Autostopp in Japan: fünf wichtige Fakten für künftige Anhalter

Japan gilt dank seiner hervorragenden Züge als klassisches Eisenbahnland. Was viele nicht wissen: Das Reich der aufgehenden Sonne lässt sich auch bestens als Anhalter bereisen. Bevor du dich jedoch daran machst, per Autostopp durch Japan zu trampen, solltest du diese fünf Fakten kennen.

Wie du dir auch mit wenig Geld eine Reise durch Japan leisten kannst, habe ich bereits vor einiger Zeit im Artikel „Billig in Japan: 10 Tipps für Sparfüchse“ beschrieben. Heute möchte ich auf eine ganz bestimmte Art eingehen, wie du nicht nur Transportkosten sparen kannst, sondern auch mit den Menschen vor Ort sehr viel besser in Kontakt kommt. Die Rede ist von Autostopp in Japan.

Ich habe das auf meinen Japanreisen immer wieder versucht und dabei jede Menge tolle Begegnungen erlebt. In der Nähe von Naha nahm mich einmal ein früherer Bürgermeister ein Stück mit und erzählte mir allerhand über die Probleme der Insel Okinawa mit den amerikanischen Soldaten. Auf dem nahe gelegenen Ishigaki traf ich zwei junge Frauen aus Osaka, die selber im Urlaub waren und mich von einer Attraktion zur nächsten mitnahmen. Das war unglaublich praktisch. Auf der Autobahn zwischen Kyoto und Tokyo sass ich bei etwa fünf verschiedlichen Leuten im Auto.

Außer einmal, als es stark regnete und ich und meine Sachen unattraktiv nass waren, musste ich nie länger als 20 Minuten auf eine Mitfahrgelegenheit warten. Auch war es nie ein Problem, mich mit den Leuten zu unterhalten; ich vermute, dass lediglich diejenigen Autofahrer anhielten, die Englisch konnten. Wenn du aber etwas Japanisch sprichst, hast du bessere Chancen mitgenommen zu werden, weil du dann die Fahrer direkt an der Tankstelle ansprechen kannst. Hier findest du noch ein paar ganz allgemeine Tipps zum Reisen per Anhalter.

Fakt 1: Autobahnen sind teuer

Die Maut für japanische Autobahnen ist ziemlich hoch, da für jeden einzelnen Streckenabschnitt eine Gebühr fällig wird. Ich kann mich erinnern, dass wir unterwegs häufig anhielten und der Fahrer 500 Yen oder mehr an einer Mautstelle abgab. Das summierte sich natürlich gerade auf langen Strecken gewaltig. An die genauen Preise erinnere ich mich nicht mehr. Bei Wikipedia heißt es, dass der rund 80 Kilometer lange Abschnitt zwischen Iruma (Saitama) und Takasaki (Gunma) umgerechnet etwa 20 Euro kostet.

Teuer, aber ohne Umwege: Autobahn in Tokyo.
Teuer, aber ohne Umwege: Autobahn in Tokyo.

Diese hohen Kosten haben auch einen Einfluss auf dich und deinen Plan, Autostopp in Japan zu versuchen. Zwar werden die allerwenigsten Fahrer von dir erwarten, dass du dich an den Ausgaben beteiligst. Aber die Mautgebühren haben einen Einfluss darauf, welche Art von Fahrer du unterwegs antriffst.

Was ich meine, erkläre ich am besten mit einem Beispiel. Wer schnell von Osaka nach Tokyo auf ein Geschäftstreffen will, der nimmt in der Regel den Zug oder fliegt. Das ist nicht  nur schneller, sondern im Endeffekt auch deutlich billiger. Ökonomisch sinnvoll ist eine Autobahnfahrt nur dann, wenn der Wagen voll ist (und du keinen Platz hast) oder wenn man lediglich eine kurze Strecke fährt. Das musste ich schmerzlich erfahren, als ich von Kyoto nach Tokyo zurückstöppeln wollte: Ich fand zwar jeweils nach rund 20 Minuten auf der Raststätte eine Mitfahrgelegenheit. Aber sämtliche Fahrer legten nur etwa Distanzen von 20 bis 30 Kilometer zurück. Als ich am späten Nachmittag in der Nähe von Hamamatsu war, entschloss ich mich, den restlichen Weg im Bus zurückzulegen.

