banken sanktioniert werden Horrorgeschichten habe ich schon von Paypal gehört. Mit einem VPN bist du davon sicher.

Situation 6: Netzneutralität

Es sind nicht immer Staaten, welche dir den Zugang zu bestimmten Diensten verwehren. Im alten Low Cost Terminal im Flughafen von Kuala Lumpur war zum Beispiel aus unerklärlichen Gründen Hotmail gesperrt. Egal, mit welchen Gerät ich versuchte, die Mails zu checken, wurde ich immer auf Yahoo umgeleitet. Hätte ich kein VPN gehabt, hätte ich meine Mails erst später im Hotel checken können.

Auch Unterkünfte zensieren gerne. So werden teilweise die Datenpakete von VoIP-Anrufen ausgebremst, damit du die teuren Telefonverbindungen des Hotels nutzen musst. Ebenfalls werden teilweise P2P-Netzwerke gestört, so dass du keine Torrents mehr runterladen kannst – und Torrents sind eine legitime Technologie, die nicht nur zum Herunterladen urheberrechtlich geschützten Materials dient.

Vor allem aber kann ein VPN dein Internet beschleunigen. Das klingt zunächst bizarr, da der Traffic ja eine längere Strecke zurücklegen muss und dadurch mehr Engpässe passieren muss. Das hängt damit zusammen, dass Zensur nicht zwingend bedeutet, einen Dienst ganz zu sperren. Oft reicht die weniger auffällige Variante, einen Dienst so zu verlangsamen, dass er faktisch nicht mehr brauchbar ist.

Test

Zensur im Internet betrifft alle. Foto: Carolyn Tiry / Flickr

Meine Erfahrungen mit VPN

Es gibt eine Reihe von kostenlosen Anbietern – verschiedene Möglichkeiten habe ich hier vorgestellt. Aber die sind häufig langsam und/oder mit Werbung vollgestopft. Von den fünf kostenlosen VPN-Apps, die ich mir vor meiner letzten Chinareise aufs Handy runtergeladen habe, funktionierte in China keine einzige.

Ich selber benutze derzeit ExpressVPN, weil es nach eigenen Angaben keine Logfiles erstellt und die Ländersperre bei Netflix und ähnlichen Diensten gut umgehen können. Zufrieden bin ich auch mit der grossen Auswahl an Servern in zahlreichen Ländern und der hohen Geschwindigkeit derselben.

Kürzlich bin ich auf NordVPN gestossen. Der Anbieter behauptet von sich, den modernsten VPN zu betreiben. Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen. Die Bewertungen sind aber insgesamt gut. Der Vorteil dieses Anbieters sind die hohen Preisnachlässe bei einem Vertragsabschluss über 2 Jahre.

Kleiner Tipp: Die meisten VPN-Anbieter erstatten das Geld zurück, wenn du innerhalb eines Monats sagst, dass du mit dem Service nicht zufrieden bist, oder sie bieten gleich offiziell einen Testmonat an. Es kann also nicht schaden, auch erst einmal testen, ob die von dir bevorzugte Nutzung auch wirklich funktioniert.

Fazit

Solange du in Europa bleibst, keine offenen öffentlichen Hotspots verwendest und dein Internetbanking von zu Hause aus erledigst, ist der Nutzen eines VPN relativ gering. Sobald du aber im Nahen Osten oder in Asien reist, wirst du relativ schnell mit dem Thema Internetzensur konfrontiert. Wenn du unterwegs arbeiten willst oder aus anderen Gründen auf funktionierendes Internet angewiesen bist, ist ein VPN auf Reisen eine Pflicht.

Zum ersten Mal hier? Dann lese hier, worum es in diesem Blog geht. Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, dann solltest du dich unbedingt beim monatlichen Newsletter einschreiben, damit du künftig nichts mehr verpasst.

