Finnland: Saimaa und wieso sich auch grosse Seen lohnen

Hast du schon einmal vom Saimaa-See gehört? Nein? Keine Sorge, du bist damit nicht allein. Das viertgrösste Gewässer in Europa ist bei uns weitgehend unbekannt. Heute verrate ich dir, wieso sich ein Besuch lohnt.

Bisweilen habe ich den Eindruck, dass wir Mitteleuropäer grosse Seen nicht sonderlich mögen. Bevor ich diesen Artikel schrieb, habe ich mehrere Freunde gefragt, ob sie wissen, in welchem Land der Ladoga-See liegt – seines Zeichens der grösste See Europas. Kaum jemand konnte das richtig beantworten.

Auch den Saimaa-See konnte praktisch niemand einordnen. Dabei ist er immerhin die stolze Nummer 4 in Europa. Und er liegt innerhalb der EU. Also nicht in einer dieser Ecken Europas, bei denen man nicht so genau weiss, ob sie überhaupt noch zu unserem Kontinent gehören.

Der Saimaa-See befindet sich im finnischen Karelien, einer der am dünnsten besiedelten Regionen Europas. Von seinem Ufer sind es nur noch wenige Kilometer bis zur russischen Grenze.

Die Region an seinem südlichen Ende habe ich in diesem Frühling ein paar Tage lang besucht und war sofort von der Natur und den vielfältigen Outdoor-Aktivitäten begeistert. Deswegen möchte ich dir heute meine fünf Gründe verraten, wieso sich ein Besuch der Region absolut lohnt.

Grund 1: Naturerlebnis mit Wow-Faktor

Es sollte eigentlich kaum überraschen, dass du in einer dünn besiedelten Gegend überall grandiose Natur findest. Was die Region jedoch besonders macht, ist wie unglaublich verwinkelt der Saimaa-See ist.

Der See ist nämlich vielmehr eine gewaltige Ansammlung von kleinen Inseln. Rund 13.000 soll es davon geben. Die meisten sind so klein, dass du sie in ein paar Minuten umwandert hast. Viele sind unbewohnt oder haben allenfalls ein kleines Mökki, ein typisches Wochenendhaus und der ultimative Sehnsuchtsort vieler Finnen

Ein ganz besonderes Naturerlebnis ist die Wanderung zum Kumakavi-Felsen bei Ruokolahti. Das ist der balancierende Steinbrocken auf dem Bild unten, bei dem du dich unweigerlich fragst, wieso er nicht runterfällt – und nein, er bewegt sich keinen Zentimeter. Ich hab versucht, daran zu wackeln…

Gerade hinter dem Felsen liegt ein Seitenarm des Sees, der in eine wundervolle Sumpflandschaft mündet. Hier zu wandern fühlt sich etwas seltsam an, da der feuchte und mit Moos überwachsende Boden immer wieder unter den Schritten nachgibt. Wenn du die Gegend erkunden willst, solltest du besser wasserfeste Schuhe anziehen.

Ein sehr viel leichter zugängliches Naturspektakel bieten die Stromschnellen von Imatra. Hier wird der Vuoksi in eine enge Schlucht gedrängt und rast gischtend und tobend über eine Reihe von Felsen. Was die Stromschnellen einzigartig macht: Gerade oberhalb befindet sich seit rund hundert Jahren eine Staumauer.

Damit die wichtigste Sehenswürdigkeit der finnischen Industriestadt erhalten bleibt, drehen die Betreiber des Kraftwerks jeden Tag einmal den Wasserhahn auf. Ansonsten ist die felsige Schlucht weitgehend trocken. Achtung: Derzeit wird das Kraftwerk renoviert mit der Folge, dass die Stromschnellen voraussichtlich bis Mitte 2018 trocken bleiben.

Der Felsen von Kumakavi.
Die Landschaft lädt zu grossartigen Wanderungen ein.
Blick auf die trockenen Stromschnellen von Imatra und das Schloss im Hintergrund.

Grund 2: Der Saimaa-See ist ein Outdoor-Paradies

Bei all der Naturschönheit ist es kaum überraschend, dass der Saimaa-See bei den sportlichen Outdoor-Aktivitäten so richtig punkten kann. Obwohl ich selber bei Sport eher abwinke, konnte mich die Region davon überzeugen, das eine oder andere auszuprobieren.

Mein persönliches Highlight war der Ausflug mit dem Kajak. Vor Jahren habe ich so was schon einmal in Thailand bei etwas rauer See ausprobiert und hatte deswegen leichte Panik, dass ich mit meinem Boot kentern und in den kalten See fallen könnte.