Später stellte ich fest, was ich falsch gemacht hatte: Ich versuchte die Strecke am Wochenende zurückzulegen. Besser hätte es jedoch unter der Woche geklappt, da es dann auf den Autobahnen mehr Berufsfahrer gibt, die geschäftlich eine längere Strecke zurücklegen müssen.

Fakt 2: Autofahrten dauern in Japan endlos lange

Du wirst sehr schnell merken, dass in Japan andere Geschwindigkeitsbegrenzungen gelten, als im Rest der Welt. Konkret kannst du erwarten, dass du in den Städten rund 40 Stundenkilometer fahren darfst, die Landstraßen erlauben meistens eine Höchstgeschwindigkeit von 60 Stundenkilometer und die Autobahnen sind häufig auf 80 Stundenkilometer begrenzt – auch außerhalb der Städte.

Für Dich bedeutet das zweierlei: Erstens bist du als Anhalter in Japan unglaublich langsam unterwegs. Wenn du abschätzen willst, welche Strecke an einem Tag machbar ist oder wie lange du für eine Fahrt brauchst, solltest du mindestens doppelt so viel Zeit veranschlagen, wie du für die gleiche Strecke in Deutschland brauchen würdest. Zweitens ist es bei diesen Geschwindigkeiten fast nicht möglich, auf den kostenlosen Hauptstraßen nennenswerte Distanzen zurückzulegen – obwohl es nicht wenige Japaner gibt, die sich bei längeren Distanzen aus Kostengründen ausschließlich auf Landstraßen fortbewegen. Du bist also mehr oder weniger auf die Autobahn angewiesen.

Landstraße auf Kyushu: Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 60 Stundenkilometern dauern die meisten Autofahrten lange.
Landstraße auf Kyushu: Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 60 Stundenkilometern dauern die meisten Autofahrten lange.

Fakt 3: Abgelegene Gegenden funktionieren besser

Das ist zwar keine Weisheit, die nur für Japan gilt, aber ich habe in abgelegenen Regionen die besten Erfahrungen mit Autostopp gemacht. So habe ich beispielsweise Ishigaki einmal als Anhalter umrundet – am Anfang saß ich auf der Ladefläche eines Lieferwagens, anschließend nahmen mich japanische Touristen mit. Auch auf der Hauptinsel von Okinawa musste ich nie lange warten, um mitgenommen zu werden. Ich vermute, dass hier der sogenannte By-Stander-Effekt eine Rolle spielt: Gibt es viel Verkehr, denken sich wohl viele Autofahrer, dass mich bald jemand anderes mitnimmt. In abgelegenen Regionen hingegen rechnet der Fahrer damit, dass das nächste Auto vielleicht erst in zehn Minuten vorbei kommt.

Fakt 4: Raststätten sind dein besten Freund

Wenn du dir eine japanische Vokabel zum Trampen merken solltest, dann ist es „Michi no eki“ oder auf japanisch: 道の駅. Wörtlich übersetzt heißt das „Bahnhof der Straße“ und entspricht im Wesentlichen unseren Autobahnraststätten. Allerdings gibt es zwei bedeutende Unterschiede: Erstens findest du die Raststätten nicht an den Autobahnen, sondern auch an vielen Landstraßen. Zweitens sind diese Raststätten viel besser ausgerüstet als unsere in Europa. Oft gibt es neben den Toiletten auch noch Duschen, die Reisende teilweise sogar kostenlos verwenden dürfen.