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9 Kommentare

  1. Hi,

    danke für den Bericht. Nächste Woche fliege ich für 5 Tage nach Shanghai. NordVPN habe ich runtergeladen und werde die Testphase am Mittwoch starten. Werden die Handys in China auf einen VPN kontrolliert? Ich werde am Flughafen Pudong eine Sim Karte kaufen. Fällt den Mitarbeitern auf ob man einen VPN installiert hat?

    1. Hi Pasquale,

      schau mal, für China habe ich hier einen eigenen Beitrag geschrieben. Über ein kurzes Feedback zu NordVPN wäre ich dankbar, um den Artikel immer möglichst aktuell halten zu können.

      Es gibt bis heute kein Gesetz, das die Nutzung von VPNs verbietet. Es ist seit kurzem lediglich verboten, VPN-Dienstleistungen in China anzubieten. Dem schlechtbezahlten Chinamobile-Mitarbeiter wird es vollkommen egal sein, was du auf dem Handy hast. Dazu kommt, dass durchschnittliche chinesische Nutzer etwa 80% der internationalen Apps sowieso nicht kennen.

      Gruss,
      Oli

  2. Der Artikel ist super, vielen Dank. :) Ich werde Nord VPN und Express VPN testen, beide bieten 7 Tage Testphase. Das ist mein erstes Land in dem ich so etwas brauche. Nächstes Jahr kommt dann noch der Iran. Facebook und Twitter interessieren mich nicht aber Whatsapp und Line sind mir wichtig.

  3. Hi,

    eine Rückmeldung aus Shanghai. Mit Nordvpn konnte ich mich bisher nicht verbinden aber mit Express Vpn klappt es sofort. Ab und zu ist es zwar langsam aber Whatsapp und Gmail funktionieren. Die Simkartenverkäuferin hat sich nicht für Vpns interessiert. Sie war nur verwundert dass ich Wechat installiert habe.

  4. Hi,
    ein sinnvolles und wichtiges Thema, das du da ansprichst. Vielleicht noch als Ergänzung: In manchen Ländern ist die Verwendung von VPNs tatsächlich komplett verboten. Das ist in der Regel bei den Reise- und Sicherheitshinweisen vom Auswärtigen Amt gelistet. In wie weit man als Tourist tatsächlich mit Konsequenzen zu rechnen hat, bzw ob die Verwendung eines VPNs überhaupt möglich sein wird ist natürlich nochmal ein anderes Thema… rein technisch ist die Verwendung aber definitiv herausfindbar. Eventuell wäre es sinnvoll, im Artikel kurz darauf hinzuweisen.
    Ansonsten aber ein schöner Artikel und danke, dass du auf diese oft nützlichen Dienste hinweist :)

    1. Hallo Eva,

      danke für den Hinweis. Ich will den Artikel sowieso bei Gelegenheit komplett überarbeiten und auf den aktuellen Stand bringen. Vom VPN-Verbot sind meines Wissens vor allem Länder auf der Arabischen Halbinsel betroffen.

      VPN-Traffic zu erkennen und zu filtern wäre technisch tatsächlich nicht so schwer. Die Herausforderung ist eine andere: Viele Firmen sind für die interne Kommunikation über das Intranet auf solche Tunnels angewiesen. Würde man alles sperren, wäre das für den Wirtschaftsstandort ein Problem. Deswegen hat nicht einmal China es gewagt, VPNs vollständig zu blocken.

      Interessant wäre zu wissen, wie hoch das Risiko für Touristen ist. Da ist mir bisher noch nie etwas zu Ohren gekommen. Da die Kommunikation ja verschlüsselt ist, dürfte es ohnehin nicht ganz einfach sein, vom Netztraffic auf den Urheber zu schliessen – zumindest solange man öffentliche Einwahlpunkte ohne Tracking verwendet wie in Restaurants oder Hotels. Da bliebe nur noch die Möglichkeit, Handys und Computer bei der Ausreise zu durchsuchen – und ich kann mir vorstellen, dass sich auch Länder mit VPN-Verbot scheuen, das verdachtsunabhängig in einem grösseren Umfang zu tun.

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