Buchtipp: 12 Monate, 12 Städte und jede Menge Weisheit

Meike Winnemuth geniesst die Aussicht in Lalibela, Äthiopien - einem Highlight auf ihrer einjährigen Reise.
Buchautorin Meike Winnemuth geniesst die Aussicht in Lalibela, Äthiopien – einem Highlight auf ihrer einjährigen Weltreise.

Die Journalistin Meike Winnemuth gewann bei Günther Jauch eine halbe Million Euro und entschloss sich, mit dem Geld um die Welt zu reisen. Die Idee: Jeden Monat in einer neuen Stadt aufzuwachen. Entstanden ist daraus eine sehr persönliche Reiseerzählung.

Nachdem die Autorin, Bloggerin und Journalistin Meike Winnemuth bei „Wer wird Millionär“ die zweitletzte Frage von Jünther Jauch richtig beantwortet und sich dafür entschlossen hatte, mit einer halben Million Euro nach hause zu gehen statt die letzte Frage auch noch zu wagen, wollte der Show-Master wissen, was sie mit dem vielen Geld zu tun gedenke. Ein Jahr lang raus aus Deutschland, hatte sie ihm geantwortet, und jeden Monat in einer anderen Stadt wohnen. Zwölf Monate in zwölf Städten. Das war 2010.

Inzwischen ist die 53-jährige Hamburgerin längst wieder zurück in Deutschland und im Alltag angekommen. Schon unterwegs hatte sie auf ihrem Blog www.vormirdiewelt.de vom Abenteuer ihres Lebens berichtet, nun stellt die Bloggerin auch noch ein Buch über die Reise vor. Es heisst „Das grosse Los“ und hat meiner Meinung nach ein recht interessantes Konzept.

Dass jeder der besuchten Städte ein Kapitel gelten würde, war nicht besonders schwer zu erraten. Doch was mich viel mehr überrascht hat: Jedes Kapitel ist ein Brief, den sie jeweils einem Menschen schreibt, der ihr viel bedeutet, also an Freunde, Eltern, an eine verflossene Liebe und sogar an Professor Carl Djerasse, dem Erfinder der Antibabypille – in London hatte sie in seiner Wohnung gelebt.

Reisebücher leiden oft an einer gewissen Plattheit. Nicht selten lese ich in dieser Buchgattung die gleichen Backpackerweisheiten, die mich schon in den Hostels langweilen. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, weil die meisten Autoren nur wenige Tage an einem Ort verbringen und dann gleich wieder weiterziehen. Mehr als an der Oberfläche kratzen können sie nicht.

Wieso ich das hier erwähne? Ganz einfach: Weil Winnemuth diese Falle geschickt umschifft hat. Und zwar gleich auf zwei Arten: Erstens blieb sie bedeutend länger an einem Ort als viele andere Reisende. Zweitens lenkt Winnemuth den Blick gar nicht so sehr auf das Aussen, sondern viel mehr nach Innen. Nicht die zwölf Destinationen stehen im Vordergrund, sondern die Art und Weise, wie sie auf die Autorin wirken, wie sie ihr Leben ändern, wie sehr es bescheiden macht, ein Jahr lang aus dem Koffer zu leben. Das ist mag zwar alles sehr subjektiv sein, aber es ist auch ungemein ehrlich. Und das finde ich grandios.

Das "Grosse Los" hat Meike Winnemuth gezogen: Ein Gewinn bei "Wer wird Millionär?" ermöglicht ihr, sich den grossen Reisetraum zu erfüllen.
Das „Grosse Los“ hat Meike Winnemuth gezogen: Ein Gewinn bei „Wer wird Millionär?“ ermöglicht ihr, sich den grossen Reisetraum zu erfüllen.

5 Fragen an Meike Winnemuth

WRM: Meike, was hat sich in deinem Leben durch die Reise und das Buch verändert?

Meike Winnemuth: Durch die Reise: Alles. Als ich nach Deutschland zurückkam, war mir meine alte Wohnung zu groß geworden. Wenn man zwölf Monate lang aus einem 22-Kilo-Koffer lebt, ohne das Geringste zu vermissen, kann man nicht einfach in sein altes Leben zurück. Ich habe mir ein 40-Quadratmeter-Apartment gesucht und mein Leben radikal vereinfacht. Ich möchte die Leichtigkeit des Reisens einfach nicht mehr missen.

Deine Art zu reisen ist recht aussergewöhnlich: Du hast dir in fast jeder Stadt ein Monat lang eine Wohnung gemietet. Wieso?

Ich wollte in meinen zwölf Städten ein möglichst alltägliches Leben führen, und das geht nun mal nicht im Hotel oder Hostel. Ich wollte auf den Märkten einkaufen und mir selbst was kochen, ich wollte ein Gefühl von »home away from home« haben. Ich glaube, dass man sich auf diese Weise weniger fremd fühlt in der Fremde. Man hat einen Rückzugsort, wenn man mal seine Ruhe will. 

Du hast eine halbe Million Euro gewonnen und kommst im Verlauf der Reise zur Erkenntnis, dass du sie gar nicht gebraucht hättest. Ist Reisen so billig?

Billiger, als mir klar war. In Ländern wie Indien und Äthiopien ist es völlig unmöglich, viel Geld auszugeben. Aber vor allem habe ich von unterwegs weiter als Journalistin gearbeitet. Mein Job ist ja unglaublich transportabel: Ich brauche nur ein Laptop und ein WLAN und kann so überall schreiben und folglich Geld verdienen. Ergebnis: Ich bin plusminus null aus dem Jahr herausgegangen. Eine große Überraschung für mich.

In Äthiopien bereust du, die Städte nicht mutiger ausgesucht zu haben. Wenn du noch ein halbes Jahr anhängen müsstest, welche Städte würdest du wählen?

Tokyo, das war ursprünglich auf der Liste, ich habe es aber wegen Fukushima auslassen müssen. Dakar, Hanoi, Montreal, Mexico City. Gern noch eine östliche Stadt wie Astana. Timbuktu, wenn es sich dort wieder beruhigt. Die Gründe dafür wären dieselben wie für meine zwölf gewählten: Neugier und Bauchgefühl.

Werbeanzeige

Hier weiter lesen

2 Kommentare

  1. Eine echte Power-Frau und eine große Inspiration für mich :)
    Mir gefällt auch wie das buch geschreiben ist, in Breifform. Wenn man sich mal ein Interview von ihr ansieht, kann man sich einfach nur in sie verlieben :)

  2. Hallo,
    ich bekam dieses Buch 2013 zum Geschenk, die 5. Auflage.

    Lustig fand ich ihren Bericht über die Erlebnisse in Buenos Aires während des Tanzkurses speziell für den Tango.
    Meike W. ist von der Körpergröße her auffällig groß, der Tangolehrer relativ klein. Wie sie selbst schreibt, nach einer Woche wirft sie das Handtuch.
    Ihre Beschreibung der Äthiopienreise habe ich verschlungen, genauso wie einen weiteren Reisebericht über das Land im Reiseforum von V.& E.. Das Land hat einen bes. Reiz, für mich war das Gebiet von Lalibela der interessanteste Teil.
    Ich vermute, Meike W. löst durch ihre Größe Respekt aus. Auch wenn sie den kleinen Taschendieb nicht einholen kann, das Land ist für uns doch etwas gefährlich, teilweise kann man nur weiterreisen mit begleitendem Militär. Wir sind eingefleischte Individualreisende. So haben wir es von unserer Planungsliste gestrichen.
    LG Margarete

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert