Indonesiens wilder Osten: Das Baliem-Tal in West-Papua

Wohnen mit Aussicht: Stammesdorf der Dani im Baliem-Tal (Foto: Heiko Meyer)
Wohnen mit Aussicht: Stammesdorf der Dani im Baliem-Tal in West-Papua (Foto: Heiko Meyer)

Erst 1938 betrat der erste Weiße das Baliem-Tal im indonesischen Teil von Papua. Heute erleben Besucher traditionell lebende Völker, atemberaubende Trekkingrouten, aber auch ethnischen Spannungen.

Dies ist ein Gastbeitrag von Heiko Meyer von www.wo-der-pfeffer-waechst.de.

Indonesien bietet eine Fülle an spannenden Reisezielen. Eine besonders interessante Region ist das abgelegene Baliem-Tal. Es befindet sich im Herzen der indonesischen Provinz West-Papua ganz im Osten des Landes auf der Insel Neuguinea – der zweitgrößten der Welt.

Zwar müssen sich Besucher auf eine lange Anreise, eingeschränkte Bewegungsfreiheit und hohe Preise einstellen. Doch spätestens beim Flug von Jayapura, dem Verkehrsknotenpunkt West-Papuas, in die Stadt Wamena im Baliem-Tal werden sich Reisende beim Blick aus dem Fenster der Abgeschiedenheit dieser Gegend bewusst. Nur zwei kleine Siedlungen und ein paar Flüsse unterbrechen den dichten Dschungel. Und weil es keine Straßenverbindungen dorthin gibt, muss alles eingeflogen werden.

Marktszene in Wamena, der größten Siedlung im Baliem-Tal (Foto: Heiko Meyer)
Marktszene in Wamena, der größten Siedlung im Baliem-Tal (Foto: Heiko Meyer)

Erst 1938 betrat der erste Weiße das vor allem vom Stamm der Dani bewohnte Tal des Baliem-Flusses. Natürlich hat sich seitdem viel verändert. Doch bis heute halten sich traditionelle Kleidung und archaische Rituale in dieser Hochlandregion. Selbst in der Stadt Wamena laufen vereinzelt noch ältere Männer nackt nur mit Kopfschmuck aus Hühnerfedern und dem Koteka genannten Penisrohr herum. Beides tragen sie so selbstverständlich wie wir ein T-Shirt und lässt Rückschlüsse auf die Stammeszugehörigkeit zu. In Dörfern außerhalb ist bei einigen Frauen nach wie vor „oben ohne“ angesagt.

Faszinierende Stammesrituale

Manche ältere Damen sind verstümmelt. Wenn früher ein enger Verwandter starb, schnitten sie sich aus Trauer mit einer Art Steinaxt Fingerkuppen oder Stücke des Ohres ab. So verlangte es die Tradition. Dafür zogen sie sich allein an einen ruhigen Ort zurück und führten das archaische Ritual durch. Inzwischen ist dieser Brauch verboten. Ebenfalls Geschichte ist der früher in diesem Gebiet verbreitete Kannibalismus. Noch bis vor wenigen Jahren sollen einige der inzwischen christianisierten Hochlandstämme Menschen gegessen haben (siehe auch hier).

Das Koteka genannte Penisrohr gehört zur traditionellen Kleidung des Dani-Stammes (Foto: Heiko Meyer)
Das Koteka genannte Penisrohr gehört zur traditionellen Kleidung des Dani-Stammes (Foto: Heiko Meyer)

Das meist noch unberührte Baliem-Tal eignet sich ideal für Trekking. Die Touren sind anstrengend und daher nichts für Anfänger. Aber der Anblick von Bergen, Tälern und der wilden Natur sowie faszinierende Begegnungen unterwegs entschädigen für die Strapazen. Steile Pfade und abenteuerliche Holzbrücken führen zu traditionellen Dörfern. Wie die Einheimischen übernachten Besucher in strohgedeckten Rundhütten aus Holz. Fenster gibt es keine, dafür spendet eine Feuerstelle in der Mitte Licht und Wärme.

In einigen Dörfern lassen sich Mumien besichtigen, die zum Teil mehrere hundert Jahre alt sind. Diese Menschen wollten nicht – wie alle anderen – verbrannt, sondern mumifiziert werden. Damit sie nicht im Rauch verschwinden und sich alle an sie erinnern. Wer an einem Dorffest teilnehmen kann, erlebt eine weitere Besonderheit dieser Region. Dann nämlich wird mit erhitzten Steinen in großen Erdlöchern gekocht.

Bei Dorffesten werden Gemüse und Fleisch mit heißen Steinen in Erdlöchern gegart (Foto: Heiko Meyer)
Bei Dorffesten werden Gemüse und Fleisch mit heißen Steinen in Erdlöchern gegart (Foto: Heiko Meyer)

Während in den Stammesdörfern fast nur Papuas wohnen, leben in Wamena auch Muslime von der Insel Java. Viele von ihnen wanderten im Rahmen des Transmigrasi-Programms der indonesischen Regierung ein. So sollen Menschen aus überbevölkerten Gebieten in weniger besiedelten Regionen des Landes heimisch werden – nicht immer mit dem Einverständnis der ursprünglichen Bewohner.