Als ich auf meiner ersten Japanreise mit meiner damaligen japanischen Freundin eine Woche mit dem Auto unterwegs war, haben wir die Raststätten als Schlafplatz genutzt. Dazu sind wir in den meisten Fällen in eine dunkle Ecke gefahren und haben im Auto übernachtet. Ein paar Mal haben wir aber auch ganz einfach das Zelt auf dem Gras aufgestellt. Ob  das erlaubt ist, weiß ich nicht. Es hat sich nie jemand beschwert. Teilweise sah ich auch japanische Backpacker, die irgendwo eine Campingmatte ausrollten und unter freiem Himmel schliefen. Japan ist eines der sichersten Länder der Welt. Da kann man solche Dinge machen.

Michi no eki sind aber auch ideale Orte, um zu einen Mitfahrgelegenheit zu finden. Denn in diesem Bereich halten immer viele Fahrer an. Und solltest du einmal länger nicht weiterkommen, kannst du dich dort gut mit Essen und Trinken eindecken, zum Klo gehen und wie oben beschrieben im schlimmsten Fall sogar übernachten.

Fakt 5: Erst kommt die Einfahrt, dann die Richtung

In Japan sind viele Autobahnzufahrten anders konstruiert, als wir Mitteleuropäer uns das gewohnt sind. Während es bei uns in der Regel zwei Zufahrtsrampen gibt (jeweils eine pro Fahrtrichtung) fährt man in Japan meistens auf einen Zubringer, der sich nach der Mautstelle teilt und erst dann in die gewünschte Richtungen führt.

Zufahrt auf die Stadtautobahn von Fukuoka: Die Fahrtrichtung trennt sich erst nach der Mautstelle.
Zufahrt auf die Stadtautobahn von Fukuoka: Die Fahrtrichtung trennt sich erst nach der Mautstelle.

Da wir nicht zu Fuß hinter die Mautstelle laufen dürfen, heißt das für uns Anhalter in der Regel, dass die Fahrzeuge auf der Einfahrt sowohl in unsere Richtung unterwegs sind, wie auch in die Gegenrichtung. Es macht also Sinn, wenn du dich vor dem Einsteigen sorgfältig vergewisserst, dass dich die Mitfahrgelegenheit wirklich in die richtige Richtung bringt.

Aus diesem Grund macht es Sinn, wenn du mit einem dicken Filzstift die Destination auf ein Papier schreibst und das Schild in die Höhe hältst. Dann wissen die Autofahrer, in welche Richtung du willst. Denk daran, dass es vertrauenserweckender aussieht, wenn du die Städtenamen auf Japanisch schreiben kannst. Ebenfalls solltest du daran denken, dass viele Autofahrer kurze Strecken fahren (siehe Punkt 1). Schreib also lieber nicht Tokyo, wenn die Hauptstadt noch 500 Kilometer entfernt ist, sondern wähle kleinere und nähere Wegpunkte auf der Route. Hat ein Auto erst einmal gehaltet, kannst du immer noch besprechen, ob du allenfalls sogar in die nächste Stadt fahren willst.

Dazu solltest du auf alle Fälle eine gute Karte mitbringen. In den Michi no eki gibt es teilweise kostenlose Karten für die Region. Allerdings sind die nur auf Japanisch angeschrieben. Wenn du schon vor der Reise weißt, dass du per Autostopp in Japan reisen willst, solltest du dir die Karte im Vorfeld besorgen. Achte dabei unbedingt darauf, dass sie zweisprachig ist, also in Japanisch und der lateinischen Umschrift. Ich hatte damals die Japankarte von Reise-Knowhow und war damit ziemlich zufrieden.

Wenn ich schon bei den Lesetipps bin: Vor etwa 15 Jahren erschien ein Buch namens Hitchhikers Guide through Japan, das leider nie neu aufgelegt oder aktualisiert wurde. Ich hatte das Buch damals einmal in den Händen und fand es genial. Auch wenn Adressen und Telefonnummer bestimmt ganz dringend einer Aktualisierung bedürfen, ist der vordere Teil, in dem es hauptsächlich um die Erlebnisse des Autors und die Routenplanung geht, für künftige Anhalter in Japan noch immer lesenswert. Solltest du also eine günstige Secondhandversion finden, kann ich das Werk empfehlen.

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