Doch als ich dann im Kajak sass, war sämtliche Angst verflogen. Die Jungs von Saimaa Adventures haben mir extra ein etwas breiteres Boot gegeben, das zwar langsamer, dafür aber deutlich stabiler ist. Weiterer Pluspunkt: Dank der verwinkelten Struktur hatte es auf dem See bei gutem Wetter kaum Wellen. Und ganz ehrlich: die wunderschönen Buchten lassen einen sowieso alles in kürzester Zeit vergessen.

Der Saimaa-See bietet sich jedoch auch für andere Wassersportarten an. Eigentlich hätte ich auch Standup-Paddeling ausprobieren wollen, was jedoch wegen eines aufziehenden Sturms nicht möglich war.

Mein Tipp für alle, die sich für Wassersport interessieren: Besucht den See im Hochsommer. Da das Gewässer sehr flach ist, wärmt es sich bei starker Sonneneinstrahlung schnell auf. Einheimische erzählten mir, dass das Wasser in bestimmten Buchten bis zu 25 Grad warm werden kann – was durchaus zum Baden einlädt.

Aber auch an Land gibt es viel zu erleben. Zum Beispiel auf dem Mountainbike. Sehr viel Spass hat mir auch die Fahrt auf dem Quad gemacht. Ich bin lange Jahre Motorrad gefahren, aber auf vier Rädern durch das Gelände zu heizen, war dann doch noch einmal ein ganz anderes Gefühl. Da die Region relativ flach ist eignet sie sich auch gut für Anfänger.

Die vielen Seitenarme des Saimaa-Sees eignen sich perfekt zum Kajakfahren.
Mein erstes Mal auf einem Quad.

Grund 3: Es gibt mehr Saunas als Einwohner

Ich gebe es zu: statistisch gesehen stimmt der Titel vermutlich nicht. Aber nahe dran muss es sein. Auf vielen der kleinen Inseln hat es Wochenendhäuser mit den finnischen Schwitztempeln und angeblich sollen auch die meisten Finnen selbst in die kleinsten Wohnungen irgendwo noch eine Sauna eingebaut haben.

Während der fünf Tage am Saimaa-See habe ich ungefähr gleich viele Saunas von innen gesehen. Dabei hat mich nicht nur ihr Variantenreichtum überrascht, sondern auch, wie sich Finnen gerne in den Saunas verhalten. Die Sauna scheint ein Ort zu sein, wo man mit Freunden feiert und auch mal gemeinsam ein Bier trinkt. Das erklärt, wieso wir in einer Sauna explizit gebeten wurden, kein Bier auf die heissen Steine zu giessen.

Mein persönliches Sauna-Highlight war die Sauna auf einem Floss, das sich für private Ausflüge mieten lässt. Während die Gäste in der Sauna schwitzen, können sie durch die Fenster die finnische Landschaft vorbeiziehen sehen und sich danach mit einem Sprung ins Wasser abkühlen.

Ein harter Finne springt natürlich ohne mit der Wimper zu zucken in den Fluss. Für alle anderen, bei denen das Comfortlevel erst bei etwas höheren Temperaturen beginnt, stellt der Anbieter Dry-Suites zur Verfügung. Es macht erstaunlich viel Spass, mit den Teletubbie-Anzügen im Wasser zu schweben.

Völlig unbekannt waren mir bis zu meinem Finnlandbesuch die sogenannten Rauchsaunen. Ein schönes Exemplar besuchten wir in der Farm von der tausend Märchen, gut versteckt in einem verwunschen Wald und wundervoll dekoriert mit kleinen Wolledrollen.

Das Besondere an dieser traditionellen Sauna: Sie wird mit einem offenen Feuer eingeheizt und anschliessend  gut durchgelüftet. Eine rauchig-kratzige Duftnote bleibt aber trotzdem erhalten, die sich für ein paar Stunden an den Haaren festsetzt. Die russigen Wände sollte man besser nicht berühren, da sie stark abfärben.

Den ersten Preis für die wundervolle Lage erhält die Dampfsauna des Schlosshotels Rantalinna. Das kleine Hüttchen befindet sich malerisch gelegen am Ufer des Saimaa-Sees, den man am besten aus dem mit einem Holzoffen geheizten Jacuzzi betrachtet.

Das Schlosshotel selbst ist dank seiner altertümlichen Ausstattung definitiv ebenfalls ein Besuch wert. Die Zimmer sind in einem Stil eingerichtet, der dem russischen Prinzen gefallen haben könnte, der das Schloss vor rund hundert Jahren erbauen liess.

Mit dem Floss über den Fluss shippern und gleichzeitig saunieren: Das ist finnischer Lebensstil.
Die Dampfsauna des Schosshotels befindet sich direkt hinter diesem Schuppen.

Grund 4: Die historischen Städtchen

Während Imatra mit Ausnahme des Schlosses an den Stromschnellen eine weitgehend moderne Industriesiedlung ist, verfügt das nahe gelegene Lappeenranta über ein kleines, aber sehr hübsches historisches Zentrum: Das Fort.