Einwanderung und ethnische Spannungen

Das Misstrauen zwischen beiden Volksgruppen sitzt tief, und wohl keinem Besucher entgehen diese offensichtlichen Spannungen. Die Papuas betrachten Indonesien als Kolonialmacht und kämpfen für Unabhängigkeit. Die indonesische Zentralregierung wiederum unterdrückt diese Bestrebungen mit allen Mitteln. Wohl auch deshalb gelten besondere polizeiliche Vorschriften und Beschränkungen. Nach wie vor geschehen schwere Menschenrechtsverletzungen in West-Papua.

Der Airport von Wamena. Es gibt tägliche Flüge von und nach Jayapura (Foto: Heiko Meyer)
Der Airport von Wamena. Es gibt tägliche Flüge von und nach Jayapura (Foto: Heiko Meyer)

Praktische Reisetipps fürs Baliem-Tal:

Anreise: Langwierig und recht teuer. Indonesische Airlines fliegen z. B. von Jakarta, Surabaya, Ujung Pandang und Denpasar nach Jayapura, dem Verkehrsknotenpunkt von West-Papua. Von dort fliegt Trigana Air mit einer alten Propellermaschine täglich nach Wamena ins Baliem-Tal. Viele Airlines, die diesen Teil Indonesiens bedienen, stehen wegen Sicherheitsmängeln auf der Schwarzen Liste der EU. Überlandverbindungen nach Wamena gibt es nicht.

Reisegenehmigung: Aufgrund von Spannungen zwischen der indonesischen Zentralregierung und den für Unabhängigkeit kämpfenden Papuas gelten besondere polizeiliche Vorschriften und Beschränkungen. Für die meisten Orte West-Papuas – auch für Wamena und das Baliem-Tal – benötigen ausländische Besucher eine Reisegenehmigung, das sogenannte Surat Jalan. Zudem müssen sich Touristen in jedem Ort innerhalb von 24 Stunden nach ihrer Ankunft bei der Polizei melden.

Das Surat Jalan kann auch außerhalb West-Papuas beantragt (und abgelehnt!) werden. Meist wird er jedoch bei der Polizeistation in Sentani, einem Vorort von Jayapura, ausgestellt. Es muss alle zu besuchenden Orte umfassen. Deshalb im Zweifel lieber mehr Regionen eintragen. Von der Reisegenehmigung zahlreiche Kopien anfertigen, denn diese müssen bei Kontrollen, in Unterkünften, etc. abgegeben werden. Eine Reise ins Baliem-Tal ohne Surat Jalan ist nicht möglich.

Tipp: Berichtet im Visumsantrag eher nicht von Euren West-Papua-Plänen. Häufig wird es dann abgelehnt, weil Individualtourismus dort nicht gefördert wird.

Unterkunft: Es gibt mehrere Gästehäuser und Hotels in Wamena. Das Preisniveau ist deutlich höher als in den meisten anderen Regionen Indonesiens. Während des jährlichen Baliem Valley Festivals im August sind quasi alle Unterkünfte ausgebucht. Dann nicht ohne Reservierung anreisen. Außerhalb von Wamena wird meist in Rundhütten von Familien oder in Gästehäusern der Kirchengemeinden übernachtet.

Verantwortungsvolles Reisen: Wie in anderen Teilen West-Papuas ist auch im Baliem-Tal die Stammeskultur durch die moderne Zivilisation, christliche Missionare und die indonesische Zentralregierung bedroht. Deshalb ist besondere Zurückhaltung angebracht.

Zieht außerhalb von Wamena keinesfalls allein los! Nicht überall sind Besucher willkommen. Wählt für Ausflüge und Trekkingtouren vor Ort einheimische Papua-Guides (und nicht indonesische Agenturen). Sie kennen die Gegend am besten und wissen, in welchen Dörfern Touristen erwünscht sind. Zudem kommen Eure Ausgaben den ursprünglichen Bewohnern zugute, und Ihr versteht deren Lebensweise und Probleme viel besser. Durch den Kauf von lokalem Kunsthandwerk unterstützt Ihr die Papuas finanziell und zeigt Interesse an ihrer Kultur.

Fotografiert nur, wenn es die Situation zulässt. Fragt die Menschen, bevor Ihr ein Bild von ihnen machen wollt und respektiert eine Absage. Gebt Kindern kein Geld. Zeigt möglichst nichts, das Begehrlichkeiten wecken könnte.

Weitere Beiträge zum Balien-Tal in West-Papua sowie anderen interessanten Regionen Indonesiens und Asiens findet Ihr auf www.wo-der-pfeffer-waechst.de. Dem Reise- und Food-Blog könnt auf Facebook und Twitter folgen.

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