Der Name ist allerdings etwas irrführend: Auch wenn der Zugang vom Kissing-Park, der romantischsten Ecke der finnischen Kleinstadt, durch eine alte Stadtmauer führt, wirkt das Fort heute mit seinen bunt bemalten Holzhäusern eher wie eine nordische Dorf.

Die vielleicht 20 Gebäude hast du in einer halben Stunde abgeklappert. Aber hier oben befinden sich auch mehrere gemütliche Cafés und das Stadtmuseum. Wenn du lecker essen möchtest, liegt gerade unter dem Fort in einem historischen Gebäude mit Sicht auf den Hafen das leckere Restaurant Wanha Makasiini.

Das Fort von Lappeenranta.
Das historische Zentrum von Lappeenranta.

Grund 5: Visafrei nach Russland

Wenn dich das noch nicht überzeugt hat, gibt es hier noch ein kleines Zückerchen für die Unentschlossenen: Von Saimaa-See aus ist es möglich, visafrei ins rund 200 Kilometer entfernte Sankt Petersburg zu reisen. Das ist deswegen interessant, weil das russische Visum teuer und ein mühsam einzuholen ist.

Wenn dich das interessiert, fährst du mit dem Schiff ab Lappeenranta über den Saimaa-Kanal ins benachbarte Vyborg/Wiburg. Die befestigte Stadt gehörte einst zu den kulturellen Hochburgen Finnland, befindet sich aber seit dem Zweiten Weltkrieg fest in russischer Hand. Von hier aus geht es weiter mit dem Bus nach Sankt Petersburg.

So gut das auch klingt, die Sache hat zwei Haken: Erstens beläuft sich die maximale Aufenthaltsdauer in Russland ohne Visum auf 72 Stunden. Damit wirst du der russischen Metropole natürlich nicht gerecht. Aber für einen ersten Eindruck reicht das allemal. Zweitens musst du mit den finnischen Touranbietern reisen, was für überzeugte Individualreisende wie mich ein kleiner Minuspunkt ist.

Die Schiffsfahrt nach Russland führt an zahlreichen Inseln vorbei.
Der Saimaa-Kanal führt nach Russland.

Praktische Tipps

Anreise: Lappeenranta hat zwar einen eigenen Flughafen, doch wird der derzeit nicht angesteuert. Das könnte sich aber bald wieder ändern. Ansonsten fliegst du nach Helsinki und fährt in etwas mehr als zwei Stunden mit der Bahn zum Saimaa-See. Umsteigen in Tikkurila. Tipps zur Suche nach günstigen Flügen findest du hier.

Unterkunft: In Lappeenranta wohnte ich im zentralgelegenen Lappeenranta Spa Hotel, das einen tollen Ausblick auf den See und den Hafen bietet. Buche unbedingt ein Zimmer im historischen Teil des Hotels. In Imatra war ich im weitläufigen Holiday Club Saimaa, das über einen grossartigen Spa-Bereich verfügt, was beim instabilen finnischen Wetter ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist.

Fazit

Die finnische Seenplatte ist ein echter Traum für Naturliebhaber und Fans von sportlichen Outdoor-Aktivitäten. Es ist bedauerlich, dass die Region nicht sehr viel bekannter ist. Für mich wird das auf jeden Fall nicht die letzte Reise nach Finnland gewesen sein.

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Die Reise erfolgte auf Einladung des regionalen Tourismusbüros GoSaimaa und wurde durch den Europäischen Fond für regionale Entwicklung 2014-2020 unterstützt.

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6 Kommentare

  1. Oh, was für schöne Bilder!
    Für uns geht es auch bald nach Finnland und ich kann mich jetzt schon kaum sattsehen an den Bildern. Wie soll das erst vor Ort werden…..

    Liebe Grüße,
    Sarah

    1. Das wirklich Tolle an Nordeuropa ist, dass die Sonne relativ lange tief steht. Damit hast du sehr viel länger perfekte Bedingungen für gute Bilder als anderswo. Das ist mir auch in Island schon aufgefallen, wo die Golden Hour locker zwei bis drei Stunden dauerte.

  2. Eigentlich bin ich wirklich nicht der Skandinavien-Fan, aber nach diesem Blogpost werde ich dem schönen Finnland eines Tages doch eine Chance geben müssen :-) Danke!

    1. Es lohnt sich! Ich kenne Nordeuropa nicht soo gut. Aber mir hat Finnland besser gefallen als Island, weil es halt nicht so überlaufen ist.

  3. Von Finnland weiss ich tatsächlich praktisch nichts… Aber diese Fotos der Landschaften dort sehen super aus! Es gibt noch so viel zu entdecken, was ich nicht kenne. Danke fürs zeigen. Liebe Grüsse, Miuh

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